Inger Buchhard gesucht

Hallo Inger Buchard,

auf der Liste der Genealogischen Gesellschaft Hamburg kam es zu der Frage, wie Dänemark aus aktuellem Anlass (Rassismus) mit der Geschichte des u. a. Sklavenhalters und -aufkäufers Heinrich Carl von Schimmelmann, sehr engagiert in der Politik Dänemarks, umgeht?

„Politiker und Berater
1761 trat er als Kommerzintendant und Gesandter bei den Hansestädten in dänische Dienste. Im selben Jahr erwarb er Schloss Lindenborg bei Aalborg in Nordjütland. Im Dezember 1762 kam es zur Gründung eines königlichen Beratergremiums für Steuer- und Finanzierungsfragen, dem Schimmelmann bis zu seinem Tode angehörte. Im Frühjahr 1774 übernahm er den Vorsitz einer Kanalkommission, die den Bau des Eiderkanalsbetreiben sollte.„

„ Schimmelmann erhielt eine Reihe von Auszeichnungen: Am 17. April 1762 wurde ihm der Dannebrogorden, am 16. November 1773 der Elephanten-Orden von Christian VII. und im Jahr 1775 das Großkreuz des Dannebrog-Ordens verliehen. Schimmelmann wurde am 17. April 1762 zunächst in den dänischen Freiherren- und am 9. April 1779 in den dänischen Grafenstand erhoben. Sein vollständiger Name war Heinrich Carl Graf von Schimmelmann, Graf zu Lindenborg, Herr auf Ahrensburg und Wandsbek.„

Ich wäre Dir sehr zu Dank verpflichtet, dazu etwas zu sagen, was ich dann der Mailingliste in Hamburg weitergeben darf.
Hab vielen Dank
Grüße
Klaus (Riecken)

Hallo Klaus

Nun bin ich ja keine Historikerin, und möchte auch nicht als solche zitiert werden

Aber ohne diese Schimmelmann-Familie wäre Dänemark Ende des 18. Jh. nicht so modern gewesen wie es bis zu den Englandskriegen war:
Aus dem Lexikon 'Danmarkshistorien' der Uni Aarhus:
https://danmarkshistorien.dk/leksikon-og-kilder/vis/materiale/ernst-schimmelmann-1747-1831/
Der Sohn des Heinrich Carl von Schimmelmann
Ernst Schimmelmann, 1747-1831
I 1773 fik Schimmelmann plads i Kommercekollegiet, og i 1782 blev han udnævnt til kommerceminister. I 1785 fik han titlen finansminister, og han blev medlem af Statsrådet i 1788. Efter kuppet mod Ove Guldberg i 1784 var Schimmelmann sammen med A. P. Bernstorff og C. D. Reventlow en del af den absolutte magtelite i Danmark, og han stod bl.a. bag den succesfulde neutralitetspolitik, som betød, at danske skibe kunne overtage de krigsførende nationers vareladninger. Han var tilhænger af tidens liberale strømninger og prøvede forgæves at afskaffe monopolhandelen på Grønland. Han var også ophavsmand til den liberale toldlov fra 1797.
=> 1773 bekam Schimmelmann Platz im Kommerz-Kollegium, 1782 wurde er Kommerz-Minister. 1785 mit dem Titel Finanzminister. 1788: Mitglied des Staatsrates. Nach dem Coup gegen Ove Guldberg 1784 war Ernst S. mit A. P. Bernstorff und C. D. Reventlow Teil der absoluten Machtelite Dänemarks; er war u.a. der Urheber der erfolgreichen Neutralitätspolitik, die bedeutete, dass dänische Schiffe die Fracht der kriegsführenden Nationen übernehmen konnten. Er war ein Befürworter der liberalen Strömungen der Zeit und versuchte vergeblich, den Monopolhanden auf Grönland abzuschaffen. Die liberalen Zollgesetze 1797 waren auch sein Werk.

IB: (Der Vater Heinrich Carl Schimmelmann wird im selben Aufsatz als Kaufmann und Spekulant bezeichnet) Dieser Ernst Schimmelmann war auch derjenige, der den Sklavenhandel zu einem Ende brachte:

