Hallo Gerd,
Hättest Du dann Lust, den Text der "Hinrichtung in Grünberg 1796", Teil
1-3, zusammenzufassen und für mich in der Schlesienliste zu
veröffentlichen, evtl. auch in der Oberschlesien-Liste ? Du könntest mir
damit eine menge Arbeit ersparen.
mfG Frank Lubisch
Immer auf der Suche nach LUBISCH
Hallo Anton,
bei 130 Bänden mit ca. 600 Seiten je Band (ohne Anhang etc.!) ist es nicht
verwunderlich, wenn man da was übersieht. Das "Schwarze Register Urschkau
1665" und die "Hinrichtung in Grünberg 1796" sind lediglich Zufallsfunde
und haben keinen Bezug mit meiner Forschung.
mfG Frank Lubisch
Immer auf der Suche nach LUBISCH
Hinrichtung in Grünberg 1796
Teil 2
Sein Urtheil fiel dahin aus, daß er vermittelst des Feuers vom Leben zum
Tode sollte gebracht werden. Dieses traf den 25. März d. J. hier ein, und
der hiesige Inquisitor Publicus und Justitz Director ANDERS requirirte mich
schriftlich, ihn auf die Publication deßelben, ohne ihm jedoch zu sagen,
daß sein Urtheil bereits angelangt sey, zu bereiten, und theilte mir zu
diesem Behuf die Acten mit. Ich traf den KIRSCHKE an, voll der innigsten
Reue über sein Verbrechen, doch aber auch nicht ganz trostlos; daß sein
Urtheil ein Todesurtheil seyn werde, erwartete er ziemlich gewiß, doch
wünschte und hoffte er, daß er zuvor mit dem Schwerdte werde hingerichtet,
und sein Körper alsdann verbrandt werden. Wie ich ihn auf die
Bekanntmachung des über ihn ergangenen allerhöchsten richterlichen
Ausspruches nach und nach in verschiedenen Besuchen, vorbereitet habe, wäre
für diese Blätter zu weitläufig, und vielleicht den meisten Lesern nicht
hinlänglich interessant. Eines einzigen Umstandes aber will ich hier
erwähnen. Ich suchte ihn zu überzeugen, daß die Stimme, welche ihn nach
seinem Bedünken zum Feueranlegen aufgefordert habe, keine andere, als seine
eigene Stimme gewesen, und daß es sehr gewöhnlich sey, daß ein Mensch, von
starkem Getränke erhitzt, und im Anfalle desjenigen Widerwillens, der itzt
seine ganze Seele beherrscht, mit sich selbst rede, ohne daß er das
wahrnimmt. Es war schwer, ihn davon zu überzeugen, und ich bin ungewiß, ob
er je davon wirklich überzeugt gewesen ist. Auf meine Frage, für wessen
Stimme er denn diesen Aufruf zum Feueranlegen gehalten, erwartete ich, daß
er die ganze Sache für das Geschäft eines bösen verführenden Geistes
ausgeben werde. Davon aber war der KIRSCHKE weit entfernt, sondern er hielt
es für einen Aufruf Gottes, der den HÄUSLER und SEIFERT habe strafen
wollen, ob er gleich, wie er versicherte, dieser Meinung sich erst nach
vollbrachter That deutlich bewußt geworden, da er in der Stunde der
Vollbringung derselben fast außer sich seiner Ueberlegung fähig gewesen,
und folglich gar nicht eigentlich darüber nachgedacht habe, von wem diese
Stimme, die doch die nächste Veranlaßung seines Feueranlegens gewesen,
herkommen könne.
