Hochzeitsschenke

Liebe Mitforscher,

in der Oberamtsbeschreibung Ravensburg von 1836 heißt es zu „Hochzeitsschenken“:

… die sogenannten „Hochzeitschenken“ welche in Tanz und Zechen bestehen.

Es wird dabei nicht geschenkt, sondern bloß etwas mehr Zeche bezahlt,

was den Verheiratheten zu Gut kommt. Nur Verwandte geben eigentliche Hochzeitsgeschenke …

Für meine Urgroßeltern (und viele andere Brautpaare) fand ich im Oberschwäbischen Anzeiger

um 1890 diese oder ähnliche Einladungen zur

"Hochzeitsfeier … und abends Schenke bei gutbesetzter Tanzmusik,

wozu Freunde und Bekannte, Zivil und Militär freundlichst einladen

die Brautleute und Birkenmayer z. „Bären“

Kann man davon ausgehen, dass das oben beschriebene Prinzip dabei immer noch galt?

Oder galten andere Regeln?

Danke und viele Grüße

Barbara (Schwickert)

Liebe Barbara,

das „schenken“ in der Hochzeitsschenke kommt ja vom „Getränk ausschenkn“.

Dass bei einer Hochzeit (auch im 17. oder 18. Jahrhundert) getanzt,
gespielt und getrunken wurde, davon gehe ich aus. In den Prootkollen vom
Kloster Weingarten bzw. auch der Herrschaft Wadburg von dieser Zeit lese
ich immer mal wieder, dass jemand an einem Ort „Hochzeit gehalten“ hat,
der keine Kirche hat (hatte). Das bedeutet dann wohl, dass dort die
Hochzeitsfeierlichkeiten (also nicht die Trauung) stattfand. Die Feier
selbst wurde also nicht nur am Ort wo die Kiche steht, abgehalten.

Wenn dabei Wein ausgeschebkt wurde, mussten Steuern an die Obrigkeit
abgegeben werden (das sogenannte Umgeld). Da kam es auch mal zu
Beschwerden bzw. Schlägereien, die vor dem Gericht der Obrigkeit
„landeten“. Bei Zeugenaussagen habe ich manchmal die „Spielleut“ dabei
gelesen (also wohl die Tanzkapelle). Es gab dabei damals auch schon
Sperrstunden, die in solchen Protokollen stehen können. Wenn darüber
hinaus gefeiert wurde, wurde „geklagt“.

Und wer hat am Schluss die „Zeche“ bezahlt? Das wurde bei getätigter
Heiratsabrede (= vertrag) darin festgehalten. Wenn die Schwiegererltern
noch lebten, wurden die Kosten oft untereinander jeweils zur Hälfte
aufgeteilt.

Viele Grüße,
Daniel

Hochzeitsbräuche sind von Ort zu Ort sehr unterschiedlich ich füge hier eine sehr genaue Beschreibung aus der 1914 erschienen zwei Bändigen Ortschronik von Gussenstadt an.
Von Umgeld ist dort nicht die Rede, da Gussenstadt seit altersher Umgeld frei war (beschrieben im Lagerbuch von 1538)
Gruß Willi-Martin Jäger AFAG e.V.
Hochzeit in Gussenstadt OG Bd1 vpn 1914.pdf (4,6 MB)

Hier die Anzeige der Hochzeitsfeier von 1894 meiner Urgroßeltern. Diese stammt glaube ich aus dem Wochenblatt. Auch Silberhochzeiten waren manchmal in der Zeitung.

Hallo Herr Jäger,
hallo Daniel und Silvia,

vielen Dank für die interessanten Rückmeldungen.
Um meine Frage etwas zu präzisieren, hänge ich jetzt mal zwei Seiten aus dem Oberschwäbischen Anzeiger vom 20. November 1887 bzw. vom 1.Mai 1897 an.
Dort finden sich mehrere sich gleichende Einladungen zu „städtischen“ Hochzeitsfeiern. Da meine Urgroßeltern nicht mit Reichtümern gesegnet waren (aber immerhin eine Zeitungsannonce bezahlen konnten), würde mich interessieren, ob sie die Zeche selbst übernahmen. Das war in einer Stadt wie Weingarten mit damals mehr als 6.000 Einwohnern aber ein gewisses finanzielles Risiko, weil ja nicht klar war, wie viele Leute erscheinen würden. Oder ob wie in der Oberamtsbeschreibung von 1834 beschrieben, jeder Gast selbst bezahlte und für das Brautpaar „noch was drauflegte“.
Interessant ist auf jeden Fall, dass die Feiern unter der Woche oder sonntags stattfanden.

Viele Grüße
Barbara (Schwickert)