Ich bin dankbar, dass der Listeneigentuemer erlaubt, dass sich diese
Diskussion weiterentwickelt.
Frage zu Vertriebenen und Fluechtlingen:
Von meinen Eltern meine ich gehoert zu haben, das der Status von
Vertriebenen besser als der von Fluechtlingen war. Es gab so etwas wie
einen Vertriebenenausweis. Gab es auch einen Fluechtlingsausweis? Und
wieso waren Vertriebene besser dran? Weil sie nachweisen konnten
"offiziel" unterwegs gewesen zu sein, waehrend Fluechtlinge vielleicht
nur aus Gruenden der persoenlichen Genehmlichkeit gen Westen zogen?
Vertriebene mussten gehen, Fluechtlingen haetten bleiben koennen, aber
wollten gehen? Hat das damit zu tun, dass der Westen keine freiwillige
Voelkerwanderung wollte, da dies die zur Verfuegung stehenden Mittel
sprengen wuerde, sodass bei Vertriebenen die Not anerkannt wurde, bei
Fluechtlingen jedoch nicht? So wird ja auch noch heute gegen
wirtschaftlich motivierte Fluechtlinge/Auswanderer diskriminiert, waeren
denjenigen, die Spuren der Verfolgung durch den Staat nachweisen
koennen, die Tuer etwas weiter geoeffnet wird.
Es gibt einen Bund Deutscher Vertriebener, aber keinen Bund Deutscher
Fluechtlinge?
Bezueglich Schuld und Unschuld:
"Lutz Szemkus wrote:
1."Als Kind hatte ich immer sehr stark die Schuld der
Deutschen gesp�rt. Ich hatte immer das Gef�hl, wir d�rfen �ber
unsere verlorene Heimat und unsere misshandelte Verwandtschaft
nicht traurig sein, weil wir Deutschen den Juden und anderen
V�lkern ja unendlich viel Leid angetan haben. Es war ein
Gef�hlstabu."
Traurig sein ja, aber Gleichstellung mit den Opfern des Naziwahnsinns
doch kaum. Man kommt an der Tatsache, dass Deutschland als Nation
diesen Wahnsinn schuf, unterstuetzte, und ausfuehrte, nicht vorbei. Die
Massnahmen, die dann als Selbstverteidung, Rache, oder Vergeltung, durch
die Sieger gegen Deutschland durchgefuehrt wurden, erscheinen dann als
verstaendliche Konsequenz. Jeder Versuch, mit dem Leiden der
Vertriebenen und Fluechtlinge zwecks Mitleidserweckung hausieren zu
gehen um politische Ziele zu erreichen, wird immer und ewig ueber den
Stein stolpern, der durch die Frage aufgeworfen wird, was kam denn
zuerst?
die
�ffentlichkeit �ber die
Trag�die der Entwurzelung (displacemen) von 15 bis 17
Millionen unschuldiger deutscher Frauen und Kinder
aufzukl�ren. Diese unschuldigen Seelen wurden Opfer der
schlimmsten Zeit ethnischer S�uberungen der ganzen
Weltgeschichte, die ethnische S�uberung 1944-1950."
George W. Bush (damals noch Gouverneur).
Waren under Vertriebenen keine Maenner? Haben die Frauen nicht
gewaehlt? So schwierig und unangenehm dies auch sein mag, Unschuld kann
doch von denen, die die Nazis waehlten, sie aktiv unterstuetzten,
Mitlaeufer, Sympatisanten und Nutzniesser waren, kaum vorgespielt
werden. Das viele Frauen Hitler fanatisch unterstuetzten, ist bekannt,
und wenn sie ihre Maenner und Jungen aktiv zur Beteiligung an der
Kriegsfuehrung anregten, dann bleibt von Unschuld wenig uebrig. Nach
dem Kriege will jeder gegen die Nazis gewesen sein, und so zu tun als ob
alle Vertriebenen und/oder Fluechtlinge Widerstandskaempfer gewesen
waren, passiven Widerstand leisteten, oder politisch desinteressiert
und/oder uninformiert waren, ist unehrlich. Fuer alle, die nicht in
diese Kategorien fallen, ist das Wort Unschuld unpassend, ausser wie
fuer die einzigen, die fraglos Unschuld vorbringen koennen, die
Kinder. Und Kinder werden seit eh und je in der ganzen Welt zu ihren
Eltern gerechnet. Haetten die Kinder den Vertriebenen und Fluechtlingen
entrissen werden sollen, und als Weisen in ihren entdeutschten
Heimatgebieten aufwachsen sollen? Kinder erleiden das Schicksal ihrer
Eltern.
Zu erwarten, dass nach einem gluecklicherweise verloren gegangenen
Angriffskrieg mit rassistischen Motivationen und Zielen, und nach
bedingungsloser Kapitulation, die Verlierer ihre Rechte bei der
Weltmeinung geltend machen koennen, bleibt weiterhin unrealistisch.
So bleibt dann wohl nur die Traurigkeit fuer die, die unverschuldet die
Folgekosten des Krieges leiden mussten, und peinliches Schweigen bei
denen, die durch ihr Verhalten mitverantwortlich zeichnen muessen.
