Historienkenner des 16. Jahrhunderts?

Hallo Herr Christalle,

es betrifft nicht direkt Schlesien, aber vielleicht hilft es ja etwas weiter:

Ab 1650 ist für Preußen unter Kurfrüst Friedrich Wilhelm eine planmäßige
Einwanderungspolitik nachweisbar. Schon ab 1648 kommen allerdings erste
Einwanderer ins Land - Holländische Land- und Wasserbauer - um die Sumpfe
urbar zu machen. In den Jahen 1661, 1667 und 1669 wurden erste
Einwanderungsedikte erlassen. Das bekannteste Einwanderungsedikt ist
allerdings das Edikt von Potsdam (29.10.1685 [alter Zeit]). In den dieversen
Edikten werden den Zuwanderern zahlreich Privilegien zu Teil.

"Wir Friedrich Wilhelm von Gottes Gnadem, Markgraf zu Brandenburt usw. thun
kund und geben männiglich hiermit zu wissen, nachdem die harten Verfolgungen
un rigoureusen proceduren, womit man eine Zeithero in dem Königreich
Frankreich wider Unsere der Evangelisch-Reformierten Religion zugethane
Glaubens-Genossen verfahren, viel Familien veranlasset, ihren Stab zu
versetzen, und aus selbigem Königreiche hinweg in andere Lande sich zu
begeben, dass Wir dannenher aus gerechnetem Mitleiden, welches wir mit
solchen unseren, wegen des heiligen Evangelii un dessen reiner Lehre
angefortenen und bedregten Glaubens-Genossen billig haben mmüssen, bewogen
werden, mittels dieses von Uns eigenhändig unterschreibenen Edicts
denenselben eine sichere und freie retraite in alle unsere Landen und
Provinien in Gnaden zu offerieren, und ihnen daheneben Kund zu thun, was für
Gerchigkeiten, Freyheiten und Praerogativen Wir ihnen zu concedieren
genädigst genossen seyen, umb daduch die große Noth und Trübsal, womit es
dern Allerhöchsten nach seinem allein weisen unerforschlichen Rath gefallen,
einen so ansehnlichen Teil seiner Kirche heimzusuchen, auf einige Wiese zu
subleviren und erträglich zu machen."
(Quelle:http/schwedt.net/gauss/projekte/migration/privhug.htm)

Das Potsdamer Edikt ist eine direkte Reaktion auf das Edikt von Fonainebleau,
in dem den französischen Hugenotten ihre Privilegien aberkannt werden. In den
darauf folgenden Jahren wanderten ca. 14000 bis 20000 Hugenotten nach Preußen
ein. Im Gegensatz zur meist noch mittelalterlich geprägten Bevölkerung in
Preußen waren die Hugenotten eher merkantilistisch geprägt. So führten die
Hugenotten unter anden über 40 neue Berufe in Preußen ein und viele der neu
entstehenden Manufakturen waren im Besitz von Hugenotten. So bildeten sie
schon bald zusammen mit den ab de, 17. Jahrhundert eingewanderten Juden die
neue Oberschicht und begründeten den Wirtschaftsaufschwung in Preußen.
Mit einem Edikt von 1671 wurde 50 jüdischen Familien aus Wien die Ansiedlung
in Preußen erlaubt. Die Juden unterlagen wesentlich härteren Bedingungen als
andere Einwanderer und sie waren auf den Geld- und Warenhandel beschränkt.
Die letzte große Einwanderung fand im Jahr 1732 statt- König Friedrich
Weilhelm I. holte die vom Salzburger Fürstbischof Fimian vertriebenen
Protestanden ins Land. Der größte Teil der 20000 Österreicher wurde in
Ostpreußen auf königlichen Domänen und brachliegenden Ländereien angesiedelt.
Neben den oben erwähnten Einwanderern kamen bis 1740 noch eine geringere
Anzahl von z.B. Waldenseren und Böhmen ins Land.
Literatur: Moderne Preußische Gesichte: 1648-1947: bearb- u. hrsg. Büsch
Otto/Neugebauer Wolfgang, Berlin, New York
- X Die Bevölkerung Preußens im 17. u. 18. Jahrhundert nach Quantität und
Qualität; Kurz Hinze.
- XVII Minderheiten in der preußischen Gesellschaft; Stefi Jersch-Wenzel

Enzyklopädie deutsche Geschichte; hrsg. Gall Lothar/Blickle Peter; München.
- Bd. 28; Pfister Christian; Bevölkerungsgeschichte und historischen
Demographie: 1500-1800; München 1994

Preußens Gloria - Der Aufstieg eines Staate; Fischer Fabian, S.; Locarno 1979
Preußen - Land der unbegrenzten Möglichkeiten: Engelmann Bernt, München 1979

Herzlichen Gruß und ein schönes Wochenende wünscht
Petra (Kreuzer geb. Kaboth)
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Hallo Herr Christalle,

als ganz kleine Erg�nzung zu der sehr informativen Mail von Petra Kreuzer
vielleicht noch Folgendes:
Das F�rstentum Oels kam, als 1647 mit Herzog Karl Friedrich die m�nnliche
Linie der b�hmischen Podiebrads ausstarb, durch Heirat der Tochter Karl
Friedrichs, Elisabeth Maria, an Sylvius Nimrod von W�rttemberg-Weiltingen,
einen Lutheraner. Dadurch durfte es im Westf�lischen Frieden 1648 die
evangelische Religion behalten.
Obwohl die beiden Gebiete von verschiedenen Linien des Hauses W�rttemberg
regiert wurden, sind seit dieser Zeit vielfache Verschr�nkungen zwischen
Oels und W�rttemberg vorhanden. W�rttemberg hat, ebenso wie die Niederlande
und Brandenburg, eine gro�e Zahl franz�sischer Hugenotten aufgenommen.
Dar�ber, ob damals schon direkt einige von ihnen in Oels siedelten, habe ich
allerdings nirgendwo etwas finden k�nnen.
Aber im achtzehnten Jahrhundert kamen viele w�rttembergische Siedler nach
Oels, bekannt sind die Einwanderer unter der F�hrung von Johann Jakob Lutz,
die 1745 im S�den und Norden von Neumittelwalde zwei �ber 80 Morgen gro�e
Weinberge anlegten. Ob sich darunter wiederum ehemalige Hugenotten befanden,
wei� ich dann wieder nicht.

Viele Gr��e von Peter Ebenfeld