Gesindeordnungen im deutschen Kaiserreich ab 1871

Liebe Mitforscher!
Viele von uns hatten Vorfahren, die in einem Dienst-/Arbeitsverhältnis auf
dem Gutshof, auf dem Schloss usw. standen. Nachdem im Laufe der Jahrhunderte
dieser Personenkreis mancher Willkür und Rechtlosigkeit ausgesetzt war,
versuchte man besonders nach
Reichsgründung (1871) auf diesem Gebiet etwas zu tun. Es entstanden
sogenannte Gesindeordnungen. Vielleicht für viele interessant, nachfolgend einige
Grundgedanken aus der preußischen Gesindeordnung, die teilweise auch in anderen
deutschen Königreichen, Herzog- und Fürstentümern angewendet oder kopiert
wurde.
- "Das Gesinde gehört der ärmeren, ungebildeteren Classe des Volkes an und
ist deshalb
    der mächtigeren Dienstherrschaft gegenüber weniger in der Lage, seine
Rechte zu wahren,
    sich gegen Beeinträchtigungen und Mißhandlungen zu schützen. Darum
erscheint es
    als billig, daß der Staat diesem zahlreichen Theile der Bevölkerung, der
in ein im
    besten Falle nicht beneidenswerthes Abhänigigkeitsverhältniß zu treten
genöthigt ist,
    seine besondere Fürsorge angedeihen lasse."

- "Auf der anderen Seite erfordert es die häusliche und öffentliche Ordnung
und das
   eigene Interesse der größtentheils noch in einem der Zucht und Aufsicht
bedürftigen
   Alter stehenden Dienstboten, daß der Dienstherrschaft eine gewisse
hausherrliche
   Gewalt über dieselben eingeräumt, zugleich aber auch, daß ihr gewisse aus
sittlichen
   Rücksichten entspringende Verpflichtungen auferlegt werden."

-"Aus dieser doppelten Anforderung an den Staat, dem Schwächeren Schutz zu
gewähren,
  zugleich aber für Aufrechterhaltung der Zucht und Ordnung zu sorgen,
entspringt die
  Nothwendigkeit der Entwerfung einer besonderen Gesindeordnung, in welcher
die Rechte
  und Pflichten des Gesindes und der Dienstherrschaften in dem angeführten
Geiste genau
  festgestellt sind........."

Viele Grüße, Erhardt-M. Spalteholz