heute Morgen stand in unserer Tageszeitung der lange Bericht einer
Vertriebenen, die noch als 68-jährige in einem Traum steckt. Ich kenne sie
gut, man kann ihr nicht helfen. Mich stört daran eine rechtslastige Tendenz,
darum hier mein Leserbrief. Wir Kriegskinder sterben ja bald aus, evtl.
interessiert das die Jüngeren unter euch. Anita
Hallo Anita,
auch ich habe Deinen Beitrag mit großem Interesse gelesen. Ich hätte es gut
gefunden, wenn Du den (rechtslastigen?) Beitrag der 68-jährigen mit gebracht
hättest.
Ist es nicht sehr verständlich, daß viele bis heute die Vertreibung nicht
abgehakt haben? Sie war vollkommen unnötig, denn eine Grenzverschiebung vom
dünnbesiedelten Osten Europas in den dichtbesiedelten Westen kann nur dem
Gehirn eines Wahnsinnigen (Stalin) entspringen. Deutschland hätte den von
ihm angerichteten materiellen Schaden viel besser wieder gutmachen können,
wenn man nicht 15 Millionen Deutschen, nur weil sie zufällig im Osten des
Vaterlandes wohnten, einfach ihren Besitz und die Heimat wegnimmt.
Wozu brauchten die Russen Königsberg und das halbe Ostpreußen? Man sehe sich
heute an, was sie daraus gemacht haben.
Grüße aus Leipzig
Wolfgang Leistritz * 1938 im Eulengebirge
Hallo Wolfgang
Gr��e aus Kanada
Ich bin mir da nicht so sicher nachdem ich einige Protokolle der Verhandlung
von Yalta gelesen hatte ob Stalin der Alleinschuldige gewesen war.
Roosevelt und zu einigem wenigeren Grade Churchill war mitschuldig.
Roosevelt hat im die Stalin praktisch das Land �bergeben. Roosevelt war in
der Lage seinen Willen durchzusetzen weil doch ohne Geleitzug �ber
Geleitzug von Kriegsmaterial durch Murmanks es nicht mit den Russen soweit
gekommen w�re, wenigstens nicht so schnell. Wenn es nicht um die Franzosen
gegangen w�re und das Ruhrgebiet w�re der Eiserne Vorhang am �rmelkanal
gewesen.
Die Amerikaner habe sich an den Vertrag gehalten und haben doch allerhand
Land an die Soviets in 1945 zur�ckgegeben was sie erobert hatten. Darunter
auch der Heimatort meiner Frau Anke, Ludwigslust, Mecklenburg.
Uwe-Karsten Krickhahn
Medicine Hat, Alberta
Canada
www.kartenmeister.com
Hallo Uwe-Karsten,
danke für die Grüße von der anderen Seite des großen Teiches.
Natürlich hast Du Recht, daß Stalin Verbündete brauchte und auch hatte, um
seine Wunschgrenzverschiebungen zu verwirklichen. Ein Gegner, der
bedingungslos kapituliert hatte und über keinerlei Exekutive mehr verfügte,
mit dem kann man alles machen. Es war für die Westalliierten einfacher, sich
mit Stalin nicht anzulegen als im Falle der deutschen Bevölkerung
irgendwelche Menschenrechte einzuhalten. Stalin, ein Verbrecher, der 20
Millionen eigener Landsleute willkürlich, aus Verfolgungswahn, auf dem
Gewissen hatte, wurden alle Wünsche erfüllt.
Die Amerikaner haben auch Leipzig, wo ich jetzt wohne, sehr zum Leidwesen
der Bewohner, im Juni 1945 wieder geräumt und den Russen übergeben.
Wenigstens mußten die Leipziger nicht die nur mit den Horden Tschingis-Khans
zu vergleichenden Gräultaten der Roten Armee in den von ihr eroberten
Gebieten begangen, erdulden. Deshalb hatte auch die "Gesellschaft für
Deutsch-Sowjetische Freundschaft" in Leipzig zu DDR-Zeiten so viele
Mitglieder.
