Königsberger Kirchenbuchkartei - Inhalt und Zeitumfang

Hallo Herr Warthun!

können Sie bitte den Inhalt und Zeitumfang dieser "Königsberger
Kirchenbuchdatei" erläutern?

Gerne, wobei ich gleich korriegierend hinweise, dass es sich um eine Kartei, nicht um eine Datei handelt, wiewohl es sicher nicht unlieb wäre, wenn die Kartei auch als Datei vorläge.
Ich zitiere nachfolgend aus dem einschlägigen Beitrag von Horst Meyer über die Kartei, der in der "Altpreußischen Geschlechterkunde" Band 35 (2005) erschienen ist.

Da es doch eine gewisse Textmenge ist, mag jetzt jeder wegklicken, sofern es nicht interessiert.

Viele Grüße

Carsten Fecker

I. Beschreibung
a. Kapseln und Karten
Der im GStA PK vorliegende Bestand der KKK teilt sich auf in mehr als 660 Einzelstücke von einheitlicher Beschaffenheit, die vielfach als Kapseln, aber auch als Ordner oder heute eher als Bände bezeichnet werden und je etwa 400 Blätter enthalten. Sie sind durch ein Findbuch erschlossen, das übersichtlich gestaltet ist und viele Einzelinformationen liefert.
Von einem Aktenordner unterscheidet sich eine Kapsel durch die kleineren Abmessungen (knapp 22 cm breit, 10 cm hoch, 5 cm dick) und vor allem durch die Konstruktion: Die beiden Führungsstifte, die die gelochten Papiere halten, sind nur kurz, geradlinig und an beiden Enden mit dem stabilen Ober- und Unterdeckel unlösbar verbunden, so daß das Entfernen eines Blattes nicht ohne Beschädigung möglich ist. Der Rücken trägt ein Etikett mit der ursprünglichen Signatur, die nun aber ersetzt ist durch eine fortlaufende Zählung des Geheimen StaatsaŽrchivs Preußischer Kulturbesitz (GStA PK). 26 Kapseln waren stark beschädigt und mußten ersetzt werden. Dabei wurde in einzelnen Fällen der Inhalt verteilt auf mehrere “Hefte”, auf die das Findbuch hinweist.
Die Blätter werden zwar als Karten bezeichnet, sind aber nicht steif, sondern bestehen aus feinem Papier von vielleicht nicht erstklassiger, aber doch so guter Qualität, daß sie auch heute noch ihren Zweck erfüllen. Bei Benutzung werden sie in der Kapsel nicht umgelegt, sondern nur geblättert wie in einem gebundenen Buch. Jede Karte enthält Eintragungen, die sich auf eine bestimmte Taufe (Geburt) oder Trauung (Eheschließung) beziehen und einem Kirchenbuch oder sonstigen Vorlage entnommen sind. Für Trauungen wird stets rötlich getöntes Papier verwendet; Taufen erscheinen auf weißem Papier.

b. Die Formulare
Jede Karte ist einseitig mit einem Formular bedruckt. Für die Eintragung der Daten sind rechteckig in verschiedener Stärke umrahmte Felder vorgesehen, die in übersichtlicher Ordnung auf das Blatt verteilt sind. In der rechten oberen Ecke ist stets eine kurze Zeile vorbereitet für die Eintragung der ersten drei oder vier Buchstaben des Familiennamens. Links oben wird die Vorlage bezeichnet. Vorgedruckt erscheint z. B.: Kirchengemeinde Königsberg (Preußen), Tragheim; darunter: Band ... Seite ... Nr. ... Manchmal ist dieser Vordruck handschriftlich korrigiert, die Leerstellen sind nicht immer ausgefüllt worden.
Verwendet sind zwei verschiedene Grundformen: Tauf- und Trauformulare. In jeder Kapsel kommt nur eine Grundform vor; Abweichungen gibt es bei der Angabe der Vorlage oder in unbedeutenden Einzelheiten.
Die Felder der Taufformulare fragen ab: Datum der Taufe und der Geburt; Familienname und Vornamen des Kindes; Familienname, Vornamen und Beruf des Vaters; Geburtsname und Vornamen der Mutter; Wohnung der Familie. Nach den Paten wird nicht gefragt; auch als zusätzliche Anmerkung werden sie nie genannt.
Zur Eheschließung wird erfragt: Datum der Trauung; Name, Vornamen und Alter beider Partner, auch Beruf des Mannes; Vornamen, Beruf und Wohnung der Väter beider Partner. Wegen der Vielzahl der Angaben ist auf den Trauformularen der Platz wesentlich enger; jedoch wird die Lesbarkeit dadurch nicht beeinträchtigt.