Da sich Deutschland demokratisch in den Naziwahnsinn hineinwaehlte, und
alle gesellschaftlichen Institutionen sich der Gleichschaltung freudig
anschliessen, waere es doch eine Beleidigung des demokratischen
Gedankens, die Verantwortung nach Beendigung des fehlgeschlagenen
Experiments woanders als bei der Bevoelkerung zu suchen, die dieses
Experiment hervorbrachte. Das Hitler als Einzeltaeter ein
jungfraeuliches Deutschland entfuehrte und in den Abgrund fuehrte, ist
doch nur ein Argument derjenigen, die nach der Kapitulation und einer
laecherlichen Entnazifizierungskampagne eine wundersame 180 Grad
Gesinnungswende zur Schau stellen vermochten.
Demokratie bedeutet, dass die Mehrheit das Recht hat, die Politik fuer
alle zu bestimmen, und dass die Konsequenzen einer mehrheitlich
durchgefuehrten Politik/Rechtgebung/Machtausuebung von allen zu tragen
sind. Solange die primitiven Konzepte von Staat, Staatsbuergerschaft,
Grenzen, Patriotismus, Verrat, Staatstreue, zur Standardausruestung des
politischen Selbstverstaendnisses gehoeren, solange sollten wir uns
nicht wundern, dass unser Einzelschicksal untrennbar vom Schicksal des
Staates bleibt.
Und wer sich demokratisch in eine Diktatur waehlt und hoffungsvoll den
propagandistischen Zielen entgegensieht, hat keinen eleganten Ausweg,
wenn die Sache schief geht.
Ferner sollte nicht vergessen werden, dass sich Deutschland nach dem
Kriege rapide hochrappeln konnte, und durch den Marshallplan und andere
Massnahmen relativ schnell wieder in die Voelkergemeinschaft eingliedern
konnte. Es ist also nicht so, als ob Deutschland auf immer und ewig
durch die Siegermaechte geknechtet wurde. Diesen Fehler des Versailler
Vertrags wurde von den Siegermaechten nicht gemacht.
Man muss den feinen aber wichtigen Unterschied sehen, zwischen denen,
die einer verlorenen und schoenen Jugend und Heimat nachtrauern, und
denen, die dieses verstaendliche Gefuehl dazu nutzen, den politischen
Irsinn der Nazizeit zu verharmlosen, zu verschoenern, oder zu leugnen.
Fuer die, die geistig, moralisch, altersmaessig, und intellektual
faehig, die Nazizeit bewusst miterlebten, ist ein naives Schwelgen in
der zauberhaften Vergangenheit kaum moeglich, da ihm die Entzauberung
auf dem Fuss folgte. Und wie oft waren Bestandteil der schoenen
Vergangenheit nicht auch die rassistischen Bemerkungen von Eltern,
Freunden, Schulkameraden, die Verdammung und Diskriminierung von
Kommunisten, Homosexuellen, Juden, Zigeunern in Schule, Radio, Zeitung,
und oeffentlicher Diskussion? Paradiesische Inseln, in denen es nur
eine Atmosphaere der universalen Menschenliebe, Naturschoenheit,
Gemeinschaftsgefuehl, des naiven und unpolitischen Daseins gab,
unvergiftet von propagandistischer Manipulation, sind eher
Wunschvorstellungen einer enttaeuschten Phantasie, als Musterbeispiele
des voelkischen Lebens waehrend der Nazizeit.
Eine Person zu der Diskussion meint, dass seine persoenliche politische
Einstellung niemandem etwas angehe. Es ist das Wesen der Politik, dass
sie sich mit Fragen des Gemeinwohls und seiner Herbeifuehrung und
Wahrung befasst. Politik hat kein Interesse an persoenlichen
Geschmacksunterschieden, die vielleicht nur eine Relevanz zum Marketing
oder anderen trivialen Beweggruenden haben. Wie eine Person zur
Gemeinschaft steht und welche Organisation der Gesellschaft befuerwortet
wird, geht immer jeden und alle etwas an. Eine Trennung des Privaten
und Persoenlichen vom Politischen ist praktisch kaum durchfuehrbar.
Die politische Bewaeltigung der Vergangenheit, sowie Ehrlichkeit,
verlangen, dass sich die Ahnenforschung nicht aengstlich an der Politik
vorbeischleicht, sondern mir ihr auseinandersetzt. Als Amerikaner muss
ich mich damit abmuehen, den vielgepriesenen Pioniergeist der Vorfahren
mit ihrer ausrottenden Indianerjagd, ihrem Nutzniessen an der
Sklavenhaltung, ihrer manipulierenden Kriegsherbeifuehrung im
Mexikanischen Krieg und Krieg mit Spanien, ihrer Glorifizierung des
persoenlichen Fortkommens, zu vereinbaren. Es gibt auch heute noch
Amerikaner, die ihre Vorfahren nur im Lichte der Verherrlichung eines
christlichen Zivilisierungsdranges sehen, und jeder Siedler, der von
Indianern getoetet wurde, wurde von "Wilden abgeschlachtet", und jeder
Indianer, der getoetet wurde, ist nur notwendiger Bestandteil der
Ungezieferausrottung zum Schutze der wackeren Frauen und Kinder.
Wenn Ahnenforschung mehr sein soll als nur die Sammlung von Geburts- und
Heiratsdaten, dann ist das Thema, wie die Vorfahren in die politischen
Verhaeltnisse passten, ebenso wichtig wie die Spurenverfolgung zur
Vervollstaendigung der Datenkartei.
Knut