[PAF-User] *Vom Land der Erbsenzähler*

Zum Schmunzeln

Viele Gr��e
Ernst (Schuck)

*Vom Land der Erbsenz�hler*

Es war einmal ein sehr erfolgreiches K�nigreich, das Land der Dichter,
Denker, Erfinder und Unternehmer. Der Hofstaat war klein, und die vielen
Ritter, Barone und Grafen waren voll damit besch�ftigt, etwas zu
unternehmen, n�mlich Erbsen anzubauen, zu ernten und zu verkaufen. Die
Untertanen waren zwar unten, aber sie taten auch viel. So hatten alle
gut zu essen und auch gen�gend Erbsen f�r den Tauschhandel mit anderen
K�nigreichen.

Eines Tages setzte ein selbsts�chtiger Hof-Meier, der mehr Macht haben
wollte, dem K�nig eine fixe Idee in den Kopf: �Es ist �u�erst wichtig,
alle Erbsen im Land zu z�hlen. Dann k�nnen Eure Majest�t Eure Kollegen
richtig neidisch machen, wenn sie ihnen erz�hlen, wie viele Erbsen in
Eurem Reich erzeugt, gegessen, verkauft oder gelagert werden.� Dem K�nig
gefiel die Idee. Er wollte gerne das beste Reich besitzen und auch das
Steuereintreiben wurde einfacher. Seine Vasallen mussten ein Viertel
ihrer Erbsen bei dem Hof-Erbsenz�hler abgeben: f�r den Hofstaat und das
Heer.

Die Folgen dieses Gesetzes waren anf�nglich erfreulich, sp�ter jedoch
verheerend. Zuerst gab es in dem Land viele neue Arbeitspl�tze. Jedes
F�rstentum (heute auch �Unternehmen� genannt) brauchte jetzt eigene
Erbsenz�hler. Deren Ergebnisse wurden wiederum von vielen k�niglichen
Erbsenz�hlern �berpr�ft. Als das Schloss nicht mehr gen�gend Zimmer f�r
all diese Erbsenz�hler hatte und der Hofstaat in die Kutscherh�user
ausweichen sollte, gab es eine Palastrevolution, und eine geniale Idee
wurde geboren: Es entstand der �k�niglich beauftragte und vereidigte
Erbsenz�hler�. Ein neuer Berufsstand war geboren und wuchs und wuchs und
wuchs ? in allen K�nigreichen rund um die Erde. Der neue Stand
entwickelte eigene Z�hlweisen und erfand unterschiedliche Erbsenfarben:
wei�e, graue und schwarze. Von den wei�en mussten die F�rsten ein
Viertel als Steuern abgeben, von den grauen aber nicht. Sie wurden nur
gez�hlt, um vor den anderen F�rsten zu prahlen, wie viele Erbsen man in
Wirklichkeit hatte (heute nennt man das �Handels- bzw Steuerbilanz�). Um
wei�e oder graue Erbsen in schwarze zu f�rben, ohne dass es den
�k�niglich beauftragten und vereidigten Erbsenz�hlern� auffiel,
entwickelten die Erbsenz�hler der F�rstent�mer immer neue Methoden,
ebenso f�r das Bleichen der schwarzen Erbsen.

So kam es zu einem Wettstreit der Erbsenz�hler, zun�chst rein sportlich,
aber dann immer ernsthafter. Es entstand nicht nur eine Vielzahl von
Methoden, Theorien, Modellen und Konzepten, die von den k�niglichen
Erbsenz�hlern in immer mehr und immer komplexere Gesetze und
Verordnungen gegossen wurden, sondern auch immer mehr Schulen und sogar
Universit�ten. Aus dem Erbsenz�hlen wurde eine Wissenschaft gemacht,
weil die Erbsenz�hler sich in so viel Komplexit�t verstrickt hatten,
dass keiner mehr durchblickte. Diese von Menschen gemachte Komplexit�t
war jetzt fast so gro� wie die Komplexit�t der Natur. Sie ben�tigte und
rechtfertigte jetzt sogar ein Studium. Eine neue Wissenschaft war geboren.

So wuchs nicht nur die Zahl der Erbsenz�hler, sondern auch die Zahl der
Berufswege und Berufsgruppen. Bedrohlich wurde dieses Wachstum f�r das
K�nigreich, als auf jeden Erbsenerzeuger ein Erbsenz�hler kam. Die
richtige Katastrophe war aber nicht mehr aufzuhalten, als das
Erbsenz�hlen besser bezahlt wurde als das Erbsenerzeugen. Keiner wollte
mehr richtig produktiv arbeiten. Eine Hungersnot nach der anderen
�berrollte das Land. Die F�rsten und auch der K�nig setzten Computer
ein, um weniger Erbsenz�hler zu ben�tigen. Aber das Gegenteil trat ein.
Erstens brauchte man jetzt neue Erbsenz�hler zum Programmieren der
Computer. Zweitens machten sich die F�rsten einen Sport daraus, mit viel
Computerpower die Erbsen jetzt schneller zu z�hlen als der K�nig. Und
drittens wurde der Computer zur neuen Waffe bei dem Wettkampf um die
wei�en, grauen und schwarzen Erbsen.

Ist das K�nigreich schon untergegangen? Sind alle Menschen verhungert?
Nein. Unverbesserliche Unternehmer machten sich daran, billige
Erbsenbauern zu finden. Sie waren sehr erfolgreich. Sie lassen jetzt die
Erbsen billig im Ausland anbauen und ernten. So besch�ftigen sie
Millionen Arbeitskr�fte rund um die Erde, die so viele Erbsen
produzieren, dass auch die Erbsenz�hler im K�nigreich davon leben k�nnen.

Und sie erfanden noch einen tollen Exportschlager: das Erbsenz�hlen. Sie
fahren jetzt ins Ausland zum Erbsenz�hlen ? gegen gutes Honorar. Sie
schulen und trainieren dort die Erbsenz�hler ? gegen gutes Honorar. Sie
�bersetzen all die komplexen Gesetze und Verordnungen in fremde Sprachen
? gegen gutes Honorar. Und sie gr�nden internationale
Erbsenz�hler-Konzerne, die z�hlen, pr�fen, beraten, schulen und die
insbesondere die vielen Tricks mit den wei�en, grauen und schwarzen
Erbsen weitertragen- gegen sehr, sehr gutes Honorar. Das System ist
ungeheuer erfolgreich ? solange es auf der Welt noch gen�gend Menschen
gibt, die bereit sind, f�r ganz, ganz wenig Geld ganz viele Erbsen zu
produzieren.

Bis dahin machen die F�rsten in den K�nigreichen einmal im Jahr ein
tolles Festival, auf dem sie den anderen F�rsten, aber auch den
Journalisten und besonders den Analysten die Zahl ihrer wei�en und
grauen Erbsen pr�sentieren (heute hei�t das �Bilanz-Pressekonferenz�).
Mit vielen bunten Charts, Weltkarten und Computeranimation: Der Tanz um
die goldene Erbse.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann z�hlen sie noch heute.

Quelle: Das M�rchenbuch f�r Manager ? Gute-Nacht-Geschichten f�r
Leitende und Leidende. Autor: J�rgen Fuchs, Generalbevollm�chtigter der
PLOENZKE AG,/