c. Die Handbeschriftung
Sämtliche Eintragungen sind von Hand mit Feder und Tinte erfolgt. Flüssig gebliebene Tinte durfte nicht abgelöscht werden; die frisch beschriebene Blattseite mußte an der Luft trocknen. So sind alle Schriftzüge auch heute noch vollständig und deutlich zu erkennen. Alle Ziffern sind eindeutig lesbar. Die Buchstaben haben jedoch durchweg die Form der Sütterlin-Schrift, auch “deutsche Schrift” genannt, welche damals verbindlich in den Schulen gelehrt und allgemein benutzt wurde. Der heutige Leser sollte mit dieser vertraut sein, wird dann aber keine Schwierigkeiten mehr haben, da die Schreiber offenbar mit großer Sorgfalt vorgegangen sind.
Selbstverständlich entsprechen die Angaben aus der Vorlage nach Umfang und Inhalt häufig nicht den Fragen des Formulars. Daher bleiben oft Felder leer oder weisen nur einen Strich auf, wenn die verlangte Information in der Vorlage fehlt. Andererseits liefert die Vorlage in vielen Fällen, besonders bei Trauungen, Informationen, nach denen das Formular nicht fragt, die aber für den Familienforscher interessant sein können. Diese erscheinen als zusätzliche Anmerkungen, oft auf der unbedruckten Rückseite der Karte, die der Benutzer daher regelmäßig zur Kenntnis nehmen sollte.
Unvermeidlich war die Textfassung der Vorlage aufzugeben und deren Kernaussage in eine möglichst kurze Form zu bringen. Dabei erhebt sich die Frage nach der Zuverlässigkeit und Vollständigkeit der Übertragungen. Eine durchweg gültige Beurteilung ist selbstverständlich nicht möglich. Das Ergebnis einiger Stichproben sowie der allgemeine Eindruck unterstützen die Annahme, daß die Karteikarten alles Wesentliche richtig wiedergeben.

II. Entstehungsgeschichte
Im folgenden stehen zwischen den Anführungszeichen (“...”) Zitate aus der Vorbemerkung zum Findbuch, 1962 erarbeitet von Christel Wegeleben. Die weiteren Ausführungen gründen sich im wesentlichen auf Akten der Entstehungszeit, von denen im GStA PK Kopien vorhanden sind (in der Repositur 309 Nr. 548).