Grüße von Sachsen nach Kanada
Wolfgang
Hallo Liste und auch Herr Leistritz,
damit jüngere Menschen nicht nur die eine Seite der Medaille zu sehen
bekommen, möchte ich hier ein eigenes Erlebnis wiedergeben, das ich im
Herbst 1944 hatte, wie ich inzwischen weiß:
An einem sonnigen, ja sommerlichen Herbsttag 1944, erschienen auf dem
Hof meiner Großelter in einem abgelegenen Hunsrückdorf südlich von Trier
3 Personen. Eine völlig aufgebracht, die zwei anderen ängstlich und
zurückhaltend. Der Aufgebrachte erzählte meinem Großvater, der hinter
mir stand, von einem Zug voller russischer Kriewgsgefangener, den er in
Sötern, der nächsten Bahnstation, gesehen habe. Die jungen Menschen
hätten den Mädchen zugewinkt, Arkordeon gespielt und russische Lieder
gesungen. Er wollte von Großvater lautstark wissen, wo sie die wohl
hinbringen würden? - Von dort kommt doch der Amerikaner, fragte er. -
Ich hörte Goßvater hinter mir sagen, daß sie sicher Schanzarbeiten
verrichten sollten. Das bestritt der Aufgebrachte und behauptete, daß
man sie umbringen werde und dagegen müsse man doch etwas tun. Ich drehte
mich um, und bemerkte, daß Großvater auf mich gezeigt hatte und gerade
seinen Finger auf die Lippen legte.
Der Aufgebrachte schwieg daraufhin und alle 3 gingen davon.
Etwa eine Woche später erschien an einem regnerischen Vormittag der
Aufgebrachte erneut alleine bei uns. Die Situation war ähnlich der
vorhergehendend geschilderten. Nur behauptete er jetzt, daß der ganze
Zug voller Rotarmisten umgebracht worden sei.
Wieder versuchte Großvater ihn zum Schweigen zu bringen und ich, damals
gerade 5 Jahre alt, vergass dies Erlebnis wieder.
Im Jahre 1980 begann ich den Versuch einer Identifizierung "meines
Soldaten", der am 17.03.1945 hinter unserem Haus von US-Soldaten
erschossen worden war. Ich kam im Zuge meiner Recherche in Verbindung
mit Herrn Edgar Christoffel, einem Heimatforscher aus jener Gegend. Zum
Abschied schenkte er mir sein Buch "Der Weg durch die Nacht", Untertitel
"Der Wiederstand im Trierer Land." - Als ich das Buch las kam ich auch
an eine Stelle, in der Herr Christoffel von einem Eisenbahnzug mit 600
russsischen Kriegsgefangenen berichtete, die man im Herbst 1944 aus dem
Gefangenenlager Baumholder über Türkismühle, Sötern, Hermeskeil bis
Hinzert gebracht hatte. Im dortigen Konzentrationslager Hinzert hatte
man die 600 jungen Menschen noch in der selben Nach nach ihrer Ankunft,
also wenige Stunden nachdem man sie lebensfroh und liedersingend auf dem
Bahnhof in Sötern beobachtet hatte, alle totgespritzt.
Solange wir nur die eine Seite der Münze anschauen, haben wir kein Recht
der Kritik, weil Ursache und Wirkung zusammengehören!!
Das Kriegsverbrechen, von dem ich damals als Kind erfuhr, ist vor den
Greultaten der Roten Armee im Osten passiert und ich fage mich, als was
wir den Mord an 600 Rotarmisten im Herbst 1944 bezeichen sollen, wenn
wir NUR über das Geschehen von 1945 im Osten berichten und das dortige
Geschehen als Greultat bezeichnen??
Bernd Babisch
Hallo, Herr Babisch,
sind Sie allen Ernstes der Meinung daß in unserer deutschen Öffentlichkeit
zu wenig von den deutschen Verbrechen berichtet wird und die Gefahr besteht,
die Jugend wird einseitig beeinflußt?
Ich lehne es ab, bei jedem Erwähnen von Verbrechen am deutschen Volk
sozusagen als Glaubensbekenntnis immer stereotyp deutsche Untaten
aufzuzählen.
Der Mensch ist ein Produkt seiner Umwelt. Seien Sie froh, daß Ihnen das
Erlebnis der Begegnung mit der Roten Armee erspart geblieben ist.
Massenvergewaltigungen sind keine Folgen von erlittenem Unrecht, sondern von
sittlicher Verkommenheit.
Grüße aus Leipzig
Wolfgang Leistritz * 1938 im Eulengebirge
Hallo Bernd
Leider sind dieses Greueltaten auf beide Seiten passiert. Zwischen Stalin
und Hitler gab es dann immer mal eine Weise etwas niedriger zu sinken. A
tit for tat sagen wir in englisch.
Belfast, Ireland ist ein typisches Bespiel f�r die heutige Zeit. Ein
Katholik wird auf irgendeine Weise umgebracht, dann werden zwei Protestanten
umgebracht. Zwei Protestanten sind umgebracht, dann werden 4 Katholiken
umgebracht. Und es geht immer so weiter.
