Noch einmal : Buchenwald, Sachsenhausen usw

Hallo Frau Bloess,

hier ein Augenzeugenbericht:

Ihr Onkel wird nach meinem Dafürhalten nach Buchenwald verbracht worden sein.

In Buchenwald (Dokumentationszentrum) liegt eine Häftlingsliste aller
Häftlinge für die Zeit nach dem 8. Mai 1945 vor.

Besonders pikant ist die Tatsache, dass Hunderte Häftlinge nach dem 11.04.1945 (Übernahme des
Lagers durch die (illegale) Lagerleitung der Häftlinge) sich ab Sommer 1945 wieder als Häftlinge
in Buchenwald einfanden, weil sie nach dem 30.06./ 1.07.1945 von der sowj. Militärkommandantur
erneut verhaftet wurden (Thüringen wurde am 1.07.1945 durch sowj. Truppen besetzt).
Und übereinstimmend berichten Überlebende, dass sich die Verhältnisse in dem nunmehr sowj. KZ erheblich
brutaler und menschenverachtender gestalteten als in dem NS- Lager.
Das betraf Übergriffe der Wachmannschaften, die Höhe der Essensrationen usw.
Entsprechend hoch war die Sterberate.
All das wird heute i.d.R. ausgeblendet, weil nicht sein kann was nicht sein darf.

Ein anderer meiner Verwandten überlebte dieses Speziallager (verhaftet nach einer Denunziation, typisch
deutsch!!!). Ihn konnte ich Ende der 1970er- Jahre noch selbst befragen.

Rein geographisch betrachtet kommt als Inhaftierungsort Ihres Onkels m.M. nach
Buchenwald in Betracht.

Verwandte der in den Lagern verstorbenen Häftlinge erhielten aber gewöhnlich eine Benachrichtigung
über den Sterbefall (nicht jedoch über die tatsächliche Todesursache, diese wurde meist verschleiert).
Aus diesem Grund ist eigtl. davon auszugehen, dass Ihr Onkel nach einer Verurteilung durch ein
Militärtribunal in die Sowjetunion deportiert wurde.

Das wäre zu überprüfen.

Thomas Engelhardt (Ilsede, Krs. Peine)

Hallo Herr Engelhardt,

   vielen herzlichen Dank fuer Ihre aufschlussreiche und sehr umfangreiche
   Hilfe. Obwohl mir vieles ueber die Lager und die Depotationen nach
   Russland bekannt war, bin ich nach dem lesen Ihrer Mails und den ersten
   Recherchen doch ziemlich geschockt und betroffen. Es ist doch etwas
   Anderes ob man ueber diese Thematik ohne einen Bezug dazu etwas liest
   bzw. sich eine Dokumentation ansieht, oder ob die eigene Familie selbst
   betroffen ist. Das die Suche in diese Richtung gehen koennte, habe ich
   nie erwartet.

   Mein Onkel wurde 1930 in Juczyn, Kreis Rowne, Ukraine geboren. 1942
   wurde die Familie wie die meisten Wolhyniendeutschen nach Polen
   umgesiedelt, Frauen und Kinder in Eisenbahnwaggons, die Maenner folgten
   mit den mit Hausrat beladenen Fuhrwerken. Erste Station in Polen war
   ein Lager in/bei Lodz, damals Litzmannstadt. Dort mussten Sie die
   Einbuergerung beantragen. Von dort aus ging es ins Wartheland, wo man
   sie in Hoefen ansiedelte. 1944/1945 als die Front naeher kam,
   fluechteten sie erneut. Ihnen wurden 1945 in der spaeteren DDR
   Unterkuenfte zugewiesen.
   Mein Onkel, damals 15jaehrig, riss von zu Hause aus. Im Mai 1945 wurde
   er von Verwandten in Kiel gesehen. Dies erfuhren sie aus einem Brief
   von den Verwandten. Wir haben immer angenommen, dass er in der
   spaeteren BRD geblieben ist oder nach Kanada ausgereist ist.

   Ich gehe mit Ihnen konform in der Ansicht, dass er nach Buchenwald
   verbracht wurde. Obwohl natuerlich auch Torgau oder Muehlberg in
   Betracht kaemen.

   Noch einmal recht herzlichen Dank fuer Ihre Muehe.

   Viele Gruesse aus dem Elbe-Elster-Land
   Elke Bloess

Hallo Elke Bloess,
haben Sie schon beim Suchdienst des Roten Kreuzes angefragt? Die Ausk�nfte
sind kostenlos.

Ich habe im letzten Jahr angefragt, ob sie vielleicht Unterlagen zu meiner
(auf der Flucht aus Ostpreu�en) nach Sibirien ( Lager Tscheljabinsk/ Kopeske)
verschleppten Mutter und ihren verschollenen Eltern, haben. Die Suchanfrage
wird gespeichert und bei neuen Erkenntnissen (neue freigegebene Unterlagen aus
Russland) bekomme ich Nachricht.
Liebe Gr��e
Alexa (R�ttger)

-----Urspr�ngliche Nachricht-----

Hallo Alexa Roettger,

   danke fuer diesen Hinweis. Die Anfrage an den Suchdienst des DRK ist
   gestern erneut von mir gestellt worden.
   Meine erste Anfrage vor Jahren wurde nicht bearbeitet, weil ich ausser
   dem Namen, Geburtsort und etwaigem Geburtsjahr keine Auskuenfte
   erteilen konnte.
   Durch die Familienforschung konnte ich weitere Familienmitglieder
   ausfindig machen, so dass ich auch die Einbuergerungsakten anfordern
   konnte, welche die benoetigten Daten enthielten. Damit wandte ich mich
   nun zuerst an den Kirchlichen Suchdienst, von dem ich gestern nun die
   Auskuenfte erhielt, die mich veranlassten Mitglied dieser Liste zu
   werden und parallel zum Suchdienst des DRK zu recherchieren.

   Viele Gruesse
   Elke Bloess

Hallo,

ich hatte vor langer Zeit hier Glück:

Herr Ritscher in der Gedenkstätte Buchenwald.
Tel.-Nr.: 03643-4300 = Buchenwald allgemein, seine eigene: 430133.

Er konnte mir damals eine Kopie des Haftgrundes (in Russisch) schicken zu
der Internierungszeit (Ketschendorf - Jamlitz - Mühlberg - Buchenwald)
meiner Oma (27.06.1945-02.1950) - Entlassung im Februar 1950 von Buchenwald
(sie hat diese lange Zeit irgendwie überlebt).

Der Haftgrund war laut diesem russischen Papier "Frauenschaftsleiterin der
NSDAP" - in meinen Forschungen dazu habe ich herausgefunden, dass dieses
nicht gestimmt hat, sie hatte zu keiner Zeit dieses Amt bekleidet, die
eigentliche Frauenschaftsleiterin des Ortes war jedoch gewarnt worden und
ist untergetaucht und da hat man halt meine Oma abgeholt. Oft war es wohl
das Ergebnis von Denunzierung, persönliche Rache oder "gut dastehen wollen"
der eigenen deutschen Bevölkerung - die russischen Besatzungsmächte haben in
diesen Fällen ja oft nur das gemacht was ihnen von den ostdeutschen
"Behörden" (Gemeindevorstehen, etc.) zugetragen worden ist.

LG
Gaby