a. Ausgangslage und Zielsetzung
“Als seit 1933 der Ansturm auf die Kirchenbücher zur Erlangung des sogenannten arischen Abstammungsnachweises einsetzte, wurde die Anlegung von alphabetischen Kirchenbuchregistern größeren Stils notwendig. Die Erledigung der überaus zahlreichen Anfragen war für die einzelnen Pfarrämter mit erheblichem Zeitaufwand verbunden. Dem Suchenden war ... oft ... nicht die betreffende Gemeinde bekannt. In Städten mit mehreren Pfarrbezirken mußte daher die gleiche Sucharbeit häufig mehrfach geleistet werden. – Außerdem galt es, den Verschleiß der Bücher auf ein erträgliches Maß herabzudrücken. – Überparochiale alphabetische Kirchenbuchkarteien konnten also ... von großem Nutzen sein ... Der erste Versuch ... wurde für ... Berlin unternommen ... Durch die einfache Verkartung jeder Kirchenbucheintragung und ihre alphabetische Einordnung war es möglich, in ziemlich kurzer Zeit und mit nicht allzu hohen Kosten einen umfangreichen Kirchenbuchbestand in seinem Namensgut zu erfassen. Der Aufbau der Berliner Kartei” – maßgeblich betreut durch Oberkirchenrat Karl Themel, Pfarrer an der Luisenstadtkirche – “diente anderen Städten als Muster (... Königsberg).”
Das Ziel war unumstritten. Über die Zuständigkeit und grundlegende Fragen zur Organisation erhoben sich jedoch heftige Auseinandersetzungen. Vertreter der nationalsozialistischen Partei versuchten, den Einfluß der Kirche möglichst gering zu halten und die Verantwortung eigenen Organisationen (NSLB = Lehrerbund; Reichsnährstand) zu übertragen, die dann für die Schreibarbeit unbezahlte Hilfskräfte aus den eigenen Reihen stellen sollten. Man erkannte aber bald, daß diese riesige Aufgabe nicht ohne wesentliche Beteiligung der Kirche und nur mit befähigten, zuverlässigen und demnach auch bezahlten Schreibkräften zu bewältigen sein würde, zumal von einer großen Mehrheit der kirchlichen Amtsträger und Angestellten eine willige und sachkundige Mitarbeit zu erwarten war. Unterstützung konnte auch der damals noch junge, aber wegen seiner Leistungen auch von der Reichsstelle für Sippenforschung anerkannte Verein für Familienforschung in Ost- und Westpreußen erbringen, obwohl mehrere seiner Mitglieder seitens der Partei mit starkem Mißtrauen betrachtet wurden. Mehrere staatliche, besonders aber kirchliche Stellen waren zur Finanzierung bereit, bis die nun auf Dauer einzurichtende Kirchenbuchstelle ihre Tätigkeit durch Auskunftsgebühren – man veranschlagte etwa 0,75 RM je Fall – selbst würde finanzieren können.

b. Planung und Organisation
“Die Gründung der Kirchenbuchstelle erfolgte Anfang 1937 durch den Gesamtverband der evangelischen Kirchengemeinden Königsberg. Am 15. Februar 1937 wurde mit der Verkartung der ev. und freikirchlichen Kirchenbücher sowie der jüdischen Personenstandsunterlagen begonnen. Im einzelnen handelte es sich um die Kirchenbücher der ev.-lutherischen sowie der deutsch- und französisch-reformierten Gemeinden.”
Folgende Gemeinden hatten ihre Tauf- und Traubücher zur Verkartung gegeben: Altroßgarten, Altstadt, Burg (ref.), Dom, Französ.-ref. (Taufen?), Friedrichskolleg (nicht überprüft), Haberberg, Löbenicht, Neuroßgarten, Sackheim, Schloß (Zivil), Tragheim; außerdem Juditten. Vom Löbenichter Hospital soll es Karten von Trauungen (Taufen: unbekannt) im 18. Jahrhundert gegeben haben, die nun verloren sind. Von der litauischen Kirche (St.-Elisabeth-Hospital) sind Trauungskarten vorhanden. Dies ist das Ergebnis von im Frühjahr 2004 vorgenommenen Stichproben. Über die Vollständigkeit ist keine Aussage möglich.
“Hinzu kamen die Kirchenbücher der Baptisten, Altlutheraner, Irvingianer, Mennoniten, Altkatholiken, der christlich-katholischen und der katholisch-apostolischen Gemeinde.”
Deren Register wurden in der gleichen Weise wie die der evangelischen Gemeinden und mit diesen gemeinsam verkartet. Das besondere religiöse Bekenntnis ist nur erkennbar an der Bezeichnung der Vorlage links oben auf der Karte, wo bei Bedarf der vorgedruckte Gemeindename korrigiert ist – Beispiel: Königsberg, “christl. Kath. (fr. relig.)” – oder durch eine zusätzliche Anmerkung.
Im Findbuch liest man bei vielen Kapsel-Nummern einen Zusatz, zum Beispiel “Baptisten”. Dies bedeutet aber nicht, daß deren Karten in dieser Kapsel besonders zusammengefaßt wurden, sondern nur, daß Familien dieses Bekenntnisses, dem Alphabet entsprechend eingeordnet, hier vorkommen. Ob ein solcher Vermerk zuverlässig immer in das Findbuch eingetragen wurde, kann nicht beurteilt werden und ist eher zu bezweifeln.
“Ferner die Königsberger Juden- und Dissidentenregister.” Hierüber wird in V. näher berichtet.
“Alle Bücher waren vor Beginn der Verkartung in der Kirchenbuchstelle zusammengezogen worden.” Im Mai 1942 zogen die freie ev. Gemeinde, die Baptisten und die kath.-apostolische Gemeinde ihre Bücher zurück, nachdem aber wohl deren Verkartung bereits abgeschlossen war.
“Die Kirchenbuchstelle ... hatte von der Gründung bis zum 4. April 1938 ihren Sitz am Steindamm 79/80, dann bis zum 19. März 1944 in Neue Dammgasse 12.” – “Im August 1937 übernahm Dr. Heinrich Blank die Aufgaben des Geschäftsführers.” Dieser war zugleich Mitglied und Schriftleiter im Verein für Familienforschung für Ost- und Westpreußen.
“Es war beabsichtigt, die Tauf-, Trau- und Sterbebücher aus der Zeit von 1750-1874 (d. h. bis zur Einführung der Standesamtsregister in Preußen) zu verkarten. Wegen der in älterer Zeit häufig sehr knappen Angaben in den Traubüchern wurden die Aufgebotsbücher als Ergänzung hinzugezogen. Die Verkartung der Sterbebücher ist ... nicht durchgeführt worden.”
Bei der Planung orientierte man sich an den Leitgedanken und Erfahrungen von Karl Themel in Berlin. Mit dessen Einverständnis wurde aber eine wichtige Änderung vorgenommen: In Königsberg ordnete man die Karten streng lexikalisch, also nach der Buchstabenfolge des geschriebenen Familiennamens, nicht nach dem lautalphabetischen System (z. B. B = P; F = Ph = V), da dieses den nicht vorbereiteten Benutzer oft überfordern könnte. Dafür ist hinzunehmen, daß ein Familienname an mehreren Stellen gesucht werden muß, wenn verschiedene Schreibweisen in Frage kommen. – Ferner wurde das Berliner Format der Karten (Unterkante 23 cm) aus Kostengründen dem DIN-Format (21 cm) angepaßt.

