Von Detlef K�hn (1972 bis 1991 Pr�sident
des Gesamtdeutschen Instituts in Bonn) in "Junge Freiheit" 21.9.01
Anfang dieser Woche reiste der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,
Kardinal Lehmann,
zu seinen Glaubensbr�dern nach Polen. In seinem Gep�ck befand sich ein
wertvolles Gastgeschenk -
ein Vertrag, den sein Gastgeber, der polnische Kardinalprimas Glemp, gern
unterschreiben wird. Danach
werden demn�chst 3.661 Kirchenb�cher ehemals deutscher katholischer
Gemeinden vorwiegend in Ost- und Westpreu�en, die bei Kriegsende in den
Westen Deutschlands gelangt waren und sich bislang im Bisch�flichen
Zentralarchiv in Regensburg befanden, der Republik Polen �berlassen und in
Zukunft in den Archiven der (Erz-)
Bist�mer Allenstein und Elbing, Danzig, Gnesen, Lyck, Pelpin,
Stettin-Kammin, Thorn, Leslau und Plock zu
suchen und, so Gott will, auch zu finden sein.
Die Aktion ist von der Kirche und dem offenbar informiert gewesenen
Kulturstaatsminister Nida-R�melin als "geheime Kommandosache" vorbereitet
worden. Erst eine Woche vor der Reise Lehmanns erschien im Trierer
Bistumsblatt Paulinus eine Kurzmeldung, die allerdings wegen der Terrorakte
in New York und Washington
keine Beachtung fand. Ansonsten wurden �ber das Vorhaben weder die deutsche
�ffentlichkeit noch insbesondere die betroffenen Vertriebenenverb�nde und
genealogischen Vereine unterrichtet. Im Gegenteil -
nur zwei Wochen vorher wurde der Direktor des Brandenburgischen
Landeshauptarchivs in Potsdam, Klaus Neitmann, von wem auch immer dazu
mi�braucht, eine - wie jetzt deutlich wird - falsche F�hrte zu legen.
In einem Artikel in der Kulturpolitischen Korrespondenz des Ostdeutschen
Kulturrats vom 30.August 2001 �ber deutsch-polnische Archivalienprobleme
erkl�rte der offenbar gutgl�ubige Experte, "selbst Polen hat den
Bezug der Archivalien auf die deutsche Bev�lkerung wenigstens in einem Punkt
anerkannt, indem es nicht mehr
die Abgabe der evangelischen und katholischen Kirchenb�cher verlangt - hier
ist allzu deutlich, da� die Nachfahren der darin aufgef�hrten Personen nicht
mehr in ihren Heimatorten �stlich von Oder und Nei�e leben,
sondern ihre Existenz in den deutschen Nachkriegsgrenzen haben aufbauen
m�ssen." Zu dieser Zeit mu� schon verabredet gewesen sein, da� die
strittigen Kirchenb�cher doch nach Polen kommen, zwar nicht in staatliche,
aber in kirchliche Archive, was f�r die Deutschen kaum einen Unterschied
macht.
F�r viele Heimatvertriebene und ihre Nachkommen ist die Entscheidung der
Deutschen Bischofskonferenz eine Katastrophe. Kirchenb�cher sind
unbestritten von gro�er Bedeutung f�r Familienforscher, Nachla�gerichte und
viele sozialgeschichtliche Fragestellungen. Dar�ber hinaus sind sie aber
auch, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt, gerade f�r Vetriebene
"bis heute die Nabelschnur, die sie mit ihren Vorfahren in der fernen Heimat
verbindet." F�r die dort jetzt lebenden Polen, die erst nach 1945
angesiedelt wurden, haben die Kirchenb�cher die emotionale Bedeutung
naturgem�� nicht. Sie k�nnten sich, wenn sie historisch interessiert
sind, ohne Probleme mit Verfilmungen behelfen, wie es nun von den Deutschen
verlangt wird. Warum legt die
polnische Seite �berhaupt Wert auf Kirchenb�cher? Neben kaum
nachzuvollziehenden kirchenrechtlichen
Begr�ndungen ("Die einen werden vertrieben, andere kommen, die Kirche
bleibt. Und mit der Kirche auch die
Kirchenb�cher. So ist es recht", beschreibt die FAZ die Meinung kirchlicher
W�rdentr�ger), geht es auch um die M�glichkeit, mit Ausk�nften aus den
Kirchenb�chern Deviseneinnahmen zu erzielen. Auch die polnische
Kirche hat halt immer noch einen gro�en Magen. Die Entscheidung der
Deutschen Bischofskonferenz entspricht
dagegen in ihrer masochistischen W�rdelosigkeit einem Zeitgeist, gegen den
sich die katholische Kirche in anderen F�llen mit guten Gr�nden wendet. F�r
Bem�hungen Deutschlands, falls sie �berhaupt noch unternommen werden, in
Polen und Ru�land die R�ckgabe deutscher Kulturg�ter zu erreichen, ist sie
ein b�ses
Omen. Vorleistungen dieser Art werden nie honoriert, sondern f�hren nur zu
weiteren Forderungen an die offenkundig einf�ltigen Deutschen.