Liebe AK-Mitglieder!
Die vermisste mail habe ich nun direkt in meine mail hineinkopiert. So sollte es klappen!
Viele Grüße
Bernd
Liebe Forschergemeinschaft!
Das Gros der Bundesdeutschen verwechselt in der Regel die Begriffe bzw. Bezeichnungen Ostfalen und Ostwestfalen.
Der noch in der 2. Hälfte des 20. Jh. im heutigen Niedersachsen bekannten Begriff Ostfalen ist heute so gut wie
verschwunden bzw. weithin unbekannt.
Dagegen ist Ostwestfalen eine bundesdeutsche Kunstschöpfung, die beispielsweise auch auf Autobahnhinweisschildern (z.B. auf der BAB A 2) auftaucht. Das gesamte östliche Westfalen ist damit jedoch nicht gemeint, sondern das ehem. heute zu Nordrhein-Westfalen gehörige Land Lippe (Fstm. Lippe, ab 1918 Freistaat Lippe), heute i. W. der Kreis Lippe, und weitere historische Gebiete (Fstm. Minden, Gft. Ravensberg) umfassend (nicht jedoch das eigentliche östliche Westfalen).
Ostfalen dagegen spielt in der Kommunikation heute nur noch eine untergeordnete Rolle.
Vor fünfundzwanzig Jahren wurde seitens lokaler und regionaler Verwaltungen der Versuch unternommen, den Begriff wieder zu beleben (bundesdeutsches Neusprech: als „Marke“). Dieser Versuch, eine Region Ostfalen zu etablieren, scheiterte, weil ihm die politische Unterstützung des Landes Niedersachsen versagt blieb.
Niedersachsen hatte 2004 die bestehenden Regierungsbezirke als mittlere Verwaltungs-behörde aufgelöst.
Neue Regionalstrukturen wurden nicht geschaffen (mit Ausnahme des 2011 begründeten Kommunalverbandes Hannover unter der Bezeichnung Region Hannover).
Historisch begegnete der Begriff Ostfalen auch dem vereinsorganisierten Genealogen.
Bedeutung über Niedersachsen hinaus hatte die Ostfälische Familienkundliche Kommission, gegründet 1927, 1945 verboten und faktisch aufgelöst, 1947 de facto wieder gegründet, 1950 de jure unter dem Namen Familienkundliche Kommission für Niedersachsen und Bremen sowie angrenzende ostfälische Gebiete e.V. neu gegründet, mit Sitz u. Archiv in Hannover, zuletzt in Garbsen b. Hannover, 1996 aufgelöst.
Rudimente des Begriffes Ostfalen begegnen dem Betrachter und Interessierten dennoch.
Das auf die Wirtschaft ausgerichtete vierteljährliche Periodikum „Ostfalen“ wurde eingestellt (eingestampft), jetzt „Wirtschaftsmagazin für Braunschweig, Gifhorn, Helmstedt, Peine, Salzgitter, Wolfenbüttel und Wolfsburg“, seit 2015 mit dem Untertitel und unter der Bezeichnung „Standort 38.de“, jetzt hrsg. von der IHK Braunschweig (Erscheinungsweise 10mal jährlich). Und da haben wir sie wieder, die Reduzierung auf „Markt“ und „Standort“ …
Dagegen existiert seit 1991 eine den Begriff Ostfalen tragende Institution, die Deuregio, als Deuregio e.V. mit Sitz in Helmstedt.
Gegründet wurde der auf Vereinsrecht basierende Zusammenschluß im September 1991 vom Kreis Helmstedt, dem angrenzenden Bördekreis (Sachsen-Anhalt) und dem Ohre-kreis (Sachsen-Anhalt). Heute gehören dem Verein „Deuregio Ostfalen“ die Landkreise
Börde und Helmstedt sowie die Städte Haldensleben, Helmstedt, Königslutter und die Kreisgruppe Helmstedt des niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes an.
Seit 2009 existiert darüber hinaus eine Fachhochschule Ostfalia, früher FHS Braun-schweig/Wolfenbüttel, als „Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften“.
Im niedersächsischen Königslutter existiert ein Freilicht- und Erlebnismuseum Ostfalen.
Einmal im Jahr findet ein (ebenfalls auf die Wirtschaft ausgerichteter) sog. Ostfalen-Tag statt (eingebettet in die Wirtschaftsausstellung Elm-Lappwald-Messe).