c. Erarbeitung und Ergebnis
Die Arbeitsstelle war eine angemietete Wohnung. Darin waren zunächst sechs, später zeitweilig bis zu 60 Schreibkräfte in zwei Schichten tätig. Schon im Mai 1937 war Karl Themel zu einer Besichtigung erschienen und berichtete darüber: Die Leute sitzen zu eng. Das Nebengelaß ist unzulänglich. Die Atemluft wird sehr schlecht. Die Beleuchtung ist zu schwach. Jedoch wird sorgfältig abgeschrieben und genügend kontrolliert. Schwierigkeiten entstehen, wenn eingestellte Kräfte sich als ungeeignet erweisen. Im Ganzen wird sachentsprechend gearbeitet wie auch in Berlin. – Nach dem Umzug 1938 werden die Arbeitsbedingungen wohl besser gewesen sein.
“Von der Taufkartei war bis Mitte August 1937 der Teil 1826-1874 fertiggestellt. Im September 1938 war die Arbeit ... an der Taufkartei (1750-1874) sowie an der Traukartei 1790-1874 abgeschlossen. ... Bis Ende Februar (1942) war die gesamte Traukartei (ab 1750) benutzbar geworden.”
Kurz vor Kriegsende konnte die Kartei nach Mitteldeutschland ausgelagert werden und gelangte im Sommer 1947 nach Berlin. Dort wurde festgestellt, daß von der Taufkartei der Teil für die Jahre 1750-1825 und von der Traukartei der Teil für die Jahre 1750-1789 in Verlust geraten waren. “Über den Verbleib konnte nichts ermittelt werden.”
Im GStA PK wurde der erhaltene Bestand wieder benutzbar gestellt, neu signiert (mit durchlaufenden Nummern) und durch das schon erwähnte Findbuch erschlossen. Die nachstehenden Erläuterungen beziehen sich also nur auf die Taufkartei 1826-1874, die Traukartei 1790-1874 und wenige Sonderbände.