Stalingrad 95 000 Soldaten gaben im Kessel auf. 5000 kamen 1955 nach
Hause. Leningrad ? Stalin hat seine eigene Bev�lkerung verhungern
lassen. Die Bev�lkerung konnte evakuiert werden, aber keine Anstalten wurden
gemacht.
Hier ist kaum eine Aufrechnung m�glich. Nur da� bei mir ein unentliches
Schuldgef�hl bleibt f�r die vielen Soldaten die irgendwo in der Ferne
verreckten und es waren nicht nur die Deutschen. Auch alle andere gefallene
Soldaten hatten einen Vater und eine Mutter die geweint haben.
Uwe-Karsten Krickhahn
Medicine Hat, Alberta
Canada
www.kartenmeister.com
Sicher wird gerade zur Zeit darüber viel gesprochen, Herr Leistritz,
aber offensichtlich noch nicht genug, denn sonst würden auch Sie
differenzierter über diesen Teil unserer Geschichte denken und sprechen.
M.f.G. Bernd Babisch
Hallo, Herr Babisch,
bei allem Verst�ndnis f�r Ihr pers�nliches Erlebnis, aber auch stehe voll und ganz hinter den Ausf�hrungen von Wolfgang Leistritz. Wir befinden uns hier in der Niederschlesien-Liste und zumindenstens auf dieser Plattform d�rfen wir Fl�chtlingskinder auch einmal von unseren schrecklichen Erfahrungen und Erlebnissen berichten - ohne, dass schon wieder die doch in der �ffentlichkeit immer angeprangerten Verbrechen der Deutschen zur Sprache kommt. Verstehen Sie bitte, Herr Babisch, es geht hier zu Recht einmal um die schlimmen Erlebnisse an den Vertriebenen ! Die Verbrechen der Deutschen sollten Sie woanders publizieren. Hier sind Sie m.E. nicht an der richtigen Stelle..
Mit freundlichem Gru�
Klaus Becker * 1938 in Breslau
Moin zusammen,
Herr Leistritz schrieb:
> Der Mensch ist ein Produkt seiner Umwelt.
Gilt das nicht auch f�r die Soldaten der Roten Armee?
> Massenvergewaltigungen sind keine Folgen von erlittenem Unrecht,
> sondern von sittlicher Verkommenheit.
Und ist es aber nicht auch sittlich fragw�rdig, andere V�lker zu �berfallen
und dort 'verbrannte Erde' zu hinterlassen ?
Ich m�chte nicht wissen, was die Deutsche Wehrmacht so alles getrieben hat
auf ihrem Weg nach Osten ...
Herr Babisch meinte n�mlich:
Sicher wird gerade zur Zeit dar�ber viel gesprochen, Herr Leistritz,
aber offensichtlich noch nicht genug,
Vollste Zustimmung.
Wie auch Annegret Baehnisch findet:
bin ich in der Tat der Meinung, dass weitere Aufkl�rung
- bei Jungen wie Alten - besteht!
Aber leider es gibt eben Gestrige und ewig-Gestrige.
Klaus Becker hatte dann noch zum Thema beizutragen:
Wir befinden uns hier in der Niederschlesien-Liste
[..] d�rfen wir Fl�chtlingskinder auch einmal
Sicher, aber meines Erachtens ist dies eine Liste im Genealogie-Netz und
nicht im Netz der Fl�chtlinge und Heimatvertriebenen. Dort mag die
einseitige Sichtweise ja durchaus an der Tagesordnung sein.
Sch�nen Sonntag allerseits.
Hans-Christian Scherzer
Lieber Herr Babisch,
nun muß ich mich ja doch mal melden.
Das Thema hatten wir schon oft und ich glaube es gibt auch ein Forum.
Wie können sie nur so überheblich über andere urteilen. Wie ich sehe, kommen
Sie aus dem westlichen Teil der Republik. da wurde wahrscheinlich wenig über
die deutschen Untaten gesprochen. Wir im Osten haben das ständig hören
müssen. Wir durften nur über die anderen Untaten nicht sprechen und wie ich
feststelle muß, auch nach 60 Jahren nicht.
Herr Schnitzler hätte Freude an Ihnen.
