Osteressen

"Margot Dierenfeld" <madikork@onlinehome.de> schrieb:

Liebe Listies,
gibt es in Westfalen eigentlich ein eigenes, typisches Osteressen? Ich kann
mich erinnern, als Kind gab es bei uns sehr viele verschiedene Suppen bzw.
wurde vieles "durcheinander" gekocht, was in anderen Gegenden fein
säuberlich getrennt auf dem Teller serviert wird. Aber an ein eigentliches
Oster- oder Weihnachtsessen kann ich mich gar nicht erinnern.
Ich würde gern einige spezielle Rezepte sammeln - wer hilft mir und sendet
mir welche zu?
Ich bedanke mich und wünsche allen gesegnete Ostern.
Margot

Hallo Margot,
mit einem Osteressen kann ich nicht dienen, aber morgen, also Karfreitag gibt es im Münsterland traditionell "Struwen". Ich muss sagen, dass ich mich schon als Kind auf diesen Tag gefreut habe, weil es die Struwen ja nur ein Mal im Jahr gab und ich sie so lecker fand. Nun, meine Kinder sind zwar inzwischen erwachsen, aber über Ostern sind meine Söhne da und meine jüngere Tochter, die erst am Samstag kommt, hat schon angefragt, ob ich auch am Samstag noch mal Struwen backen könnte, was eigentlich nicht üblich ist.
Hier das Rezept:
Aus 500 g Mehl, 1/4 l warmer Milch, Hefe, etwas Zucker und zwei Eiern einen Hefeteig machen und gehen lassen - nach Belieben Rosinen dazu geben.
Die Struwen werden dann in heißem Fett gebacken. Die meisten Leute machen das in der Pfanne, so in der Art wie Reibekuchen. Ich habe von meiner Oma übernommen, die Struwen in Frittierfett im Topf zu backen. Ich gebe den Teig löffelweise in das heiße Fett, dann bläht sich die Struwe direkt auf und bildet an den Enden teilweise bizarre Formen - es erinnert etwas an Bleigießen und wir hatten immer Spaß, die Formen zu deuten.
Die Struwen werden goldbraun gebacken, mit etwas Puderzucker bestreut und noch warm gegessen (obwohl sie natürlich auch noch in kalt schmecken). Dazu gibt es traditionell Stippmilch (also eine Quarkspeise mit Milch und Zucker).
Warum man ausgerechnet an einem Fasttag ein solches Essen machte, weiß ich auch nicht, aber ich denke, dass auch morgen in unserem Dorf in vielen Familien die Struwen auf dem Tisch stehen werden.
Viele Grüße
Rotraud

Hallo Margot
Hallo Rotraud
Liebe Listenmitglieder
Ich bin mir nicht so ganz sicher, inwieweit es die Liste interessiert, schliesslich war es bisher eine Genealogische Liste und kein Kochstudio
aber: villeicht ist es dennoch im Sinne dieser genealogichen Forschung, werden doch vielleicht "kulturhistorische" Informationen weitergegeben oder
erarbeitet.
Die Wurzeln meiner Familie sind einerseits das M�nsterland, andererseits das Kleverland, aber auch das linksrheinische um Krefeld..
kurzum:
Es gab die von Rotraud beschriebene Tradition auch in unserer Familie (bis meine Oma im Jahre 1975 starb)
und ich habe das l�ngst vergessen, so da� durch diese Anfrage Erinnerungen wachgerufen wurden.
aber den Ausdruck Struwen habe ich nie geh�rt. Wird wohl regional unterschiedlich genannt worden sein.
Auch konnte mir Google nicht weiterhelfen.
Bei uns hiessen die flachen, in der Pfanne gebackenen "STruwen" �ffelkes
jedenfalls wurde es so gesprochen, geschrieben habe ich das Wort nie gesehen,
und wenn ich meine Franz�sischkenntnisse hierauf �bertrage, k�nnte ich mir vorstellen,da�
dieses ungew�hnliche Wort etwas mit oeuf, frz Ei zu tun hat.
die bizarren , im Frittierfett schwimmenden "Struwen" hie�en
Bullebeuskes oder Bouleb�uchskes
auch hier habe ich nie eine Schreibweise gesehen, aber wieder denke ich stammt es aus dem Franz�sischen
Boule fr. Ball oder Kugel.
vielleicht gibt es ja noch ganz andere Regionale Bezeichnungen, (oder auch einen Sprachforscher, der meine Defizite hier aufarbeiten kann)
Wenn ich mich richtig erinnere gab es �ffelkes vor Ostern und Bulleb�uchskes zu Karneval.

Gr�sse aus der Dordogne
herbert(pithan)
der hofft, nicht zu sehr die Thematik dieser Runde verlassen zu haben

Rotraud Ilisch schrieb:

Hallo Rotraud, hallo Liste,
zu der Frage, warum man solch ein Essen an einem Fastentag macht, ein
Hinweis auf die alten Kelten.

Diese haben vor heiligen Tagen und Zeremonien leichtverdauliche Speisen zu
sich genommen, die den Magen und K�rper nicht belasten. Eben Mehl- und
Eierspeisen. Auch Fisch wurde oft gegessen, Fleisch hingegen nicht, weil es
zu lange verdaut wurde. Die Priester und die Menschen, die an den Zeremonien
teilnahmen, wollten *den Kopf frei* haben, sich vorbereiten, Gebete und
Riten abhalten. Dies geht schlecht, wenn man sich mit Verdauungsproblemen
herumschl�gt. Oft wurden Mehlspeisen mit Mohn gegessen, dies versetzte die
Priester in einen leicht *benebelten* Zustand.

Das Christentum hat viele der alten heidnischen bzw. keltischen Gebr�uche
�bernommen, da diese meistens vom Volk weiter praktiziert wurden und nicht
*ausgemerzt* werden konnten. Das Ostara-Fest wurde schon vor der
Christianisierung in Europa gefeiert, die Priester �bernahmen dann die alten
Gebr�uche und *verpackten* sie christlich.

So ergaben sich dann die regional unterschiedlichen Oster-Gebr�uche. Je
nachdem, was der Boden und die Landwirtschaft hergab, wurde dann
aufgetischt.

Viele Gr��e und ein sch�nes Osterfest,
Astrid Linke