Leineweber Lebensumstände Braunschweiger Land

Hallo liebe Listenteilnehmer,

ich habe den nachfolgenden Text abgeschrieben und in meine Homepage
eingef�gt.

Vielleicht ist dieser kurze Artikel �ber meinen pers�nlichen Bezug zu dem
genannten Leineweber Gleie hinaus auch interessant f�r die Kenntnis der
Lebensumst�nde Mitte des 19. Jahrhunderts

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Ruth

Auszug aus dem "Heimatbuch Landkreis Wolfenb�ttel 2000"
  verfasst von Walter Lehmann
������������� ab Seite 83 bis Seite 85�
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Nicht wesentlich besser waren die Verh�ltnisse der Leineweber in den D�rfern
des Braunschweiger Landes. Sie hatten jedoch oftmals den Vorteil, dass sie
sich nebenbei auf das Einkommen ihrer kleinb�uerlichen Anwesen, der
sogenannten Kothsassen, st�tzen konnten. Das nachfolgende Beispiel aus dem
Ort Watzum gibt weitere Einblicke in die schwierigen Lebensumst�nde der
Leineweber jener Zeit. Zun�chst liegt eine Stellungnahme des Ortsvorstehers
Johann Heinrich Curland vom 22. November 1831 vor:

"Auf Verlangen des Kothsassen und Leinewebers August Br�mse, Leinewebers
Ludwig Schrader, Leinewebers Heinrich Berge, Leinewebers und Schlachter
Ludwig Wunderling s�mtlich aus hiesigem Orte wird bescheinigt:

Da� von Seiten der hiesigen Ortsbeh�rde dem Dienstknecht Friedrich Gleie nur
der Aufenthalt in dem hiesigen Orte in dieser oder der Eigenschaft als
Tagel�hner nicht aber als Leineweber und Schlachter gestattet ist, da in er
hiesigen Gemeinde schon mehr an solche Professionisten vorhanden sind, als
sich ern�hren k�nnen".

Die Oberhauptmannschaft des Sch�ningschen Distrikts erteilte folglich am 06.
Januar 1832 dem Leinewebergesellen Friedrich Gleie einen ablehnenden
Bescheid.

Im M�rz 1832 wendet Gleie sich in selber Angelegenheit an das herzogliche
Staatsministerium zu Braunschweig. Das Schreiben wurde offensichtlich durch
eine dritte Person aufgesetzt. Darin wird vorgetragen: Der Supplicant stamme
aus Hornburg und habe bei dem Leinewebermeister Behrens zu Uehrde die
Leineweber-Profession erlernt. Anschlie�end habe er bei mehreren Meistern
der hiesigen Gegend als Geselle gearbeitet und sei deshalb nicht gewandert,
weil er von der K�niglich Preu�ischen Milit�rbeh�rde dazu keinen
Erlaubnisschein erhalten habe.

"Supplicant hat schon sei 8 Jahren die Bekanntschaft der Tochter des
Kothsassen Borchers (Ass. Nr. 7) zu Watzum, Anna Elisabeth, gemacht und
dieselbe zu schw�ngern das Ungl�ck gehabt. Es ihm von Seiten herzoglicher
Regierung und der Gemeinde Watzum gestattet, sich mit derselben zu
verheiraten, und er hat bereits mit ihr 2 Kinder gezeugt".^

Als Leinewebergeselle k�nne er sich in Watzum nicht ern�hren und f�r
Tagelohn-Handarbeiten sei er seiner kurzen Konstitution wegen ohnehin zu
schwach. Er bes��e 200 Th. Verm�gen und weder die Leinewebergilde
Sch�ppenstedt noch die �rtliche Gemeinde habe etwas dagegen, da� er sich in
Watzum als Meister besetzt. Dar�ber hinaus bat er darum, man m�ge ihm als
Familienvater nicht noch Wanderschaft abverlangen. Wider Erwarten sei jedoch
sein Gesuch durch die Kreisbeh�rde abgelehnt worden. Es m�sse
Ber�cksichtigung finden, da� eine Familienvater, der sich gern redlich m�hen
will, dazu Gelegenheit erh�lt. Unter diesen Umstanden glaubte Gleie es wagen
zu d�rfen, untert�nigst um Einwilligung zu bitten.

Zur selben Zeit richtete der Watzumer Ortsvorsteher Curland ein Schreiben an
die herzogliche Cammer. Darin hei�t es, der Leinewebergeselle Gleie habe
durch Pfuscherei und Beeintr�chtigung im Gewerbe die vier ans�ssigen
Leineweber gesch�digt, so da� diese Klage erhoben h�tten mit de Ziel, da�
Gleiche nicht nur die Profession untersagt, sondern hm auch das
Handwerksger�t entzogen werden. Vier Leinewebemeister, welche der Gr��e des
Orts nach schon �berfl�ssig sein, sollten in ihrem Gewerbe nicht auch noch
durch einen Preu�en (aus Hornburg) in ihrem Gewerbe beeintr�chtig werden.

