Frage zum 2. / 3. Vornamen von Kindern

Hallo Listenteilnehmer,

bereits seit einiger Zeit beschäftigt mich eine kleine Frage und ich hoffe, dass Ihr mir diesbezüglich helfen könnt...

Neben dem eigentlichen Rufnamen wurden (und werden) den Kindern ja oft ein 2. bzw. auch ein 3. Vorname gegeben.
Gerade damals scheint dies oft der Name des Vaters bzw. der Mutter gewesen zu sein. Wenn ich mir jedoch die Einträge in alten Stammbüchern anschaue, scheint dieses "Schema" leider nicht immer zu passen.

Nun wäre meine Frage, ob es bei der Vergabe der 2. / 3. Vornamen durch die Eltern ein gewisses Prinzip gab?
Wurden nur die Namen der Eltern, von Taufpaten oder anderen Verwandten genommen oder war dies (wie heute) reine "Geschmackssache"?
Mich würden diesbezüglich insbesondere die 1930er / 1940er Jahre interessieren.

Viele Grüße

Jens (Laufer)

Hallo Jens,

ich kann nur sagen wie es in meiner Familie üblich war und ist. Bei uns
waren es die Taufpaten, die Namengeber für den zweiten und dritten Vornamen
waren, wobei der Rufname nicht immer an erster Stelle stand. Die Taufpaten
kamen überwiegend aus der Verwandschaft. Diese aus Aussage trifft für den
Familienzweig aus dem östlichen Holstein und aus Niedersachen zu. Beide
Zweige sind evangelisch.

Gruß Hauke Langbehn

Hallo Jens,

habe mich in meiner über 40jährigen FamFo-Tätigkeit intensiv mit
dem Vornamen-Problem auseinandergesetzt:

Hinsichtlich der Vergabe der Vornamen gab es häufig fast feste Prinzipien,
die aber sich (zeitlich und räumlich) änderten, außerdem oft von familiären
und religiösen Gepflogenheiten abhängig waren, ebenso vom Zeitgeist und
politischer Einstellung, mitunter sogar vom Einfluß des Pfarrers (vor 1874).

In evangelischen Gegenden war lange Zeit "Johann" als zusätzlichen Vorname
(mitunter sogar an erster Stelle, obwohl nicht Rufname, z.B. in Brandenburg
und Pommern) üblich - als Hinweis auf Johannes den Täufer. In anderen
Gegenden war dies "Martin" in Zusammenhang mit Martin Luther.
In katholischen Gegenden gab man den Kindern gern den Namen
Maria und Joseph (meist sogar als Rufname).

Im 19.Jahrhundert erhielten die Söhne in Preußen oft die Vornamen der
Herrscher, Friedrich oder Wilhelm (Fritz, Willi).

Früher und mitunter auch heute noch, erhielt ein Sohn (meist der
Stammhalter)
den Namen des Vaters, eine Tochter den der Mutter (bemerkenswert
oft erst die zweite oder dritte Tochter).
In früherer Zeit (vor allem vor 1900) erhielt der Täufling sehr oft den
Namen
eines Taufpaten, wenn es ein wichtiger Taufpate war, auch als Rufname.

Dich interessieren aber vor allem die 1930er/40er Jahre. Hier unser
Beispiel (erste Name immer auch Rufname):
1. Mein Vater (*1895 Glogau) hieß Ernst-Adalbert. Seinerzeit waren
Doppelnamen beliebt (Meine Mutter *1906 hieß Marie-Luise).
Die Vornamen Ernst und Adalbert sind Familientradition, oft als zweiter
und dritter Vorname (Ernst seit mindestens 1700, Adalbert erst seit
1810):
2. Die 8 Kinder meiner Eltern:
- Erika (*1931); keine Vorgabe. Der Name sollte gefallen, mglw. Zeitgeist.
Ursprünglich hatte sich meine Mutter mit "Barbara" durchgesetzt. Mein Vater
gab aber bei den Anmeldung beim Standesamt - aus welchen Gründen auch
immer - Erika an. Er "vergaß" weitere Vornamen (wie früher und später in
der Familie üblich).
- Adalbert Robert Ludwig (*1934); Adalbert gem. FamTradition, Robert
hießen beide Großväter, Ludwig hieß der im 1.WK gefallene Bruder
meines Vaters
- Gisela Inge (*1935), keine Vorgabe, mglw. Zeitgeist
- Annemarie Eva (*1936), keine Vorgabe, mglw. Zeitgeist
- Brigitte Renate Betti Julie (*1938), die beiden ersten ohne Vorgabe,
mglw. Zeitgeist. 3. und 4. Name nach den beiden Großmütter, die
sich beklagt hatten, daß keines der Kinder nach ihnen benannt wurde.
- Ernst Friedrich Adalbert (*1940) alle gem. Familientradition (Friedrich
seit mindestens 1700)
- Ulrich Adalbert (*1943), Ulrich ohne Vorgabe, Adalbert gem. Tradition,
- Ludwig Richard Adalbert (*1945); Ludwig und Richard hießen zwei
Urgroßväter, Adalbert gem. Fam.Tradition.

Fazit in unserer Familie: bei den Söhnen sehr in der Familientradition
(mein Vater stammte aus einer preußischen Offiziersfamilie), bei den
Töchtern (meine Mutter - aus einer Akademiker-/Kaufmannsfamilie -
weniger an eine Familientradition gebunden) wahrscheinlich dem
Zeitgeist entsprechend "germanische" Vornamen. Andere Familien
nannten ihre Kinder damals auch zeitgemäß "Adolf" (für meinen Vater
akzeptabel, zwar national, aber nicht national-sozialistisch).

In der Familie meiner Tante (väterlicherseits) verhielt es sich bei
ihren 7 Kindern ähnlich.
Meine vier Söhne haben "moderne" Rufnamen, weitere Vornamen
gem. Familientradition.

Gruß aus dem Allgäu
Ernst (Schroeder)
www.kolberg-koerlin.de

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Hallo Jens (Laufer),
keine Regel ohne Ausnahme.
In diesem Fall gibt es unter meinen Vorfahren wohl mehr Ausnahmen.

Aus den KB von Muskau (heute Bad Muskau) glaube ich mich zu erinnern, daß es
die Regel gab, daß der Rufname der Eltern als 1ster Vorname erschien und der
Rufname des Täuflings einem Paten zugeordnet war.
Bei meiner Frau traf das zu, bei ihrer Schwester naber nicht.
Ich konnte diese Regel aber bis etwa 1770 sehr häufig feststellen.

In anderen Regionen soll es ein richtige Einhaltung von Regeln geben, sodaß
man aus der Vergabe der Vornamen auf die Verwandtschaft schließen könnte.
Dies ist unter meinen Vorfahren nicht zu erkennen.

Gruß aus Wuppertal
Werner (Wicke)