Kirchvater?

In einer eMail vom 24.02.2004 11:06:00 Westeuropäische Normalzeit schreibt
nc-schoetol@netcologne.de:

was für ein Beruf/Stand war das Kirchvater oder was bedeutet es?

Hallo Olli, einige Erklärungen die über die Liste gingen:
Kirchenvater: Kirch(en)vater; Erklärung: gewählter oder eingesetzter und
vereidigter Gemeindeangehöriger, der im Einvernehmen mit dem Pfarrer kirchliche
Verwaltungsaufgaben wahrnimmt; (aus:
http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~cd2/drw/a /K147.htm #KIRCHVATER).
Kirchvater" war nicht etwa bloß ein Ehrentitel, sondern ein Amt. Es besaß
(nicht nur in Schlesien) eine doppelte Überlieferung und eine doppelte Bedeutung
(1): Zum einen war der Kirchvater "Kirchendiener", "Meßdiener" oder einfach
"Klingelbeutelträger". Als solcher wurde er, dessen Tätigkeit sich für den
gewöhnlichen Kirchgänger im Herumtragen des Klingelbeutels (des sogenannten
"Kirchvatersäckels") erschöpfte, denn auch von der Mehrzahl der Gemeindeglieder
angesehen (2). Zum anderen aber waren mit dem Amte des Kirchvaters seit alters
Aufgaben verbunden, die nach Einführung der Presbyterialverfassung (3) den
"Kirchenvorständen" oblagen: "Kirchen-Vorsteher / sind diejenigen Personen / denen
die Aufsicht des Gottes-Kastens und derer Kirchen-Güter anvertrauet ist / sollen
gottsfürchtig gewissenhafft und mit unbeweglichen Gütern angemessen seyn …
und … wird ihr Amt überhaupt darinne gesetzt / daß sie die Kirchen-Güter
verwalten / über selbige ein Inventarium machen / und Rechnung halten / die
Kirchen-Schulden eintreiben / die Gelder ausleihen / und alle anderen Verrichtungen zum
Nutzen der Kirche mit besondern Fleiße einrichten sollen. Dahero nennet man
sie auch Kirch-Väter / Kirch-Pfleger / Gotteshaus-Pfleger / Kirchen-Geschworne
/ Juraten / Kasten Voigte / Kasten-Vorsteher / u.s.w." (4). Bis zur Mitte des
neunzehnten Jahrhunderts wurden die Kirchväter von den jeweiligen Patronen
einer jeden Kirche, also in Klein Ellguth [meinem Heimatdorf] von den Herzögen
von Braunschweig-Oels, ernannt (5). Eine Vorform des von der Kirchgemeinde
gewählten Presbyteriums waren die "Kirch-Collegs". Das Klein Ellguther Kirch-Colleg
bestand (in dem Jahre 1848) aus dem Pastor, einem Kirchenvorsteher und zwei
Kirchvätern (6). Die Einführung einer neuen kirchlichen Gemeindeordnung durch
die Könige von Preußen als Träger des landesherrlichen Kirchenregiments in den
Jahren 1850 bis 1873 bedeutete dann den Sieg der presbyterialen Idee: Die
Patronate blieben zwar vorerst bestehen; von nun an durfte der Patron aber nur
noch den "Kirchen-Vorsteher" bestimmen, während die übrigen
"Gemeinde-Kirchenräte" von der Gemeinde gewählt wurden (7). [Mein Vorfahr] Ferdinand Fischer der
Mittlere, der bei der Einführung in sein Amt "vor Gott und dieser Gemeinde"
gelobt hatte, seines ihm "befohlenen Dienstes sorgfältig und treu, dem Worte
Gottes, den Ordnungen der Kirche und dieser Gemeinde gemäß, zu warten, und
gewissenhaft darauf zu achten, daß Alles ordentlich und ehrlich in der Gemeinde zugehe
zu deren Besserung" (8), wurde von den Klein Ellguther, Kritschener und
Kaltvorwerker "Kirchkindern" (9) seit Menschengedenken bis zu seinem seligen Ende
immer nur "der Kirchvater" genannt - obwohl es doch diese Bezeichnung
spätestens seit 1873 offiziell nicht mehr gab.
gleichzeitig. Sie verwalteten das Kirchenvermögen, aber auch Witwen- und
Waisengelder. Sie liehen das Geld gegen Zinsen aus. Auch die Kirch-Instandhaltung
gehörte zu ihren Aufgaben. Diesen Posten konnten nur wohl situierte Bauern oder
Kretschmer bekleiden, denn sie mussten geschäftstüchtig bzw. -fähig und
kreditwürdig sein. Also ein wichtiges Ehrenamt.

Mit freundlichen Grüßen aus Kerpen

Rudolf Andermann

Suche im Bereich des früheren Kreis Münsterberg, der dann
in die Kreise Frankenstein und Strehlen aufging:

ANDERMANN, Anton Joseph Florian geb. 1812 in Frömsdorf,
WEINERT, Anton wohnte 1887 in Deutsch-Neudorf,
JAHN, Johanna verheiratete Weinert geb. ?