Liebe Listis,
auf meine Frage an das Bischöfliche Offizialatsarchiv in Vechta, ob nicht
zumindest bei den Sterbedaten auch jüngere Daten "herausgerückt" werden
könnten, erhielt ich folgende Antwort, die ich allen Interessierten zur
Information zukommen lassen möchte:
*Sehr geehrter Herr Dr. Mählmann,*
*was die Sperrfristen für die Kirchenbücher betrifft, so sind wir an die
Verordnung der deutschen Bischöfe über die "Sicherung und Nutzung von
Pfarrmatrikeln (Kirchenbücher)" gebunden und müssen die dort gemachten
Nutzungsbeschränkungen strikt einhalten. Diese Verordnung wurde unter dem
17. Juni 2008 auch im Bistum Münster in Kraft gesetzt. Ich muss und werde
mich daran halten. Zur Erläuterung der Sperrfristen sei Folgendes
mitgeteilt: Die Sperrfristen für personenbezogenes Archivgut leiten sich ab
von der 1988 in allen deutschen Diözesen in Kraft gesetzten "Anordnung über
die Sicherung und Nutzung der Archive der Katholischen Kirche". Dieses zur
Regelung des kirchlichen Archivwesens grundlegende Gesetz bestimmt, dass
"Archivgut, dessen Schlussdatum weniger als 40 Jahre zurückliegt",
grundsätzlich von einer Nutzung durch Dritte ausgeschlossen ist. Darüber
hinaus werden für personenbezogene Archivalien besondere
Sperrfristengenannt, nämlich 120 Jahre nach Geburt der betroffenen
Person und 30 Jahre
nach Tod der betroffenen Person. Die 30-Jahre-Frist kommt aber wegen
der grundsätzlichen
Sperrfrist für kirchliches Archivgut (40 Jahre) nicht zur Geltung. Bei der
im Jahr 2008 erfolgten Festlegung der Sperrfristen für die
Kirchenbuchnutzung wurde darauf Bezug genommen und bestimmt, dass die
Sperrfristen für Taufbücher 120 Jahre, für Trauungsbücher 100 Jahre und für
Sterbebücher 40 Jahre betragen sollen. Bei der Sperrfrist für Trauungsbücher
geht man davon aus, dass die Brautleute bei der Eheschließung mindestens
etwa 20 Jahre alt sind, sodass der 120-Jahre-Frist für Taufbücher Rechnung
getragen wäre. Zu den Sterbebüchern ist zu sagen: Da sie auch nach Ablauf
der Sperrfrist von 40 Jahren noch schützenswerte Angaben über Dritte
enthalten können, dürfen Bände, deren Schlussdatum mindestens 40, aber
weniger als 100 Jahre beträgt, nicht einem Benutzer vorgelegt werden,
sondern das Archiv soll auf Anfrage schriftliche Auskunft erteilen. Das ist
die Gesetzeslage, sie ist für unser archivisches Handeln ausschlaggebend und
kann von mir nicht außer Acht gelassen werden. Konkret bedeutet dies im Fall
der neu zu digitalisierenden Kirchenbuchdaten von Lohne: Wir werden dem
Forscher per Vertrag Taufeinträge zur Verfügung stellen, die 120 Jahre und
älter sind, Trauungsdaten, die 100 Jahre und älter sind, und Sterbefälle,
die ebenfalls mindestens 100 Jahre alt sind.*
*Wir werden bei der Neudigitalisierung der Lohner Kirchenbücher
selbstverständlich FarbscansWasserzeichens muss ich zugestehen, dass bei dem
schematischen Durchlauf, wie Herr Bohlke dies aus Zeitgründen bislang
gemacht hat, das Ergebnis nicht immer zufriedenstellend ausgefallen ist. Da
müssen wir sicher nachbessern und in Zukunft darauf achten, dass kein
Textverlust erfolgt. Aber auf eine Kennzeichnung der Scans mit Wasserzeichen
können wir aus Gründen der Datensicherung nicht verzichten.* herstellen, und
zwar in der höchst möglichen Auflösung. Hinsichtlich des
*Mit freundlichen Grüßen*
*W. Baumann, Archivleitung BMO zu Vechta *
Das Bundesinnenministerium gibt folgendes bekannt:
*Zu Ihrer Anfrage kann ich Folgendes mitteilen:
Die Benutzung der Personenstandsbücher unterliegt nicht den allgemeinen
datenschutzrechtlichen Bestimmungen, sondern den im Personenstandsgesetz
(PStG) enthaltenen spezialrechtlichen Normen und ist hier in § 61
(http://bundesrecht.juris.de/persstdg/__61.html) geregelt. Danach gibt es
verschiedene Formen der Benutzung, nämlich die Einsicht und Durchsicht der
Personenstandsbücher, die Erteilung von Personenstandsurkunden sowie die
Auskunft über einzelne Angaben eines Personenstandseintrags. Nach geltendem
Recht kann die Benutzung der Personenstandsbücher nur von Behörden im Rahmen
ihrer Zuständigkeit und von Personen, auf die sich der Eintrag bezieht,
sowie
von deren Ehegatten, Vorfahren und Abkömmlingen verlangt werden. Anderen
Personen ist die Benutzung der Personenstandsbücher nur möglich, wenn sie
ein
rechtliches Interesse glaubhaft machen können. Dieses liegt nur dann vor,
wenn die Kenntnis der Personenstandsdaten eines anderen zur Verfolgung von
eigenen Rechten oder zur Abwehr von Ansprüchen Dritter erforderlich ist. Ein
rechtliches Interesse setzt demnach ein bereits bestehendes Recht voraus,
das
ohne die erstrebte Handlung in seinem Bestand gefährdet würde.
