Von Krettnich in die weite Welt
Berthold Müllers neues Buch ist mehr als die Geschichte der Großfamilie
Birtel
Die Geschichte der Großfamilie Birtel aus Krettnich erzählt der Waderner
Alt-Bürgermeister Berthold Müller in seinem neuen Buch "... eine Art
Bauernkönig". Er stellte jetzt dieses Buch im Dorfgemeinschaftshaus in Krettnich
vor. Das Gemeinschaftshaus war mit mehr als 120 Zuhörern voll besetzt.
Von SZ-Redakteur Volker Fuchs
Krettnich/Lockweiler. Vielen Bürgern aus Krettnich und Lockweiler war es
bisher nicht bewusst, welche Rolle der Familienclan Birtel während der
vergangenen 300 Jahre in den beiden Dörfern und darüber hinaus gespielt und wie
er das Ortsbild geprägt hat. Das kann sich mit dem neuen Buch von Berthold
Müller aus Lockweiler ändern. In "... eine Art Bauernkönig" erzählt der
Waderner Alt-Bürgermeister, selbst ein Mitglied der Birtel-Sippe, die
Geschichte der Großfamilie. jetzt stellte er bei einer Veranstaltung der Stadt
Wadern das Buch vor (wir berichteten kurz).
Neue Schreibweise
Berthold Müller geht es nicht darum, den Stammbaum der Familie Birtel
nachzuzeichen, er möchte am Beispiel dieser Gr0ßfamilie ein Bild des Lebens der
Menschen im Hochwald ab dem 16. Jahrhundert malen. Denn um 1700 kam der
Urvater der Birtels in den Hochwald. Er hieß Jost Börteler, stammte
vermutlich aus dem Alpenland und heiratete Barbara Schmitt, Stockbauer-Erbin.
Börteler wurde ein wichtiger Mann, er war Pächter der Erzgrube in Krettnich,
Gerichtsschöffe und Mittler bei den Prozessen der Bauern gegen den Grafen Josef
Anton.
Schon zu Lebzeiten änderte sich die Schreibweise seines Namens mehrfach.
In seiner Sterbeurkunde wird er als Josef Birtel bezeichnet. Dass es sich um
die gleiche Peron handelt, ist gesichert. "Darauf habe ich großen Wert
gelegt", so Müller.
Der Name Birtel breitete sich in der zweiten und dritten Generation über
Krettnich aus, nach Lockweiler, Mettnich, Mühlfeld (heute Primstal) und
Sotzweiler. Börtelers urenkel, Johann Birtel, wird zum Bauernkönig. So wird er
in der Lockweiler Pfarrchronik bezeichnet. Johann Birtel lebte von 1748 bis
1817. Er war ein reicher Mann, Pächter, dann Eigentümer der Krettnicher
manganerzgrube. Birtel war zwei Mal verheiratet, hatte 23 Kinder, von denen
14 die Kinderzeit überlebten und 14 Birtel-Stämme gründeten. Für die 14
Kinder entstanden nach dem gleiche Bauplan 14 Häuser, zwölf davon in Lockweiler
und Krettnich. Elf sind noch erhalten. berthold Müller zeigte Fotos
einiger Häuser, die jedem in den beiden Dörfern bekannt sind. Viele aber brachten
sie bisher nicht mit dem Bauernkönig in Zusammenhang.
11 Birtel-Häuser
Bis 1883 lief der Bergbau in Krettnich, 1900 wurde die Grube verkauft. Von
den verschiedenen Birtel-Stämmen beleuchtete Müller den sogenannten
Saarbrücker Stamm und den Ku.onze-Stamm näher. Zum letzteren gehört Müller slbst.
Zwei Birtel-Familien wanderten nach Amerika aus, sie sind laut Müller die
Namensträger der Birtel und Birtle in den USA.
Die meisten Birtels aber leben nach wie vor im Saarland. In Deutschland
gebe es nach seiner Internetrecherche nur 368 Träger dieses Nachnamens. "Das
ist die Welt nicht", sagt Müller. Und behauptet:"Alle, die den Namen Birtel
tragen, wo sie auch immer auf dieser Welt leben und lebten, kommen von
Krettnich." Und weiter:"Ich rufe alle auf, dies zu widerlegen."
Müllers Buch enthält zwei weitere Geschichten: "Ein Wolf im Schafstall",
betrachtungen über Johann Fass , Pfarrer in Lockweiler von 1834 bis 1845.
Und "Lockweiler Bier in Amerika".
Hintergrund
Johann Stein, Pfarrer in Lockweiler von 1907 bis 1917, hat ein
Familienbuch der Pfarrei Lockweiler angelegt, noch heute eine wichtige Quelle der
Familienforschung. Es enthält auch Randbemerkungen. Den längsten hat Stein bei
Johann Birtel aus Krettnich geschrieben. Er lautet: "Johann Birtel, genannt
Saarbrücker, eine Art Bauernkönig, Besitzer der Braunsteingrube in
Krettnich. Von seinen beiden Frauen hatte er 14 Kinder. Die schönen Bauernhäuser
in Lockweiler und Krettnich sind alle von ihm gebaut. er ist Stammvater der
meisten wohlhabenden Bauernfamilien der Pfarrei. Im Jahr 1916 lebten in der
Pfarrei 178 Nachkommen in 52 Familien". vf
- Der Erlös aus dem Buchverkauf ist für die Sanierung des Lockweiler
Kirchturms bestimmt. Foto: Müller
Vom Glück des Heimatforschers
Zwei alte Holzbalken untermauern Müllers Forschung
Krettnich. Dass auch Glück bei der Geschichtsforschung dazu gehört, das
zeigt der Alt-Bürgermeister Berthold Müller anschaulich im
Dorfgemeinschaftshaus. Dort stellte er zwei alte Holzbalken aus. Sie stammen aus dem
Schmitt-Haus, in dem Jost Börteler gelebt hat. Das Haus wurde im vergangenen Jahr
abgerissen. Müller sicherte die beiden Balken mit viel Glück. In diese sind
die Jahreszahl 1702 in einer Art und Weise geschnitzt, wie es vor allem im
Alpenland, aber nicht im Hochwald Brauch war.
Der Waderner Bürgermeister Fredi Dewald würdigte die heimatkundliche
Arbeit von Berthold Müller. Er versuche, bei seiner Art Heimatpflege die Antwort
auf die Frage zu finden: " Was müssen wir bewahren, damit sich auch
künftige Generationen ihres Herkommens und Werdens mit allen Sinnen vergewissern
können?"
Der Krettnicher Ortsvorsteher Christian Leidinger erinnerte daran, dass
die historischen Besonderheiten der Heimat vermischt und verloren gehen
könnten. Dies geschehe aber nicht, wenn sie aufgeschrieben werden. Friedrich
Ebert, Vorsitzender des vereins für Heimatkunde Wadern, sagte, Müllers Buch sei
ein gutes Beispiel für eine geschichtliche Untersuchung einer Familie.
Müller habe sein Talent gezeigt, nicht nur Daten zu sammeln, sondern dies auch
prägnant darzustellen. Die Gitarristinnen Kathrin Jakobs, Lisa Hans und
Birgit Leidinger gestalteten den Abend musikalisch. vf