Orthografie in historischen Urkunden

Nun war der Finger an der Maustaste schneller als das Hirn.......

Deshalb nochmals....

Guten Abend, Miteinander,
ich möchte einen Text aus ca. 1770 in eine jetzt lesbare Form überführen.
Das Lesen macht nicht so sehr das Problem, als vielmehr die Orthografie.
Ich habe festgestellt, dass wohl die Gross- und Kleinschreibung seinerzeit nach Gefühl angewendet wurde, will sagen,
dass es dafür offenbar kein Regelwerk gab.
Liege ich mit meiner Annahme richtig?
Ist der Text so zu übernehmen, wie der sich darstellt, oder ist es zu empfehlen, ihn nach heutigen Regeln zu korrigiern (einschließlich
hs, ß, ey=ei, und einiger Begriffe, die heute umgedeutet werden müssten, um sie zu verstehen)?
Schon jetzt vielen Dank für die hilfreichen Hinweise.

Noch einen angenehmen Abend/Tag.
Mit freundlichen Grüßen

Horst (Kohls).<<

Guten Morgen Horst,

Deine Annahme ist richtig, daß es zur fraglichen Zeit noch keine allgemein verbindlichen Orthografie-Regeln gab.

Wie Du die Übertragung des fraglichen Textes gestaltest, liegt an Deinem Vorhaben bzw. Deinem Anspruch an Deine Arbeit.
Willst Du eine detailgetreue Transliteration erstellen (siehe zur Hintergrunderläuterung u.a. hier: Transliteration – Wikipedia ) und damit ein wissenschaftlich korrektes Ergebnis präsentieren, kannst Du ihn nur exakt so, wie er sich im Detail im Original darstellt übertragen.

In solchen Arbeiten haben jedwede Umdeutungen, Korrekturen, Ergänzungen etc. nichts zu suchen, oder andersherum formiliert _nur_(!) dann Platz, wenn man sie als Kommentare, in der Form [xxx], dem transliterierten Text beifügt.

Ein paar kleine Beispiele:
Original = aet. 47 Jahr --- Transliteration = aet. [aetatis / Alter] 47 Jahr [Jahre]
Original = Dom. p. Trinit. --- Transliteration = Dom. [Dominica] p. [post] Trinit. [Trinitatis]

Um auch "dem ungeübten Leser" deutlich zu machen, daß alle Textbestandteile in der Form [xxx] Kommentare sind und eben _keine_(!) Bestandteile des Originals, macht man darauf eindeutig aufmerksam.

Einzig andere Varianten, will man denn wissenschaftlich arbeiten, sind:
-Transliteration entspricht exakt dem Original und Kommentare z.B. als Fußnoten anfügen oder
-Transliteration entspricht exakt dem Original und der Transliteration folgt eine explizit gekennzeichnete "modifizierte Textfassung".

Übrigens kennzeichnet man auf gleiche Weise auch Dinge, die man nicht zweifelsfrei entziffern kann: [?xxx?] oder die man überhaupt nicht entziffern kann: [???]

Viele Grüsse,
Vera (Nagel)

Hallo Horst,

noch ein kurzer Nachtrag zu meiner vorherigen Email.

Falls nicht ohnehin bereits bekannt, findet man auf dieser Seite:

eine recht schöne Gegenüberstellung von Sütterlin im Vergleich zu Kanzleischriften des 17. - 19. Jahrhunderts.

"Kanzleischriften" (zuweilen auch als "Kanzleikurrent" bezeichnet) treten in zahlreichen Varianten auf. Bei Interesse einfach einmal danach googlen.

Nochmals viele Grüsse,
Vera (Nagel)

Hallo Vera,

schau Dir bitte bei WIKIPEDIA einmal den Artikel "Editionsrichtline" an.
Dort findest Du weiterführende Hinweise zu Deiner Frage.

Hans-Dieter
(Hibbeln)