Litauisches Wörterbuch: Alexander Kurschat

Das umfangreiche Wörterbuch des zweiten Kurschat wird immer noch verlegt.
Mit freundlichen Grüßen
Lutz Szemkus

Österreich 1
Wörterbücher lesen
von Cornelius Hell
Zu meinen Lieblingsbüchern gehört ein Wörterbuch. Ein Wörterbuch ist nicht dazu da, um es zu lesen, so heißt es, sondern um es bei Übersetzungen oder Unklarheiten in der eigenen Sprache zu benutzen. Mein Wörterbuch verleitet mich trotzdem immer wieder zum Lesen. Es ist ja auch ein besonderes Wörterbuch, das Litauisch-deutsche Wörterbuch von Alexander Kurschat.
Kurschat ist der Repräsentant eines Wort- und Weltwissens, das im Zweiten Weltkrieg zu Grunde gegangen ist. 1857 als preußischer Litauer geboren und zweisprachig aufgewachsen, studierte er in Königsberg und wurde Gymnasiallehrer in Tilsit - jener Stadt im ehemaligen Ostpreußen, deren Namen wir nur mehr von ihrem Käse her kennen. Dort hat er ganz allein sein vierbändiges Wörterbuch erarbeitet, dessen Manuskript und Material er durch die Flucht aus Ostpreußen rettete. 1944, ein Jahr nach dieser Flucht, verstarb er in Kiefersfelden, an der Grenze von Oberbayern zu Tirol. Erst ein Vierteljahrhundert nach seinem Tod konnte es im Druck erscheinen, und es ist noch immer das einzige umfangreiche litauisch-deutsche Wörterbuch.
Aber nicht deswegen liebe ich dieses Wörterbuch, weil ich zum Übersetzen darauf angewiesen bin, sondern weil darin viel von dem Zauber finde, der von einem einzigen Wort ausgehen kann und lerne, wie viel an einem Wort hängt. Gegen das Vorbeirauschen der vielen Sätze gibt es nichts Besseres als ein Wörterbuch oder ein Gedicht, um zu spüren, wie sehr es in manchen Situationen auf das einzige treffende richtige Wort ankommt - in der Literatur und im Leben.
Als Widerstandsübung gegen die ständige Wortberieselung sollte man manchmal in einem Wörterbuch der eigenen Sprache blättern und dort zu lesen beginnen, wo man hängen bleibt. Wenn ich in meinem litauisch-deutschen Wörterbuch das Bild des alten bärtigen Tilsiter Gymnasialprofessors Alexander Kurschat anschaue, glaube ich, dass er sehr genau gewusst hat, wie viel ein einziges Wort wert ist, als er sein Lebenswerk schuf und bewahrte.