Lehenabgabenarten und rechtlicher Grund

Hallo zusammen,

ich versuche gerade für einen Aufsatz eine Struktur in diesen über die
einzelnen Abgabenarten im 18. Jahrhundert und früher festzulegen.
Also welche Abgabenart hatte welche „rechtliche Grundlage“. Kam sie z.B.
aus der Leibeigenschaft heraus oder aus der Grundherrlichkeit eines
Lehenverleihers.

Folgende Arten versuche ich einuordnen:

Großzehnt, Kleinzehnt
Fruchtzinsen (Hafer, Dinkel, Roggen etc.)
Forsthafer (wohl vom Wald herrührend)
Steuern
Hauszins
Küchengefälle (Hühner, Eier, Fasnachthenne)
Ehrschatz
Manumission dürfte wohl aus der Leibeigenschaft herkommen.
Abzugsgebühr (bei Wegzug und Einzug in eine andere Herrschaft hinein)

Vielen Dank mal an evtl. erste Hinweise. Gerne auch zu entsprechender
Literatur.

Viele Grüße
Daniel (Oswald)

Hallo Daniel
ganz allgemein sehe ich in der Feudalzeit folgende Rechtsverhältnisse, die Abgaben oder Dienste beinhalteten:
Reichssteuer
Hochgerichtsbarkeit / Landesherr
Niedergerichtsbarkeit / Ortsherrschaft
Leibeigenschaft
Grundherrschaft
Kirchenzugehörigkeit
die Namen dafür unterscheiden sich regional
Gru Rudolf

Hallo Rudi,

danke dafür, dass ist schonmal eine schöne Übersicht.

Beim Kloster Weingarten gab es bei Lehenshofverleihungen folgende
Abgabenarten, kannst Du hier evtl. die eine odere andere genauer eingrenzen?

Vor 1742 (da fand eine Gebietsvermeessung von Weingarten stand, die auch
einige Änderungen nach sich gezogen hatte) standen bei
Lehenhofverleihungen folgende Abgaben dabei, die ich versuche einzureihen:

Grundherrschaft:
Korn (Dinkel, Hafer, Roggen) =
Ehrschatz

Hauszins, Reichssteuer:
Geldsumme ohne Art zu benennen (z.B. 1 lb d) evtl. der Hauszins?
Manchmal noch eine zusätzliche Geldsumme, die mit Steuer bezeichnet wurde.

Leibeigenschaft:
Küchengefälle bestehnd aus: Der Leib- oder auch Fasnachthenne, Hühner
und Eier = Leibeigenschaft?

Ich kenne noch Abgaben für die Lehen aus dem Wald.
Forsthafer.

Hohe Gerichtsbarkeit??
Frondienste

Für mich besonders fraglich wohin es gehört:
Groß- und Kleinzehnt, war ja ursprünglich eine kirchliche Abgabe.

Besonders anspruchsvoll wird es dann, wenn die gleichen Abgabenarten
z.B. auch an die Landvogtei Schwaben abgegeben werden mussten, z.B.
Hühner und Eier. Die Landvogtei hatte im weingartischen Gebiet i.d.R.
die Hohe Gerichtsbarkeit. Diese erhielten oft von einem Hof wenig
Pfennige an Heugeld und Wagengeld. Die Frondienste wurden oft für die
Landvogtei ausgeübt. So laut Urbarien vom Kloster Weingarten.

Viele Grüße,
Daniel

Hallo midnand,

diese Abgaben aller Arten waren mir für mich schon immer ein Buch mit 7 Siegeln.

Kann schauen, in welches Buch ich will, find ich nirgendwo eine schlüssige Darstellung dessen, was die kirchl. und weltliche Obrigkeit alles eingesackt hat.

Das Einzige, was ich gerade beisteuern kann:

A) Bei Dinkel ist oft unterschieden worden zwischen Spelz (unentspelzter Dinkel) und Kernen (entspelzt), was ein großer Gewichts- und Preis-Unterschied ist.

B) Es gab auch anlassbezogene Abgaben wie die sog. „Dritt-Garbe“ der Bauern zur Finanzierung des „schwäbischen St. Peter“ in Weingarten. So soll die riesige Basilika in 7 Jahren bezahlt worden sein.

Viel Grüeß

Franz

Lieber Daniel, lieber Rudi, lieber Franz,

Ihr Drei habt alle Recht. Kaum ein Thema ist so speziell, so schwierig und so kompliziert, wie dieses. Deshalb habe ich bis jetzt auch noch nicht geantwortet.