Am 2. April d. J. ward dem Inquisiten von dem Hrn. Director und Inquisitor
publicus ANDERS, im Beisitze des Hrn. Gerichts-Assessoren, und in meiner,
von dem KIRSCHKE sich erbetenen Gegenwart das Todesurtheil publicirt. Die
Liebe zum Leben behauptete in sofern ihre Rechte, daß er das re.nedium
ulterioris defensionis (im Original schlecht lesbar) ergrif, in etlichen
Tagen aber aus eigener Ueberlegung diese seine Erklärung zurück nahm, und
sich gänzlich bey dem ihm bekannt gemachten Urtheilsspruche beruhigte.
Wir beide hiesige Prediger wurden nunmehro requirirt, ihn zum Tode zu
bereiten. Wir thaten solches nach einem schriftlich entworfenen und
gemeinschaftlich verabredeten Plan. Auch sein ehemaliger Prediger, der Hr.
Pastor STEIN, aus dem eine Meile von hier gelegenen Rothenburg, besuchte
ihn nunmehro wöchentlich ein- auch mehrmal, und ward von ihm immer mit
vieler Herzlichkeit aufgenommen, wie er denn auch bey unserer aller
fortdauernden Besuchen immer viel Aufmerksamkeit auf das, was mit ihm
gesprochen ward, herzliche Reue über sein Verbrechen, und die unglücklichen
Folgen, welche daßelbe für andere gehabt, Aeußerungen eines wahrhaftig
christlichen Sinnes und stille Ergebung in sein trauriges Schicksal zeigte.
Nachdem alles Erforderliche berichtiget, ward der 10. Junius zum Tage der
Urtheilsvollstreckung anberaumet, und solches am 4. gedachten Monats dem
Delinquenten bekannt gemacht, seine gute Fassung verließ ihn auch itzt, da
er den Tag seines Todes wußte, nicht. Alles, was nach den Gesetzen erlaubt
ist, ward sehr menschenfreundlich zur Erleichterung seines mitleidswürdigen
Zustandes verfügt. Die hiesige Bürgerschaft, welche die nunmehrige
Bewachung deßelben unentgeldlich übernahm, betrug sich hierbei auf eine
wirklich musterhafte Art, und der Delinquent erbat es sich als die letzte
Wohlthat, daß, als er den Tag vor seiner Hinrichtung früh Morgens von hier
weg nach Schärtendorf gebracht ward, 4 hiesige Bürger, die zuletzt ihn
bewacht, und so viel zu seinem Troste beigetragen hatten, ihn nach
Schärtendorf begleiten, und bis zu seiner Todesstunde bey ihm bleiben
möchten, wozu sich dieselben auch von Herzen bereit und willig finden ließen.
Am 9. Junius früh empfing er aus den Händen seines bisherigen Beichtvaters,
des mehrgedachten Herrn Pastor STEIN, das heilige Abendmahl mit vieler
Rührung und frohem Hinblick in die Ewigkeit, ward von demselben wenig
verlaßen und auch von uns hiesigen Predigern dort noch besucht. Der
Abschied, welchen er dort von mir nahm, wird mir nie aus dem Andenken
kommen. Er blieb auch hier in seiner guten Faßung der Seele, doch lag
feierlicher Ernst auf seinem Gesichte, und er konnte die Freundlichkeit und
lächelnde Miene, mit der er mich sonst bewillkommte, diesmal nicht mehr von
sich erhalten, welches wohl keinem meiner Leser befremdend seyn wird. Seine
Söhne sprach er mehrmals schon in hiesiger Frohnveste, und ermahnte sie
rührend zu christlicher Rechtschaffenheit, und in seinem Schärtendorfer
Gewahrsame unterredete er sich auch mit dem HÄUSLER und SEIFERT, deren
Wohnungen er angezündet hatte, und bat sie wehmüthig um Verzeihung. Auch
seine Braut kam auf seine Bitte zu ihm. Was das Herz des armen Mannes
empfunden, kann jeder sich leicht vorstellen. Auch das Mädchen betrug sich
hier beifallswerth.
Schluß folgt am Montag
mfG Frank Lubisch
Immer auf der Suche nach Lubisch