De umenneskelige forhold på slaveskibene og i Vestindien, hvor dødeligheden i slavebefolkningen altid var højere end fødselsraten, fik finansminister Ernst Schimmelmann (1747-1831) til at arbejde for afskaffelse af slavehandelen. Efter et grundigt forarbejde blev det ved kongelig forordning af 16. marts 1792 besluttet at forbyde den transatlantiske slavehandel under dansk flag.
Forbuddet skulle dog først træde i kraft fra 1803, og i den mellemliggende tiårsperiode blev importen af nye slaver til Dansk Vestindien økonomisk støttet af staten. Hensigten var, at man skulle oparbejde en så stor og kønsmæssigt afbalanceret slavebefolkning, at den kunne reproducere sig selv, så man ikke mere behøvede at hente nye slaver i Afrika. Paradoksalt nok var resultatet, at netop i denne overgangsperiode fra 1793 til 1802 hentede danskerne flere slaver i Afrika end nogensinde før eller efter. Det drejede sig i alt om 24.900 slaver på 125 rejser, svarende til et skib med 200 nye slaver hver eneste måned.
=> Die unmenschlichen Verhältnisse auf den Skavenschiffen und in Westindien, wo die Sterblichkeitsrate in der Sklavenpopulation immer höher war als die Geburtsrate, war der Grund, warum Finanzminister Ernst Schimmelmann für die Abschaffung des Sklavenhandels arbeitete. Nach einer gründlichen Vorarbeit wurde durch kgl. Anordnung vom 16. März 1792 entschieden, den transatlantischen Sklavenhandel unter dänischer Flagge zu verbieten
Das Verbot sollte jedoch erst 1803 in Kraft treten, und in der Zwischenzeit wurde der Import von neuen Sklaven nach Dän. Westindien vom Staat wirtschaftlich unterstützt. Die Absicht war, dass man eine so große und ausbalancierte (männlich/weiblich) Sklavenbevölkerung aufarbeiten sollte, dass man künftig aus Afrika keine weiteren Sklaven zu holen brauchte. Paradoxerweise war das Ergebnis, dass in genau dieser Übergangszeit zwischen 1793 und 1802 die Dänen mehr Sklaven in Afrika holte denn je davor oder danach. Insgesamt drehte es sich um 24.900 Sklaven auf 125 Überfahrten, was etwa pro Monat einem Schiff mit 200 weiteren Sklaven entsprach

Wie verhält man sich in Dänemark dazu?
Der Alt-Regierungschef Lars Løkke Rasmussen sagte 31.12.2016 in seiner Neujahrsrede:
”Desværre er den ikke lige ædel hele vejen. I år er det 100 år siden, Danmark solgte de Vestindiske Øer til USA. Og satte et punktum for et grusomt kapitel i vores historie. Mange af Københavns smukke gamle huse og palæer blev opført for penge tjent på slavers slid og udbytning på den anden side af jorden. Det er ikke en stolt del af Danmarkshistorien. Det er skamfuldt. Og det er heldigvis fortid.”
=> Leider ist sie (die Tradition des Zusammenspiels mit anderen Nationen) nicht immer gleich edel gewesen. Heute vor 100 Jahren verkaufte Dänemark die Westindischen Inseln an die USA. Und beendete damit ein grausames Kapitel in unserer Geschichte. Viele der schönen alten Häuser und Palais in Kopenhagen wurden für Geld aufgebaut, das durch die mühsame Arbeit der Sklaven und deren Ausbeutung am anderen Ende der Welt verdient wurde. Das ist kein stolzer Teil der dänischen Geschichte, das ist beschämend. Und es ist zum Glück Vergangenheit

IB: Nach meiner Meinung ist diese Haltung typisch für die dänische 'Vergangenheitsbewältigung', was Sklavenhandel angeht.
In Kopenhagen steht nicht nur das Schimmelmann'sche Palais in Bredgade als Beispiel für die Ausbeutung: https://bredgade28.dk/. Auch Amalienborg - vier Palais, die jetzt das Königshaus benutzt - wurden von vier Adligen gebaut. Moltke hatte u.a. als Präsident der Westindisch-Guinesischen Kompagnie sein Geld verdient

Was in Kopenhagen nicht aus dem Stadtbild wegzudenken ist, wird hier aufgereiht

Wir können also nicht durch das Entfernen von Statuen ein gutes Gewissen bekommen. Dafür läuft eine enge Zusammenarbeit mit den ehem. westindischen Inseln auf kultureller Ebene. Die Quellen bis 1916 liegen zur Bearbeitung bereit - https://cs.sa.dk/collection/3 - viele Spuren der dänischen Geschichte auf den Inseln werden (auch) mit Mitteln aus der dän. Staatskasse restauriert; aber einen Schadensersatz will man nicht leisten.

Reicht das?

mvG
Inger Buchard

PS: durch den Verkauf der Inseln 1916 konnte Dänemark die schnelle Einverleibung des ausgehungerten Nordschleswigs ins Königreich teil-finanzieren. Das war ein Kraftakt, der erst nach dem 2. Weltkrieg so recht gelang, aber ohne die Mittel von 1916 wären die finanziellen Krisen in Nordschleswig nach 1920 viel tiefer gewesen

-----Oprindelig meddelelse-----

Hallo Inger,

Vielen Dank für die Hinweise/ Erklärungen.
Da hast Du Dir sehr viel Mühe gemacht.

Bei Interesse kannst Du einmal sehen, wie „MAN?: mit dem Schimmelmann-Denkmal in Hamburg umging.

Weiterhin viele Auskünfte.
Sei vielmals gegrüßt, diesmal von Rügen

Klaus (Riecken)
Www.Riecken-online.de