Liebe Liste,
auch ich m�chte mich f�r Eure Hilfe bedanken und allen ein besinnliches Weihnachtsfest und ein gesundes virenfreies Neujahr w�nschen.
Anbei eine Weihnachtserz�hlung des oberschlesischen, aus Lowkowitz stammenden Heimatschriftstellers Victor Kaluza (1896 - 1974).
Ich suche immer noch u.a. nach DZIERZON, GWIZDEK, PADUSCHEK und KALUZA.
Viele Gr��e
Ursula Nordhorn
"Der Bajonettstich
Von Victor Kaluza
Vierzehn war's.
Der Infanterist Gwisdek aus Zaborze, Brojastra�e, hatte die Russen gejagt von Kolo nach Solo, von Konin nach Wronin oder wie die Nester dort damals hie�en, hatte sie gejagt, bis er bei Lodz die Ruhr bekam und sich den Einmarsch in Warschau verkneifen und nazod z pyskiem in Richtung Heimat verfrachten lassen mu�te, ja.
So war er nach Moabit ins Lazarett gekommen, ins Reservelazarett Meierei Bolle. Es weihnachtete schon sehr und die Berliner kamen auf die Stube, sangen "O du fr�hliche" oder "O Tannenbaum" und legten Gwisdek etwas aufs Nachttischchen. Wollene Socken, �lsardinen, Ohrensch�tzer, Zigarren, Apfelsinen, F�ustlinge, Selbstgebackenes, das t�rmte sich zu einem Berge, und die Schwester sagte: "Kamerad Gwisdek, machen Sie, da� Sie gesund werden, denn eher d�rfen Sie davon nicht kosten".
Nun, die Pfefferk�chel reizen ihn nicht, eher schon diese Fischlein in �l, doch er konnte sich beherrschen, und �berhaupt, was das Gesundwerden betraf, so dachte er nicht daran, es unn�tig zu beschleunigen. Denn dieser Feldzug, das ist kein Schnellzug! sagte er sich. Lodz gen�gte ihm und auf weiteres war er nicht erpicht.
So kam der Heilige Abend heran und jeder Berliner wollte einen Feldgrauen unterm Christbaum haben. Ja, so waren damals die Leute. Sie erschienen im Lazarett, suchten sich einen aus und nahmen ihn einfach mit. Im Nu waren die "Heimatsch�sse" vergriffen und nur Gwisdek �brig geblieben, der Infanterist Gwisdek aus Zaborze. Brojastra�e, bei Bolle eingeliefert auf Ruhr.
Na, wenn nich, da nich! dachte er und wollte sich �ber seine �lsardinen hermachen, als die Schwester eintrat und sagte: "Wir brauchen dringend noch einen Verwundeten. F�r die Familie eines Gro�kaufmanns. Das Auto steht schon vor der T�r. Aber ein Verwundeter mu� es sein, was anderes nehmen die Leute nicht."
"Und mit Ruhr ist nichts zu machen?" fragte Gwisdek.
"Ruhr, vor dem Feinde geholt, ist nat�rlich genau so ehrenvoll wie eine Schrapnellkugel oder ein Bajonettstich", versuchte die Schwester die Dysenterie aufzuwerten.
Pl�tzlich erhellte sich Gwisdeks Gesicht.
"Urbin, ich hab's!" rief er, "Schwester, ich wei� mit was ich geh. Ich geh mit Bajonettstich."
Das war ein Gedanke. "Machen Sie sich fertig", sagte die Schwester.
"Jawoll", sagte Gwisdek, knallte die Hacken zusammen und machte sich fertig. Diese Berliner, sollten sie haben, was sie haben wollten.
Aber als er im Auto sa� und in den Polstern versank, da� sein Hals kurz und k�rzer wurde, bekam er Bedenken. Wenn sie dich fragen, Gwisdek, dich fragen und die Wunde sehen wollen? Was wirst du ihnen antworten und was zeigen, was? Am liebsten w�re er unter einem Vorwand wieder ausgestiegen und zu seinen Fischlein in �l zur�ckgekehrt, da hielt das Auto, der Livrierte ri� die T�r auf und f�hrte ihn ins Haus. Die Kerzen brannten schon am Christbaum, als Gwisdek den festlichen Raum betrat, wo sich die ganze Familie zu seinem Empfang versammelt hatte.
"Infanterist Gwisdek aus Zaborze, Brojastra�e," meldete er in strammer Haltung.
"Ehrt uns!" sagte der Hausherr und geleitete ihn auf seinen Platz. Die Feier begann.
Sie begann mit "O du fr�hliche" und "O Tannenbaum", das die zwei T�chter mit Klavierbegleitung sangen. Dann bekam jeder sein Angebinde. Mit feuchten Augen betrachtete Gwisdek seine mit Tannengr�n besteckten mausgrauen Kniew�rmer, die mit allerlei Schachteln und B�chsen gef�llt waren.
Man setzte sich zu Tisch.
Hanfsuppe? Gab's keine."
Quelle "Kreuzburger Nachrichten" Dezember 1971