Diese stark eingeschränkten Möglichkeiten der Benutzung der
Personenstandsbücher sind in der Vergangenheit häufig Kritik von
verschiedener Seite begegnet. Die Neuregelung der Benutzungsmöglichkeiten
war
daher wesentlicher Bestandteil des Personenstandsrechtsreformgese* *tzes,
das
am
23. Februar 2007 verkündet (BGBl. I S. 122 ) wurde und am 1. Januar 2009 in
Kraft treten wird.
Die neuen Regelungen beschränken zum einen die standesamtliche Fortführung
der Personenstandsbücher und sehen vor, sie den zuständigen öffentlichen
Archiven zur Aufbewahrung anzubieten, wenn seit der Geburt des Betroffenen
110 Jahre, seit der Eheschließung 80 Jahre und seit dem Tod 30 Jahre
vergangen sind. Die Benutzung der Personenstandsbücher unterliegt dann nicht
mehr den strengen Bestimmungen des Personenstandsrechts sondern wird nach
den
Vorgaben des jeweiligen Landesarchivrechts möglich sein. Zum anderen genügt
nach den Neuregelungen die Angabe eines berechtigten Interesses - hierzu
zählt auch ein privates Forschungsvorhaben -, wenn seit dem Tod des zuletzt
verstorbenen Beteiligten 30 Jahre vergangen sind. Beteiligte sind beim
Geburtenregister die Eltern und das Kind, beim Eheregister die Ehegatten.
Die
neuen Regelungen werden Ihnen somit in vielen Fällen den Zugang zu den
gewünschten Daten ermöglichen.
Darüber hinaus regelt das Gesetz erstmals auch die Benutzung der
Personenstandsregister für wissenschaftliche Zwecke. Hier wird jedoch
vorausgesetzt, dass das Forschungsvorhaben von einer Hochschule, einer
anderen Einrichtung, die wissenschaftliche Forschung betreibt, oder einer
öffentlichen Stelle betrieben wird.
Eine darüber hinausgehende weitere Lockerung der ausschließlich dem
Persönlichkeitsschutz dienenden Regelungen mit dem Ziel, künftig jeder
Person
den Zugang zu den Personenstandsbüchern zu ermöglichen, war jedoch
ausgeschlossen. Der Persönlichkeitsschutz jedes einzelnen, der auch in
anderen engeren spezialgesetzlichen Schutzvorschriften wie dem
Adoptionsgeheimnis und dem Offenbarungsverbot im Transsexuellenrecht zum
Ausdruck kommt, ist höher zu bewerten als das berechtigte Interesse anderer
oder der Öffentlichkeit an der Kenntnis seiner Personenstandsdaten.
Abschließend weise ich darauf hin, dass die Ausführung der
personenstandsrechtlichen Vorschriften nach Artikel 83 des Grundgesetzes den
Ländern als eigene Angelegenheit obliegt und es der Bundesregierung im
Hinblick auf diese verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung verwehrt ist,
im
Einzelfall auf die Amtshandlung eines Standesbeamten oder einer kommunalen
Verwaltungsbehörde Einfluss zu nehmen oder sie rechtlich zu bewerten.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen weitergeholfen zu haben und
verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Carola Ruppelt
Bundesministerium des Innern
Referat O 3 - Bürgerservice
Fax: 030/ 18 681 51991
E-Mail: buergerservice@bmi.bund.de*
Viele Grüsse
Josef Mählmann
(leitet den Arbeitskreis Kirchenbuchverkartung und sucht hierfür noch
weitere Willige)
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