Polonisierung in Natangen? / SCHIRMACHER in Canditten

Hallo Frank Steinau,

nach meiner Kenntnis kann es in der Region Natangen keine bewußte Polonisierung von FN gegeben haben. Dort gab es keine nennenswerte Bevölkerungsgruppe mit polnischen oder masurischen Wurzeln.

Wenn ein FN in eine slawische Form gebracht wurde, dann sind mir bestenfalls "Übersetzungen" nach Sinn u. Bedeutung bekannt und nicht nach Gehör wie in Ihrem Beispiel Steinau/Stinski. Das geht meines Wissens überhaupt nicht. Wenn schon dann Steinau=Kaminski/Kamensky...

Nach meiner Erfahrung bei der Auswertung vieler KBs gab es besonders im 19. Jh. Pfarrer, die niederdeutsch klingende Namen "ordentlich" in vermeintliches Hochdeutsch übersetzten und so ins KB eintrugen. Stehnke wurde z.B. zu einem ordentlichen Steinke/Steincke, Behnke und Behm zu Böhnke und Böhm, Jedtke zu Gädtcke, Kruse zu Krause, Voss wird zu Fuchs. Das sind keine Namensänderungen, sondern oft nur vorübergehende Variationen. Denn die Leute sprachen sich meistens weiterhin mit den ihnen gewohnten Namen an und der nächste Pfarrer trug sie dann wieder wie gewohnt ein. Eine dauerhafte Namensänderung setzt sich gelegentlich mit einer Änderung des Milieus durch: wenn ein Betroffener vom Land in die Stadt zieht, wo man mehrheitlich hochdeutsch sprach.

Themenwechsel:
Kennen Sie SCHIRMACHER in Canditten? Meine Urgroßmutter Johanna Friederike SCHIKORR (* 22.09.1853 in Canditten) war in 1. Ehe mit einem SCHIRMACHER in Canditten verheiratet. Aus dieser Ehe sollten vier Töchter hervorgegangen sein. Einige kann ich namentlich benennen. Nach dem Tode des Schirmacher (TBC) heiratet meine Urgroßmutter 1894 ein zweites Mal (Ferdinand SCHMADTKE). Aus dieser 2. Ehe entstammt meine Großmutter. Da es für Canditten/Kanditten ab 1820 keine KB-Aufzeichnungen mehr gibt, kann ich die 1. Ehe meiner Urgroßmutter nicht mehr recherchieren. Ich kenne die spärlichen Angaben nur vom Hörensagen, während ich alle mich direkt betreffenden Daten den Ahnenaufzeichnungen meines Großvaters entnehmen konnte. Ich hege die Hoffnung, daß sich vielleicht ergänzende Daten u. Hinweise in anderen Familienunterlagen auffinden lassen.

Grüße aus Berlin
Viktor Haupt

>>Date: Wed, 27 Jul 2011 11:28:20 +0200 >>From: "Frank Steinau" <Fsteinau@gmx.de>
>>Subject: [OWP] Forschungen im Bereich Familiennamen

>>Liebe Listenleser,

die Ethymologie von Namen fasziniert mich, denn Name steht für Identität. Gerade
in der wechselvollen Geschichte Ostpreussens hat es immer wieder
Namensänderungen gegeben.

Der FN STEINAU wurde in den Dokumenten, die von Kämmerern und Pfarrern erstellt
wurden auch ganz anders geschrieben:

STEHNAU oder STENAU.

In meinen Ohren höre ich jetzt den ostpreussichen Dialekt meiner Urgroßmutter,
wie sie den Namen STEINAU ausgesprochen hätte - jeder hochdeutsch sprechende
Beamte hätte garantiert daraus STENAU oder Ähnliches gemacht... kleines
Marjellchen...

Was mich aber auch interessieren würde, ob es zu irgendeinem Zeitpunkt im 16.
oder 17. Jahrhundert auch eine Polonisierung gegeben hat, mit der Folge, dass
Familiennamen z. B. von Steinau in Stinski/Stinsky geändert worden sind, denn
diese Namen finde ich in meinen Forschungsgebieten auch. Und die Vornamen sind
überhaupt nicht aussagekräftig, weil irgendwie alle Johannes, Gottlieb, Michael,
Amalie, Louise... geheißen haben.

Hat irgendjemand von Euch Forschungsergebnisse zu dieser Namens-polonisierung in
Natangen?

Ansonsten bleibt es wohl dabei: Nicht geht über Forschen...

Herzliche Grüße an alle aus dem schönen Flensburg heute bei wunderschönem
Sommerwetter,

Frank Steinau

Forschungsgebiete: Natangen mit Preußisch Eylau und Heiligenbeil
Orte: Worschienen mit Wormen, Kanditten, Rositten, Sangnitten, Augam, Arnstein
und Tiefensee
Familiennamen: STEINAU (STENAU, STEHNAU), GRUBE, DÖBLER, MÖCK, SCHIRMACHER <<