Ich weiß ja nicht, ob er Ihnen bekannt ist, bei uns hieß er Sudelede.
mfg Karin
-------Originalmeldung-------
Hallo,
darf ich vielleicht einmal darauf hinweisen, da� der Krieg dadurch
ausbrach, da� Deutschland und Ru�land gemeinsam sich Polen aufteilten. Es
ist m��ig �ber Schuld zu sprechen, aber die beiden Verbrecher Hitler und
Stalin d�rften hier in einem Atemzug genannt werden. Es ist blo� schlimm,
da� ganze V�lker solchen Ideologien gefolgt sind. Ru�land konnte sich nach
dem Krieg sogar den mit Hitler vereinbarten Teil Polens einverleiben!
Bestraft wurden mit den Polen auf jeden Fall Menschen, die den Krieg nicht
zu verantworten hatten. �brigens geh�re ich zur Kriegsgeneration (*1940 in
Breslau), aber meine Gro�eltern und Eltern mu�ten alles In Schlesien
zur�cklassen und das war nicht gerade wenig!
MfG
Malte Friedrich
Hallo Katrin !
Das einzige GERLACH, das zu finden war, liegt im Reg.Bez.POSEN, Landkreis
RAWITSCH (RAWICZ)
Quelle: Gemeindeverzeichnis f�r Mittel- und Ostdeutschland und die fr�heren
deutschen Siedlungsgebiete im Ausland; Verlag f�r Standesamtswesen
Frankfurt/Main 1970
Gru�
Friedrich Windeck
bei Berlin
-----Urspr�ngliche Nachricht-----
Hallo Liste,
also ich mu� schon sagen, wenn ich das so lese, kann ich teilweise auch
sehen, wie Kriege entstehen...
Ich bin irgendwie sehr traurig dar�ber, das es nicht m�glich ist zu
berichten was einem auf dem Herzen liegt ohne das aus irgendeiner Ecke
gemosert wird....oder es in der Luft zerissen wirde....ich dachte und hatte
gehofft man h�tte gelernt....
Alle haben schlimmes erlebt und nur wenn ALLE (!!!!!) berichten k�nnen, dann
k�nnen wir "Jungen" aus der Geschichte lernen oder ? Und das geht auch ohne
auf anderen rumzuhacken...
Es ist ein SEHR interessantes aber auch sehr brisantes Thema und es w�rde
mich freuen wenn weiter erz�hlt wird, denn so viele, die Erfahrungen haben
findet man sonst nicht auf einem "Haufen" aber bitte doch in einem
freundlichem Umgangston...
Viele Gr��e
Heike
Ein Hallo an alle Beteiligten der o.g. Diskussion,
bitte hört jetzt auf. Ihr habt doch alle recht.
Übrigens auch im Westen wurden uns die Verbrechen
vorgeführt.
Die wichtigste Frage, die sich mir stellt ist,
hat die Menschheit daraus gelernt?
An die Antwort traue ich mich lieber nicht heran,
wird doch selbst in dieser Dikussion gestritten,
polemisiert, angegriffen, usw., statt zu akzeptieren,
dass alle Recht haben.
Verbrechen bleiben Verbrechen, egal von wem sie ausgegangen
oder ausgeführt wurden. Verbrechen gehören bestraft.
Lasst uns die Vergangenheit nicht vergessen, damit wir
eine bessere Zukunft haben.
Mit freundlichen Grüssen
Andreas Guhr
----------------------> Dauersuche <-----------------------
# GUHR, CONRAD: Schawoine, Trebnitz, Schlottau, Breslau
# CONRAD : Prov. Posen, Dombken, Argenau
--------------------< www.aghnet.de >----------------------
Hallo Andreas,
Du hast sehr angemessene (Schluß-)worte gefunden. Denen schließe ich mich
ausdrücklich an.
Es bleibt natürlich schwer zu ertragen, aus eigenen Erlebnissen gewonnene
Erkenntnisse, von Menschen, die ihr Wissen zu diesen Themen erlernt oder
erlesen haben, dauernd an der Latte der politischen Korrektheit messen zu
lassen.
Grüße aus Leipzig
Wolfgang Leistritz * 1938 im Eulengebirge
Hallo Herr Scherzer,
es h�tte mich schon sehr gewundert, wenn Sie nichts dazu beizutragen gehabt
h�tten. Bei solchen Themen ist auf Sie Verlass, denn dann tauchen Sie mit Ihrem lediglich erlesenen Wissen aus
der Versenkung auf..
Einen genealogischen Beitrag habe ich von Ihnen bisher noch nicht entdecken
k�nnen.
Ich empfele Ihnen w�rmstens die Beitr�ge von Gerd Vorbau und Peter Knuth,
die Ihnen aber
bestimmt nicht gefallen werden.
Tsch�ss, Herr Scherzer, das wars von meiner Seite aus.
Klaus Becker