Im heute niedersächsischen Homburg (bis 1941 zum Landkreis Wernigerode; aufgrund des Salzgitter-Gesetzes Zuordnung zum Landkreis Wolfenbüttel) erscheint ein Ostfalen-Magazin.
[Ostfalen-Portal.de - Ihr Freizeit- & Info-Portal für ganz Ostfalen]
[https://de.wikipedia.org/wiki/Salzgitter-Gesetz[https://deref-gmx.net/mail/client/pzykSRlrK8g/dereferrer/?redirectUrl=https%3A%2F%2Fde.wikipedia.org%2Fwiki%2FSalzgitter-Gesetz](https://de.wikipedia.org/wiki/Salzgitter-Gesetz[https://deref-gmx.net/mail/client/pzykSRlrK8g/dereferrer/?redirectUrl=https%3A%2F%2Fde.wikipedia.org%2Fwiki%2FSalzgitter-Gesetz)]
Dennoch scheint der Begriff faktisch tot. Im kollektiven Bewusstsein der hier lebenden Menschen spielt er keine, noch nicht einmal eine untergeordnete, Rolle.
Eine hiesige, aus der Region stammende Lehrerin (Jg. 1958), kannte den Begriff nicht,
wie ein zufälliges Gespräch im Bekanntenkreis ergab. Im Gegenteil wies sie mich darauf hin, dass es Ostwestfalen heißen müsse !!! (sic.)
Versuche, den Begriff, wo und wann dies möglich erscheint, im Gespräch, in Diskussionen usw. auch nur zu erwähnen, werden belächelt, bleiben unverstanden.
Meine oft geübte Standardgrußformel „Freundliche Grüße aus Ostfalen“ wurden und werden auch von genealogischen Kontaktpartnern teils mit Unverständnis, teils mit Zurückweisung kommentiert („rückwärtsgewandt“, „altbacken“, „Griff in die historische Mottenkiste“ usw. usf.).
Meist sind es dieselben Leute, die Breslau als Wrocław bezeichnen und in Polen verorten. Schlesien existiert demnach nicht mehr. Das aber ist ein Trugschluß.
Auch Ostfalen existiert weiter, auch wenn es heute weithin unbekannt ist.
In diesem Sinne und nichts für ungut, Thomas (Engelhardt) aus Ostfalen
zur Karte einmal runterscrollen
Werner Rutz (Geograph und Raumordnungsplaner) schlug 1994 eine Neuaufteilung der
Bundesländer vor, darunter die Bildung eines Bundeslandes Ostfalen, das auch wirklich
Sinn gemacht hätte anstatt des künstlichen Bindestrich-Bundeslandes Sachsen-Anhalt.
Das war kein hist. Land sondern beinhaltet sehr verschiedene Territorien (Altmark, hist. zu Kurbrandenburg, Herzogtümer Magdeburg u. Fürstentum Halberstadt, Teile des kursächsischen Thüringen (der sog. Thüringer Kreis) und eben Anhalt).
In Teilen des heutigen Mitteldeutschland wurde beispielsweise noch im 16. Jh. sächsisches Platt als Volks- und Umgangssprache gesprochen.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass das Verbreitungsgebiet des ostfälischen Sächsisch im Entstehungszeitraum des Sachsenspiegel noch wesentlich größer war als im 16. oder 17. Jahrhundert.
Das niederdeutsche Sprachgebiet reichte noch im 13. Jh. bis in den Raum Halle/Saale und Merseburg und umfasste ebenso Nordthüringen und die Randgebiete des Thüringer Beckens.
Im heutigen Nordthüringen bildete die Helme und Unstrut die Grenze zwischen Thüringen
und Ostfalen und die Heimatdörfer meiner Engelhardt-Vorfahren, Memleben und Donndorf/Unstrut lagen (bzw. liegen) unmittelbar an der Grenze zum (historischen) Ostfalen.
Nach MEICHE 1905, S. 341 waren um 1300 noch Walkenried, Hohnstein am Harz, Mansfeld, Eisleben, Magdeburg, Merseburg, Halle/S., Bernburg, Göthen (Köthen) und Dessau niederdeutschsprachig und in Halle a.d. Saale wurde noch in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts niederdeutsch gesprochen.
[A. Meiche: Die Herkunft der deutschen Siedler im Königreich Sachsen nach den Ortsnamen und Mundarten.
In: Mitteilungen des Vereins für Sächsische Volkskunde III, J . 1905, H. 11, 327-344].