III. System
a. Die Taufkartei (mit Wohnanschriften)
Um die sehr große Anzahl besser handhaben zu können, war von vornherein geplant, mehrere – immer noch umfangreiche – Abteilungen anzulegen. Diese wurden jeweils gesondert erarbeitet, und in jeder für sich sind die Karten lexikalisch geordnet. Der Beginn mit dem Jahr 1826 ist nach einer Schätzung des voraussichtlichen Umfangs, nicht mit einem historischen Bezug festgelegt worden.
Die Aufteilung der Taufkartei in zwei Abteilungen geschah nach dem Geschlecht des Täuflings. Demnach gibt es eine “männliche Reihe” (Kapseln Nr. 1-229) und eine “weibliche Reihe” (230-420). Jede Kapsel enthält die Taufkarten von allen beteiligten Gemeinden für einen kleinen Ausschnitt aus der alphabetisch geordneten Gesamtreihe. Das Findbuch gibt für jede Kapsel neben der Nummer die ersten Buchstaben des ersten und des letzten Familiennamens an.
Um die Kinder einer bestimmten Familie vollständig zu erfassen, muß man in beiden Reihen nachsehen. Für Familie Grode zum Beispiel sind die Söhne in 61 Grig-Gron, die Töchter in 284 Grig-Gron zu finden.
Bei gleichen Familiennamen sind die Karten chronologisch, nicht nach Familienzugehörigkeit geordnet. Die Kinder aus verschiedenen Familien gleichen Namens können also abwechselnd auftreten.
Eine Besonderheit der Taufkartei ist die regelmäßig eingetragene Wohnanschrift der Familie. Daß die angegebene Straße zum Einzugsbereich der auf dem Vordruck genannten Kirchengemeinde gehört, ist damit aber noch nicht erwiesen.

b. Die Traukartei (mit Einschränkungen)
Auch in dieser gibt es eine “männliche Reihe” (421-538a) und eine “weibliche Reihe” (539-654). Diese sind aber ganz anders zustande gekommen und haben eine grundsätzlich andere Bedeutung als die der Taufkartei.
Für den Familienforscher ist der Geburtsname der Braut von gleicher Wichtigkeit wie der später gemeinsame Familienname; er sollte daher ebenso leicht aufzufinden sein. So waren für jede Trauung zwei gleichlautende Karten auszuschreiben. Die eine Karte trägt rechts oben die Anfangsbuchstaben des gemeinsamen Ehenamens und wird danach in die “männliche Reihe” eingeordnet. Die Zweitschrift erhält rechts oben die Anfangsbuchstaben des Geburtsnamens der Braut und wird dementsprechend in die “weibliche Reihe” eingeordnet. Die Gesamtzahl aller geschehenen Trauungen ist also halb so hoch wie die Anzahl aller Traukarten, während die Taufkartei ebenso viele Karten enthält, wie Taufen stattgefunden haben.
Folgende wichtige Einschränkung ist zu beachten: Bei mehreren Stichproben ergab sich, daß die beiden Karten derselben Trauung in keinem Falle in genau gleichem Umfange ausgefüllt sind, obwohl die Eintragungen, nach der Handschrift beurteilt, von demselben Schreiber stammen. Es gibt zwar keine Widersprüche, aber stets fehlen auf der “weiblichen” Karte Eintragungen (wenn auch nur weniger wichtige), die die “männliche” aufweist. Daher ist zu vermuten, daß die Schreiber eine entsprechende Anweisung erhalten hatten, die freilich gut zu begründen wäre. Dem Benutzer ist also zu empfehlen, zusätzlich zu der “weiblichen” möglichst auch die “männliche” Karte einzusehen, wofür man dann allerdings eine andere Kapsel anfordern muß.
Bei einer Stichprobe war zu der vorhandenen “männlichen” Karte das “weibliche” Duplikat nicht zu finden. Die Größe der Lücke innerhalb der alphabetischen Folge läßt darauf schließen, daß hier mehrere aufeinanderfolgende Karten verloren sind. Mit Lücken muß also gerechnet werden. Die alphabetische Einordnung ist allgemein sorgfältig vorgenommen worden; sehr selten kommen Ausnahmen vor.

