Kreisgemeinschaften (war: Re: Ort und Kreis Mohrungen)

Liebe Gisela,

das mit dem Gesetz ist mir neu, kannst Du mir da eine genaue Quelle
nennen? Was die Finanzierung der Kreisgemeinschaften betrifft, so
erfolgt diese inzwischen fast ausschlie�lich �ber Spenden. Ich kann nur
f�r "meine" Kreisgemeinschaft (Gerdauen) sprechen, der ich vorstehe: Wir
erhalten keinerlei Zuwendungen aus Steuergeldern. Bis Anfang der 90er
Jahre gab es ein bisschen Geld von den Paten (Stadt und Kreis
Rendsburg), aber das ist lange her. Allein die freiwilligen Spenden, die
�ber den Heimatbrief hereinkommen, erm�glichen uns die Fortf�hrung
unserer Arbeit. Und auch wenn wir keine Mitgliedsbeitr�ge erheben, sind
wir doch rein rechtlich ein Verein. Ich denke, so wird es den meisten
Kreisgemeinschaften gehen.

Liebe Gr��e, Walter Mogk

Walter, wenn Gisela auf ein Gesetz reflektiert, dann meint sie sicher das
Lastenausgleichsgesetz (LAG) von 1952. Die für die Durchführung geschaffenen
Heimatauskunftsstellen, siehe
Heimatauskunftstellen – Wikipedia, konnten sich ja
überwiegend nur den Sachverstand und das Wissen von den Kreisgemeinschaften
holen. Es gab nichts anderes, denn welcher Landkreis aus dem Osten hatte
schon die Unterlagen der Grundbuch- bzw. Finanzämter retten können.
Ich bin froh, dass wir Pillkaller für unsere Kirchspielchroniken auf die
damals geschaffenen Unterlagen heute zurückgreifen können. Ohne die
"Schadensberechnung Landwirtschaft - Betriebsliste" mit den dazu erstellten
Ortslageplänen, Gemeindeseelenlisten, oftmals handgeschrieben, würden wir
jetzt nur im Dunkeln herumstochern. Aus den ersten Gemeindeseelenlisten
entwickelten sich übrigens die Kreiskarteien, die heute noch bei den
"lebendigen" Kreisgemeinschaften gepflegt werden.
Wenn ich recht informiert bin, liegen diese ganzen Papiere komplett im
Bundesarchiv Bayreuth, siehe
http://www.bundesarchiv.de/benutzung/zeitbezug/nationalsozialismus/02655/ind
ex.html.de . Hoffentlich bleiben sie auch dort noch recht lange.
Ich suche schon seit längerem eine ausführliche und allgemeinverständliche
Beschreibung des Themas. Weil die Historie so langsam in Vergessenheit gerät
- diejenigen, die damals dafür gearbeitet haben, gibt es kaum noch - sollte
solch ein Papier doch gewissermaßen als Flyer vor jeder Heimatstube liegen.
Gruß - Martin Kunst

Lieber Martin,

... wenn Gisela auf ein Gesetz reflektiert, dann meint sie sicher das

Lastenausgleichsgesetz (LAG) von 1952...

das denke ich nicht - es muss früher gewesen sein, ca. 1948 ?
So existiert die KG Goldap bereits seit 1948 (oder früher) und hat
im Mai 1948 den ersten Heimatbrief, genannt "Heimatbrücke" herausgegeben.
Ich kann jetzt auch nicht sagen, ob es ein Gesetz oder eine "Verordnung" der
Regierung Adenauer war, Kreisgemeinschaften zu bilden !?
Sicherlich hatte man aber "im Hinterköpfchen", alles zu bewahren, was an die alte
Heimat erinnert, Daten, Namen, KBs, andere Unterlagen zu sammeln, Beweise
über Besitz, etc - und *das* in der Hoffnung, dass Ost- und Westpreußen doch eines
Tages wieder deutsches Gebiet sein wird. Natürlich hatten alle Vertriebenen, den
Wunsch eines Tages wieder zurückkehren zu können. Es war das Zuhause, die
Heimat, die Wurzeln der Vorfahren waren dort, nicht nur die Gräber, sondern auch
die Häuser, die sie bauten und an Generationen weiter gaben. Freunde, Schulkameraden,
Bekannte, die gewohnte Umgebung, die Sicherheit gab, die Natur, mit der man sich "im
Einklang" befand - von schweren Wintern bis zu superheißen Sommern, den gewohnten
Tieren, die man versorgte und immer wieder hörte - vom Elch bis zur Ente am Teich und
an Seen. Es war auch der Geruch !
Vergessen wurde dabei, dass es so lange Jahre dauerte, bis sich überhaupt "etwas"
bewegte. Und als sich (1948 ?) ein bisschen bewegte, gab man den Menschen keine Hoffnungen
mehr. Mit welch' einer Kraft, Geduld und Zuversicht, die Vertriebenen sich dann ein neues
Leben "in fremden Ländern" (von Schleswig-Holstein bis Bayern, u.a. Ländern) aufbauten, ist
außergewöhnlich, aber genauso bemerkenswert, wie andere Völker Vertreibungen, Genozid, Diktaturen,
Kriege, Verluste, Krankheiten u.a. ertragen mussten.

Lieber Martin, die Unterlagen im Bundesarchiv Bayreuth werden eines Tages auch "das Zeitliche segnen".
Eine ausführliche und allgemeinverständliche Beschreibung des "Themas" wird es nie geben. Papier vergilbt,
verschimmelt, bricht - und wird verbrannt. Menschen altern - und die Jüngeren müssen mit ähnlichen und ganz anderen Problemen kämpfen.

Liebe Grüße --- Gisela