Gerichtliche Trennung einer Ehe 1885

Liebe schlesische Forscher,
bei der Durchsicht der mikroverfilmten Standesamtsregister von R�ckersdorf (Kreis Sprottau) habe ich auf der Beurkundung einer Eheschlie�ung von 1878 einen nicht allt�glichen Vermerk gefunden. Laut Randvermerk auf dieser Beurkundung wurde "durch rechtskr�ftiges Urtheil des K�niglichen Landgerichts zu Glogau vom 18 t. Maerz 1885 die Ehe zwischen dem Bauergutsbesitzer Gotthelf August STENZEL und der Louise Ernestine STENZEL,geborene HAENSEL getrennt." Und weiter hei�t es "Vermerkt gem�� Verf�gung der K�niglichen Staatsanwaltschaft zu Glogau vom 11. Mai 1885. . .".
Der Grund f�r die Trennung ist nicht angegeben, ich vermute aber, der Grund ist die enge Blutsverwandtschaft der Eheleute.
Die Eltern des Ehemannes waren Christian STENZEL und dessen Ehefrau Anna Rosina,geborene HAENSEL.
Die Eltern der Ehefrau :Gottlieb HAENSEL und dessen Ehefrau Anna Marie, geborene STENZEL.Man darf also annehmen, da� Christian STENZEL und Anna Marie STENZEL Geschwister waren, und ebenso Gottlieb und Anna Rosina HAENSEL. Deren Kinder h�tten also auf Grund der Blutsverwandtschaft gar nicht heiraten d�rfen.
Jetzt meine Fragen in die Runde: Welche Rechtsgrundlage gab es f�r dieses Urteil? Wenn niemand nach Verstreichen der Aufgebotsfrist
Einrede erhob, und auch der Standesbeamte kein Ehehindernis erkannte,h�tte dann die Ehe nach sieben Jahren nicht Bestandsschutz haben m�ssen ? Es w�re interessant, die Urteilsbegr�ndung zu lesen.
Wei� jemand von Euch, ob Gerichtsakten aus dieser Zeit noch existieren, und ob die Archive diesbez�gliche Ausk�nfte geben?

Guten Abend in die Runde.
Klaus Stenzel

Lieber Klaus Stenzel,

Ehen zwischen Cousin und Cousine hat es fr�her �fters gegeben.

Gr��e,
Thomas (Oszinda)
http://www.nord-com.net/t.oszinda/GrossWartenberg-Neumittelwalde.htm
http://www.genealogy.com/users/o/s/z/Thomas-Oszinda

-----Urspr�ngliche Nachricht-----

Wei� jemand von Euch, ob Gerichtsakten aus dieser Zeit noch existieren, und ob die Archive diesbez�gliche Ausk�nfte geben?

Hallo Klaus,

Scheidungen und die von Dir beschriebene Art der gerichtlichen Trennungen wurden
vor den Land- und nicht den Amtsgerichten verhandelt. Ich bin jetzt nicht ganz
sicher, ab wann es diese Landgerichte in Schlesien gab. M�glicherweise wurden
sie zeitnah zu den Standes�mtern um 1875 in Schlesien errichtet. Es gab sie
nat�rlich schon davor, nur trugen sie die Bezeichnung Appellationsgerichte.
Davon gab es auch mehrere in Schlesien: Glogau, Breslau, Liegnitz, Schweidnitz,
Ratibor .....
Ob nun aber die polnischen Archivare das sauber trennen - ist die Frage.
Der gesuchte Bestand k�nnte daher hei�en:
Kr�lewski S�d Apelacyjny w
oder
S�d Krajowy w
Diese online-Datenbank kennst Du ja:
http://baza.archiwa.gov.pl/sezam/index.eng.php

Dort findet man aber das gesuchte Glogau in Verbindung zu den o.g. Begriffen
leider nicht, sondern nur das Amtsgericht von Glogau:
S�d Obwodowy w G�ogowie
Der Bestand ist riesig - �ber 8 000 Einheiten.
Entweder Du suchts die alle von Hand ab - oder fragst mal an, ob die auch etwas
�ber die Akten vom Glogauer Landgericht wissen:
Archiwum Pa�stwowe w Zielonej G�rze Oddzia� w Wilkowie
Wilkowo
66-200 �wiebodzin
tel: (68) 381-17-25
fax: 381-17-25
email: apzg.wilkowo@wp.pl

Mit freundlichem Gru�
Klaus Liwowsky

Hallo Klaus,

seit 1.1.1876 war auch f�r Scheidungen das Reichsgesetz
v.6.2.1875 �ber die "Beurkundung des Personenstandes und die
Eheschlie�ung" (Reichsgesetzblatt 1875, Nr.4) ma�gebend.
Danach gab es folgende Ehehindernisse Nachfolgend nur diejenigen,
die durch ein Verwandtschaftsberh�ltnis begr�ndet sind):
- zwischen Verwandten in auf- und absteigender Linie
- zwischen Geschwistern (auch Halbgeschwistern)
- zwischen Stiefeltern un Stiefkindern
- Schwiegereltern und Schwiegerkindern jeden Grades
- Adoptiveltern und -kindern w�hrend des Adoptionsverh�ltnissews
- Ehebrechern (mit dem Mitschuldigen, Dispens m�glich)

Ehe zwischen Cousin und Cousine war also kein Ehehindernis und
somit auch kein Scheidungsgrund, bzw. (besser gesagt) Grund
f�r eine Annullierung oder Nichtigkeitserk�rung.

Offensichtlich erfolgte die Scheidung aufgrund des Antrages min destens
eines der Ehepartner durch das zust�ndige Landgericht.
Die Zahl gesetzlich m�glichen Gr�nde war damals gr��er als heute
(u.a. Ehebruch, Abtreibung, Zeugungsunf�higkeit usw.)

Ob, inwieweit und wo entsprechende Gerichtsakten noch existieren,
wei� ich nicht.

Gru� aus dem Allg�u
Ernst Schroeder
www.kolberg-koerlin.de