Geldwert 1871

Liebe Listenteilnehmer,
in der bereits erw�hnten Stell�bertragungsakte von 1871 werden auch
Geldbetr�ge genannt:
- gesch�tzter Wert der Vollhufenstelle 12.000 Reichstaler
- jeweils 1.000 Reichstaler Barabfindung an die Geschwister des antretenden
Wirths

Kann mir jemand sagen, welchen Wert die genannten Summen darstellen? Was
verdiente im Vergleich dazu beispielsweise ein Tagel�hner, ein Amtsdiener
oder auch ein Lehrer etc. ???
Gru� und Dank im voraus
Heinz (Nestler)

Hallo Heinz und Liste!

Als Erg�nzung zu dem bereits geschickten Beitrag von Joachim hierzu
noch einige Angaben aus dem Jahre 1836; Quelle: Schaumburg-Lippische
Familien und ihre Viehhaltung im Jahre 1836. (siehe unten)

Viele Gr��e
Alexandra Blume

Das Einkommen der Bauern:
Auch unter ihnen gab es gro�e Einkommensunterschiede, die einerseits
von der Gr��e und G�te der landwirtschaftlichen Fl�che, dem Ernteer-
gebnis, den landwirtschaftlichen Preisen und andrerseits vom pers�n-
lichen Flei� und Geschick des Bauern abhingen.

Beispiel:
Ein Meierhof mit 76,5 Morgen Fl�che (5 Morgen Wiese, 9 Morgen Hude,
2,25 Morgen Garten und 60,25 Morgen Saatland).
Ein Familienhaushalt auf einem eigenen (schuldenfreien oder fast
schuldenfreien) Hof von dieser oder �hnlicher Gr��e und Struktur
erzielte ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 400 - 500 Talern.

Das Einkommen der Tagel�hner:
Die Tagel�hner erhielten nur 8 Mariengroschen f�r einen vollen Arbeits-
tag. Das bedeutete, da� der Tagel�hner f�r den Tagesverdienst in 1836
1 Roggenbrot von fast 4 Pfund bestes Mehl oder von fast 5 Pfund grobes
Mehl und 1 1/2 Pfund billiges Kuhfleisch kaufen konnte.
Die m�nnlichen landwirtschaftlichen Tagel�hner bekamen nur 6-7 Marien-
groschen, aber au�erdem gew�hnlich noch vormittags ein Fr�hst�ck und
nachmittags ein Vesperbrot, was insgesamt auch einem Gesamtlohn von
ungef�hr 8 Mariengroschen entsprach.
An den k�rzeren Wintertagen sank der Tagelohn gew�hnlich auf 5 Marien-
groschen. Frauen und Kinder wurden immer schlechter bezahlt.
Die Tagel�hnerfamilie kam auf 300 (320) Arbeitstage; der Mann auf 200
und die Frau auf 100. Tagel�hnerfamilien kamen auf einen Jahresverdienst
von ungef�hr 60-65 Taler im Jahr.

Das Einkommen der l�ndlichen Handwerker:
Im Gegensatz zu den Tagel�hnern vermochten sie ihr Arbeitsvolumen selbst
zu steigern und damit ein wesentlich h�heres Einkommen zu erzielen. So
darf das durchschnittliche Jahreseinkommen der Bekleidungshandwerker
auf 100 Taler und das der anderen Handwerker auf 130-150 Taler gesch�tzt
werden. Das Einkommen der M�ller �bertraf wahrscheinlich alle Einkommen
der bisher genannten Handwerker.

Das Einkommen der Knechte und M�gde:
Das Einkommen der Knechte und M�gde lag am untersten Ende der Einkommens-
skala, wenn man von dem Einkommen einiger armer Witwen absieht und auch
nicht beachtet, da� einige Spitzenknechte auf den G�tern von gro�en
Bauernh�fen (Hofknecht, Futterknecht) 10-15 Taler mehr im Jahr hatten,
als die unteren Knechte (Mittelknecht, Kleinknecht). F�r die Kost sind
ungef�hr 3,5 Mariengroschen f�r den Knecht und 2,5 Mariengroschen f�r
die Magd je Tag anzusetzen; das ergibt rund 36 und 26 Taler. Hinzu kam
noch der Wert der Sachbez�ge (bescheidene Unterkunft und ges�ter Flachs)
von 6-8 Taler.

Das Einkommen der Pastoren, K�ster und Lehrer:
Auf die Einkommenssch�tzung in Zahlen mu� verzichtet werden. Sie
schwankten zwischen nur 98 Taler f�r den Pastor von Probsthagen und
335 Taler f�r den Pastor von Meerbeck.
Die Bez�ge der K�ster waren ebenso unterschiedlich nach ihrer Art und
ihrem Wert. Allerdings ergaben sie ein weit niedrigeres Einkommen.
Die Bez�ge der Lehrer hing haupts�chlich von der Sch�lerzahl ab. Junge
Lehrer oder Hilfslehrer bekamen weniger Geld.

Oberschicht / Mittelschicht / Unterschicht:
Das Einkommen der Mittelschicht betrug 150/200 - 400 Taler im Jahr. Wer
mit seinem (gesch�tzten) j�hrlichen Einkommen darunter lag, geh�rte zur
Unterschicht und wer dar�ber lag, geh�rte zur Oberschicht.

F�r Schaumburg-Lippe wird nun diese Schichtung nach dem Ma�stab des
Einkommens folgenderma�en vorgenommen:

Oberschicht:
Adelige, h�here Offiziere (ab Hauptmann), h�here Beamte und h�here An-
gestellte, Pastor, Arzt (ausgenommen Tierarzt und Wundarzt), Gutsbe-
sitzer, gro�e Colone (gro�e Vollmeier), Gro�kaufleute.

Mittelschicht:
Tierarzt, Wundarzt, Leutnant, Oberleutnant, Kaufleute, Apotheker,
mittlere Angestellte und Beamte, mittelgro�e Colone, Handwerker und
Gewerbetreibende, wenn sie mit Hilfskr�ften arbeiteten und entsprechend
viel Steuern zahlten, M�ller, Sch�fer, Leibz�chter mit mindestens 2
K�hen und einem entsprechenden Landbesitz.

Unterschicht:
Alle anderen wie Dienstboten (Knechte und M�gde), Tagel�hner, alle
�brigen Handwerker und kleine Gewerbetreibende, die wenig oder keine
Steuern zahlten; Leibz�chter mit h�chsten 1 Kuh und wenig Land, Hirten,
arme Witwen, alle Soldaten bis zum Sergeanten und alle Milit�rmusiker.

F�r Bielefeld z.B. wurden jedoch alle Colone und Erbp�chter unter-
schiedslos zur agrarischen Mittelschicht gerechnet.

Hallo, Alexandra!
Wirklich h�chst interesant und hilfreich f�r die L�sung meines Problems.
Herzlichen Dank daf�r!
Gru�
Heinz Nestler