Ich war ja in den vergangen Jahren so dicht an diesem Thema „Feudalabgaben“ dran und habe im Netz unendlich und tiefgreifend recherchiert und mir auch einige spezielle Literatur dazu zugelegt. Dies war anlässlich meines Werks „Zehntscheuer Eberhardzell“.

Ein Beispiel für die Problematik, so wie Daniel es auch schon angeführt hatte, ist das Faktum „Zehnt“. Wie Daniel richtig schreibt, ursprünglich eine rein kirchliche Abgabe, aber dann …! Hängt u. a. auch damit zusammen, dass es speziell in Oberschwaben (woanders natürlich auch) neben den adeligen auch die kirchlichen Herrschaften gab.

Das Hauptproblem dürfte aber sein, dass es anbetrachts der sehr vielschichtigen Herrschafts- und Feudalstruktur – betrachten wir nur mal Oberschwaben – für alle Feudalabgaben keinerlei Regeln und allgemein gültige Strukturen gab bzw. gibt.

Ich kann auch leider keinen treffenden Tipp zu entsprechender Literatur geben. Anscheinend hat sich noch niemand an den Kern dieser Thematik gewagt – auch keiner der Historiker-Profis. Am ehesten Dr. Wolfgang von Hippel (aber auch nur teilweise „Bauernbefreiung“), Peter Blickle, David Warren Sabean, aber auch Dr. Edwin Ernst Weber.

Sollten andere Kolleginnen und Kollegen dazu über tieferes Wissen verfügen, bitte melden.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Merk
Biberach an der Riss
wolle.merk@t-online.de

Hallo Daniel
noch eine kleine Ergänzung; neben den genannten Steuerarten gab es auch Abgaben wie z.B.den
Weinzins (beim Weinverkauf) etc
und es gab auch Steuern/ Abganen an die
Dorfgenossenschaft (Amann, Gericht usw)

Reichssteuer
Hochgerichtsbarkeit / Landesherr
Niedergerichtsbarkeit / Ortsherrschaft
Leibeigenschaft
Grundherrschaft
Kirchenzugehörigkeit

Gruß Rudolf

Lieber Wolfgang, Rudi und Franz

herzlichen Dank für Eure Antworten. Ich habe daraufhin noch Herrn Dr.
Weber in Sigmaringen befragt. Er gab mir folgende Literaturtipps dazu:

Dr. Edwin Ernst Web: 2013 in „Ulm und Oberschwaben, Zwischen Natur,
Herrschaft und Genossenschaft. Die Landwirtschaft an der Oberen Donau in
der frühen Neuzeit“

Für das Gesamtspektrum unserer Frage hat er im Heimatbuch Laiz von 2010
hingewiesen. Das Buch liegt mir vor.

Dr. Edwin Ernst Weber: „Arm gegen Reich. Sozioökonomische Verhältnisse
und innerdörfliche Konflikte an der Oberen Donau im 18. Jahrhundert“.
In: Tagungsband Gesellschaft Oberschwaben „Von der Krise des 17.
Jahrhunderts bis zur frühen Industrialisierung. Wirtschaft in
Oberschwaben 1600-1850“, 2022.

Ebenso hat er mir noch auf das Buch (auf das Du ja schon verwiesen hast)
hingewiesen:

Wolfgang von Hippel: Die Bauernbefreiung im Königreich Württemberg. Bd.
1 Darstellung. Boppard a.Rh. 1977.

Hoffe, dass es nutzt. Die entsprechenden Seiten vom Heiamtbuch Laiz
könnte ich dir mal scannen.

Viele Grüße,
Daniel (Oswald)

Lieber Daniel,

ich hoffe, ich konnte Dir mit meinen Informationen weiterhelfen. Freut mich. Die Scans aus dem Heimatbuch Laiz müssten mir vorliegen – direkt damals von Dr. E. E. Weber bekommen. Danke für Dein Angebot – nett von Dir.

(Was machen wir mit dem Weingartener Buch?)

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Merk

Drosselweg 3

88400 Biberach an der Riss

Tel. 07351/71206

wolle.merk@t-online.de

Hallo Daniel und alle FGOler
Ich glaube das Thema
Abgaben, Steuern im Feudalsystem
würde sich doch anbieten für ein FGO-Projekt.???

Gruß Rudolf