Liebe Listenleser,
als Nachkriegsgeborener kann ich aus eigenem Erleben nichts zum Thema
Vertreibung nichts sagen. Als Nachkomme von vertriebenen Ost- und
Westpreußen kenne ich so Manches nur aus Erzählungen von Eltern und
Großeltern.
Ich wehre mich vehement dagegen, Schuld für etwas auf mich zu nehmen, was
ich nicht verantworten muss. Ob meine Vorfahren Schuld für
Kriegsverbrechen tragen müssen bezweifele ich. Positive Hinweise dafür
ergeben sich aus deren Biographien jedenfalls nicht. Es steht aber fest,
dass an ihnen Verbrechen begangen wurden. Das so auszusprechen lasse ich mir
nicht nehmen.
Es ist meines Erachtens unredlich, auf die von den Nazis und ihren Schergen
verübten Verbrechen hinzuweisen, demütig den Kopf zu neigen und den
Rückschluss zu ziehen, dass es schließlich alles unsere Schuld sei.
Dann könnten wir auf den russischen Einmarsch der Russen in Ostpreußen 1914
hinweisen und wären raus aus der Nummer? Wer will das nachhalten, aufrechnen
und Recht sprechen?
Fest steht für mich, dass die Vergeltung von Unrecht mit Unrecht letzteres
Unrecht nicht zu Recht macht!
JEDES Volk, das an diesem letzten Weltkrieg beteiligt war hat Menschen
verloren.
ÜBERALL ist es in Ordnung, wenn man an diese Opfer denkt, wenn Mahnmahle
oder Gedenkstätten errichtet werden. Es ist auch überall völlig in Ordnung,
darüber zu sprechen, die Toten zu beweinen, die Namen zu nennen und die
Verluste an Menschen, Haus, Hof und Heimat zu beklagen.
NUR DIE DEUTSCHEN tun sich damit sehr schwer. Über 60 Jahre nach Kriegsende
reden wir über ein Denkmal für Vertreibung, diskutieren über die Besetzung
von Pöstchen im Stiftungsrat, oder wie das Ding heißt oder ist schon mit
dem Bau des Denkmals begonnen worden?
Die Siegermächte haben es jedenfalls erfolgreich verstanden, uns ein
schlechtes Gewissen einzureden und uns auch für deren Gewalt verantwortlich
zu fühlen. Das ist ein bisschen so, als wenn ein Vater sein Kind verprügelt
und dann sagt: Du hast mich gezwungen, dich zu schlagen. Ich mache das
nicht gerne. Das tut mir mehr weh, als dir!
In Japan ist es jedenfalls in Ordnung, wenn das Volk alljährlich im August
der Toten in Nagasaki und Hiroshima gedenkt. Dabei haben die Japaner Pearl
Harbor überfallen und sind doch selbst Schuld, oder?
Ich bin weis, dass Verschweigen und nicht Trauern dürfen viele Menschen
krank gemacht hat. An den Auswirkungen knabbern noch die Kinder der
Kriegskinder.
Wenn man das thematisiert, ist man bestenfalls ein Gestriger,
schlimmstenfalls automatisch Revanchist oder NAZI.
Das ist weder mainstream noch politisch korrekt, aber meine Meinung.
Liebe Grüße
Ulrich Szepanski