Im Juni 1832�wurde der aus anderen Zusammenh�ngen bekannte Pastor Breithaupt
wegen Mi�achtung der Vorschriften zu einer Stellungnahme aufgefordert. Er
berichtete an das herzogliche Kreisamt in Sch�ppenstedt: Gleie w�nsche schon
im Jahre 1827 sich mit seiner jetzigen Ehefrau zu verheiraten. Wiederholt
habe er Gleise Antr�ge zur�ckweisen m�sse, da dieser nicht die
erforderlichen Bescheinigen habe beschaffen k�nnen. Derselbe h�tte sich in
der Hoffnung, die Schwierigkeiten doch noch beseitigen k�nnen, mit seiner
Verlobten zu weit eingelassen, wovon die Folge in der am 24. November 1827
erfolgten Niederkunft derselben f�hlbar wurden. Wiederholt habe Gleie auch
danach dringend ersucht, ihm bei seinem Wunsche behilflich zu sein "allein
dem Ausl�nder verweigere die Gemeinde die Aufnahme" So habe er, Breithaupt,
ihm, so oft er das Aufgebot bestellte, einen abschl�gigen Bescheid geben
m�ssen. Indessen hatte Gleie jedoch den verbotenen Umgang mit seiner Braut
fortgesetzt mit der Folge, da� sie im Jahre 1830 ein zweites mal schwanger
gewesen sei.

Darauf hin habe sich der Ortsvorsteher Curland veranla�t gesehen, die
Angelegenheit der ganzen Gemeinde zur Beratung zu geben. Dabei sei
beschlossen worden, da�, da der Leinewebergeselle Gleie sich als
Dienstknecht stets redlich betragen habe, er �ber Verm�gen verf�ge, seine
Braut dem Testament ihres Vaters zufolge eine besondere kleine Stube nebst
dem n�tigen �brigen Raum erhalten habe, dar�ber hinaus auch �ber etwa
Bargeld verf�ge, der Schwager Kotsa� Schenke versprochen habe, dem Gleie
selbst f�r den Fall, da� seine Schw�gerin fr�hzeitig sterben sollte, ihm und
seiner Familie die freie Wohnung zu �berlasse und da unter Betrachtung aller
diese Umst�nde nicht zu erwarten sei, da� Gleie mit seiner Familie der
Gemeinde zu Last fallen k�nnte, wohl aber bef�rchtet werden m��te, da� er in
sein Geburtsland zur�ckkehren k�nnte, dann eine Mutter mit vielleicht drei
oder vier Kinder hinterlassend, man ihm, Gleie, die h�usliche Niederlassung
in Watzum gestatten wolle.

"Unter diesen Umst�nden glaubte ich, da ich schon l�ngst gew�nscht hatte,
die wilde Ehe des Gleie in eine christliche Ehe verwandelt zu sehen, den
Wunsch desselben um so mehr erf�llen zu k�nnen, als mir derselbe fr�her eine
Bescheinigung des Magistrats zu Hornburg vorgezeigt hatte, nach welche ihm
die Erlaubnis erteilt wurde, sich zu jeder beliebigen Zeit h�uslich
niederzulassen".�

So habe er Friedrich Gleie und Anne Borchers in der Watzumer Kirche am 04.
September 1830 "copuliert". Und noch am Nachmittag des selben Tages wurde
die junge Ehefrau von einer Tochter gl�cklich entbunden. Die
Leineweberkonzession wurde Friedrich Gleie jedoch wohl nicht zuerkannt. Er
war aber recht vielseitig. Im Jahr 1833 wird er n�mlich als
Gossen-Schl�chter-Gehilfe bezeichnet, gegen dessen Bitte auf Erteilung einer
Konzession f�r einen selbst�ndigen Betrieb nichts entgegenstand.
Offensichtlich waren die allgemeinen Aussicht im Fleischergewerbe weitaus
g�nstiger als bei den Leinewebern.

Trotz der allgemeinen Bedeutung der Tuchherstellung waren die Leineweber
weniger angesehen als andere Handwerker. Ihr Handwerk galt trotz der
Anerkennung als Gilde (bereits 1329) in der Stadt Braunschweig lange Zeit
als unehrlich. So wurden ihre Kinder den unehelich Geborenen gleichgestellt,
in dem sie in anderen Gilden, zum Beispiel bei den Goldschmieden, nicht als
Lehrjungen aufgenommen wurden. Aber auch die angesehenen Lakenmacher
hielten - vorwiegend, wohl wegen �berschneidung der Arbeitsbereich und der
daraus erwachsenden Konkurrenzsituation - auf Distanz. Mitunter wurden
staatlicherseits Vorschriften erlassen, die das Ansehen der Leineweber heben
sollten. �

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