Klein Borken (bei Rössel) wo?

Hallo Frau Schwunk!

in einer alten Urkunde (von 1426) ist als Ort „Klein Borken (bei Rössel)“
angegeben.

Weiß jemand, wo dieser Ort liegt/lag bzw. wie die heutige Bezeichnung ist?

Leider fand ich in der angegebenen Region nur ein Borken nördlich von
Rastenburg.

Dieses Borken schließe ich jedoch aus, weil man sonst wohl „Borken bei
Rastenburg“ geschrieben hätte.

Bei der "alten Urkunde" beziehen Sie sich sicherlich auf den "Codex Diplomaticus Warmiensis" Band IV, wo die Urkunde in dem 1906 erschienenen Teil unter Nummer 117 auf den Seiten 172-173 abgedruckt ist. Der Zusatz "(bei Rössel)" stammt sicher von den damaligen Herausgebern (Victor Röhrich und Franz Liedtke) - denn die Urkunde selbst lokalisiert den Ort nicht weiter - und soll sicher keine direkte Ortsidentifizierung sein, sondern nur eine relative Lageangabe darstellen, die allerdings aus der Urkunde geschlussfolgert worden ist: Denn die Urkunde wurde auf dem Gut Klein Borken ausgestellt, und als Zeugen waren der Pfarrer und der Bürgermeister von Rößel zugegen. Da diese wegen ihrer Zeugenschaft nicht extra eine weite Reise gemacht haben werden, liegt es nahe zu vermuten, dass Klein Borken ziemlich nah an Rößel lag. Eine direkte Identifizierung ist das nicht, zumal es sich auch um einen später eingegangenen Ort handeln könnte.
Einer der Herausgeber, Röhrich, hat sich später zu dieser Urkunde genauer geäußert, und zwar in einer der Fortsetzungen seiner "Die Kolonisation des Ermlandes", genauer: in Band 19 der "Zeitschrift für die Geschichte und Altertumskunde Ermlands" von 1916 auf Seite 210. Er schreibt dort von dem "Gut Klein Borken bei Rastenburg".
Verwirrung erzeugt leider Hans Schmauch, der 1935 den letzten Teil des "Codex" samt Register herausgegeben hat und in diesem Klein Borken als "Gut, Ortsteil i. Dorf Gr. Borken, Kr. Ortelsburg" identifiziert.
Ich kann jetzt nur vermuten, dass Schmauch sich dabei von der 1785 erschienenen "Topographie von Ostpreußen" von Johann Friedrich Goldbeck leiten ließ, worin die beiden Borken folgendermaßen beschrieben sind (S. 20):
Borken, Adel. Gut, Justizkreis Angerburg, Hauptamt Rastenburg, eingepfarrt zu Rastenburg
Borken poln. Borky, Adel. Gut, nebst einem adel. Neusaaß klein Borken, Landräthlicher Kreis Neidenburg, Justizkreis Neidenburg, Hauptamt Ortelsburg, eingepfarrt zu Kobulten.
Goldbeck nennt nur dieses eine Klein Borken, und mit diesem hat Schmauch den Ort von 1426 identifiziert. Dieses Klein Borken liegt aber, obwohl in der Nordspitze des Kreises Ortelsburg an der Grenze zum Kreis Rößel bei Bischofsburg gelegen, deutlich weiter von Rößel entfernt als das Gut Borken im Kirchspiel Rastenburg.
Wenn ich die Anmerkung 2 des Herausgebers Karl Lohmeyer auf Seite 40 von "Kaspars von Nostitz Haushaltungsbuch des Fürstenthums Preussen 1578" (Leipzig 1893) richtig interpretiere, ist das Borken im Kreis Ortelsburg ohnehin erst 1562 gegründet worden, kann mit dem 1426 erwähnten also gar nicht identisch sein.
So bleibt nur das Problem, dass für das Borken im Kreis Rastenburg der Name "Klein Borken" bislang nicht belegbar ist.

Viele Grüße

Carsten Fecker

Hallo Herr Fecker,

vielen Dank für die umfassende Ausführung.
Auf Klein Borken und die Familie Tolk bin ich gekommen, weil ich nach dem
Ort (der Gegend) Valkenhayn suche, das wohl in Burschönen umbenannt wurde.
Nitsch Tolkyn verschrieb einige Hufen "im Valkenhayn" dem Augustiner Kloster
und in
einer späteren Urkunde der Fam. Tolk von 1490 taucht Burschönen (Valkenhayn)
auf.

Ich hatte gefühlsmäßig darauf getippt, dass Klein Borken bei Tolksdorf
liegen könnte,
aber das wird wohl nicht mehr heraus zu bekommen sein.

Nichts desto trotz werde ich mir an diesem Wochenende die Gegend dort
genauer ansehen
und bin auch sehr auf die alte Tolksdorfer Kirche gespannt.

Herzliche Grüße
Ulrike (Schwunk)