IV. Kirchenbücher
So hilfreich die KKK auch sein mag – einige Wünsche kann sie nicht befriedigen. Oft wird man an den Namen der Taufpaten interessiert sein, auch ist die Bedeutung bestimmter Zeichen oder Abkürzungen nicht immer sicher erkennbar.

V. Sondergruppen (und das Ende)

Die Militär-Gemeinden hatten ihre Bücher nicht zur Verkartung gegeben. Diese liegen heute im GStA PK Hauptabteilung VIII.

Auch die römisch-katholischen Unterlagen wurden nicht erfaßt.

Die “Fremdstämmigen”, also vor allem Juden, vermutlich auch Zigeuner, waren von staatlichen Stellen erfaßt. Das “Judenregister” wurde über das Stadtarchiv oder das Amtsgericht der Kirchenbuchstelle zur Verkartung übergeben. Die Formulare weisen links oben den entsprechenden Vordruck auf oder sind handschriftlich korrigiert.
In Einzelfällen erscheint auf einer Karte in den Bänden 1-654 der zusätzliche Vermerk “fremdstämmig”, zuweilen auch “œ Jude”. Im wesentlichen aber sollten die Karten der “Fremdstämmigen” offenbar in den nachfolgenden Kapseln abgesondert untergebracht werden. Das Ergebnis, so wie es uns heute vorliegt, ist jedoch so unvollständig, unübersichtlich und mit Fehlern behaftet, daß dieser Teil der Kartei (655-661) nur sehr eingeschränkt nutzbar ist.
Die Bände 655-657 enthalten Daten über Juden, die in der Zeit von 1719 (?) bis 1934 in einer evangelischen Kirchengemeinde getauft wurden. Die Trennung in eine “männliche” und eine “weibliche” Linie ist angesetzt, aber nicht konsequent durchgeführt worden. Die Ordnung nach dem Alphabet läßt erkennen, daß große Gruppen von Karten verlorengegangen sind.
Die Bände 658-661 enthalten Trauungen (auch kirchliche), an denen Juden beteiligt waren. In der “männlichen” Reihe fehlen große Teile. Die Einordnung war zunächst gelungen; jedoch sind ganze Gruppen von Karten an eine falsche Stelle gelegt worden.

Der Unterschied gegenüber dem sorgfältig gestalteten Hauptteil der KKK ist so kraß, daß er ganz außerordentliche Ursachen gehabt haben muß. Diese sind für uns schnell zu erkennen:
Es gibt einige Gründe für die Annahme, daß dieser letzte Teil erst etwa 1942 in Angriff genommen wurde, als die Arbeitsbedingungen sich rapide verschlechterten. “Aus den Akten des Reichssippenamts geht hervor, daß die Kartei in den Kriegsjahren wegen Personalmangels nur mit Mühe fertiggestellt wurde.” Die Kirchenbuchstelle hatte Ende März 1944 ihren Sitz verlegt in das Staatsarchiv am Hansaring 31. Ende August richteten britische Bomber durch zwei Angriffe schwerste Zerstörungen an und lösten damit allgemeines Chaos aus. Effektive Arbeit ist da nicht mehr vorstellbar. Inmitten allgemeiner Verzweiflung mag ein Mitarbeiter, um wenigstens das Vorhandene zu retten, in Panik einige noch frei liegende Kartengruppen schnell irgendwie eingeheftet haben. So finden wir sie heute vor – ein wohlbehütetes Zeugnis vom Untergang einer Stadt wie auch vom Scheitern eines Versuches, Mitmenschen auszugrenzen.

KKK und Kirchenbücher gehören zur Hauptabteilung VIII des GStA PK, lagern im Hauptgebäude und können nach schriftlicher Bestellung mit Hilfe der Findbücher spätestens am nächstfolgenden Arbeitstag zur Einsicht vorgelegt werden.