Frage an die Militär-Experten / Garnisons KB von Glatz / Leben in einer Garnison etc. etc

Liebe Listenteilnehmer,

nach dem Studium von Garnisons-Kirchenbüchern ergeben sich für mich
einige Frage, die mir vielleicht dieser oder jener beantworten kann:

1) Leben in einer Garnison
Wie muß man sich das Leben -zwischen 1740 und 1790- einer Familie in
einer Garnison vorstellen? Ging der Vater -Offizier- am Morgen in die
Kaserne zum Dienst und kam am Abend wieder zur Familie zurück oder
wohnte die ganze Familie in dem Kasernenbereich?? Oder war es eine
``Wochenendeehe``??

2) Heirat in einer Garnison
Vor den Heirateinträgen steht in den KB immer ``erhalten permis.``:...
Mußte jeder Offizier vor der Heirat seinen ``Chef`` um Erlaubnis
bitten/fragen wenn er heiraten wollte? und erst wenn diese Erlaubnis
vorlag, durfte der Pastor die Handlung vollziehen??

3) Ehestand in einer Garnison
Wenn da so strenge Sitten (Erlaubnis für Heirat) herrschten wie kann
es dann sein, dass ein Rittmeister 3 Kinder gezeugt hat (mit der
gleichen Frau) aber nicht mit ihr verheiratet war?? Im KB sind sowohl
Vater als auch Mutter erwähnt, aber immer mit dem Zusatz "spuria", d.h.
unehelich!!
Zur Ehre des Rittmeisters soll nicht nerwähnt bleiben, dass er nach
dem 3 Kind die Frau dann schließlich geheiratet hat.

4) Versetzung an einen anderen Ort, ein anderes Regiment?
Wurde man zur damaligen Zeit einfach versetzt oder mußte man sich
selber darum bemühen um z.B. von Glatz/Schlesien nach Rössel/Ostpr.
zu einem anderen Regiment zu kommen?? Oder war die Versetzung
vielleicht auch eine Auszeichnung gewesen?? Ging die ganze Familie
dann auch mit?

Fragen über Fragen!

Für jeden Hinweis zu den o.a. Fragen bin ich allen dankbar.

Mit freundlichen Grüßen
Wolf-E. (JOHN)

Wolf!

Das ist gar nicht so einfach zu beantworten, und dennoch ganz leicht:

In "Garnisonen" gab es noch keine Kasernen, sondern die Soldaten waren in Buergerquartieren <unterm Dachm bei voller Verpflegung" untergebracht.... Morgens rief der Herr Offizier <wenn er sich einsam

seinen Soldaten zu sich <am Marktplatz der eigentlich ein

grosser Paradeplatz war, stand zu diesem Behufe ein staendig besetztes Wachhaus, in dem die Herrn Wachsoldaten mit Trompeten bewaffnet
waren und auf Wunsch des Herrn Regimentskommandeurs "erstklassige Musik" machten um die pp Soldaten
zusammenzurufen oder auch mal "zusammenzutrommeln" <wenn die oertliche Katzengewerkschaft mal wieder einen Aufstand gegen die laestige Konkurrenz gewonnen hatte.>

ABER Glatz war natuerlich keine Garnison. Glatz war eine aus dem Boden gestampfte Festung, in der es unterirdische "Kasematten" und Artillerie-Positionen gab, in der man als "Kasemattenbaer" recht gut <und feucht> leben konnten. Deshalb wurde fuer den Herrn Kommandanten eine repraesentative Huette oberirdisch angelegt, in der es sogar einen Ofen gegeben haben soll...
Es war ein Privileg der Herrn Offiziers in der Stadt in Quartieren wohnen zu duerfen und sogar durch die Festungs- und Stadttore <die von Soldaten "gegen Diebstahl" geschuetzt wurden> passieren zu duerfen. Gewoehnliche Soldaten erhielten <auch wegen der feuchten

nach der Grundausbildung Heimaturlaub <zumindest bis zum

naechsten "Platzkonzert" , welches haeufig genug in einer "heimatkundlichen Erxkursion" <manchmal dauerte so was "7 Jahre"> auslief. "Unsichere Kantonisten" und Auslaender durften in der Garnison bleiben <wegen des Aufpassens auf die Tore>.

Randbemerkung: Der bekannte Feldmarschall von Gneisenau wurde auf einem solchen "Ausflug" <boeswillige nennen das Kriegszug> in Schildau/Sachsen 1760 geboren, eine Gelegenheit zu der sein Vater <der Offizier war> seine Mutter im Tross "mitgeschleift" hatte.

Sowohl Offiziers, wie auch Soldaten waren damals noch "Z-Ewig" also Berufssoldaten <ausser den Auslaendern, die Kurzdiener <also nur 8

>.... Die Wehrpflicht war um diese Zeit noch im

Planungsstadium.

Liebe Listenteilnehmer,

nach dem Studium von Garnisons-Kirchenbüchern ergeben sich für mich
einige Frage, die mir vielleicht dieser oder jener beantworten kann:

1) Leben in einer Garnison
Wie muß man sich das Leben -zwischen 1740 und 1790- einer Familie in
einer Garnison vorstellen? Ging der Vater -Offizier- am Morgen in die
Kaserne zum Dienst und kam am Abend wieder zur Familie zurück oder
wohnte die ganze Familie in dem Kasernenbereich?? Oder war es eine
``Wochenendeehe``??

siehe oben

2) Heirat in einer Garnison
Vor den Heirateinträgen steht in den KB immer ``erhalten permis.``:...
Mußte jeder Offizier vor der Heirat seinen ``Chef`` um Erlaubnis
bitten/fragen wenn er heiraten wollte?

Er musste: aber nicht seinen Chef sondern gewoehnlich "seinen allergnaedisten Koenig und Herrn". der von dieser Verweichlichungstendenz gar nicht entzueckt war und maechtig viele Ideen fuer Ablehnungsgruende hatte. "zu jung, dreissig ist schliesslich noch kein Alter", "muss das denn sein",
"da kann ja jeder kommen"......
und dann gab es da noch die Sprueche fuer die Feldgeistlichen "Hol ihn der Donner, wenn er so was ohne
"permission" zu veranstalten wagte"

und erst wenn diese Erlaubnis
vorlag, durfte der Pastor die Handlung vollziehen??

Dafuer war die Taetigkeit des hochwuerdigsten Herrn Feldpredigers aber auch Kostenlos <nee natuerlich
nicht umsonst Tsss, Tsss, Tsss>

3) Ehestand in einer Garnison
Wenn da so strenge Sitten (Erlaubnis für Heirat) herrschten wie kann
es dann sein, dass ein Rittmeister 3 Kinder gezeugt hat (mit der
gleichen Frau) aber nicht mit ihr verheiratet war??

Du solltest evtl mal in eine Fernsehzeitung der Jahre 1740 bis 1790 "fuer den Bereich des Fuerstentums
Glatz" sehen...... Das dauert eben, bis man genug schreiben gelernt hat um ein Gesuch an den Koenig
aufzusetzen und fuer den Artillerie-Offizier hatte natuerlich der Rechenunterricht als "dienstlich notwendig" Vorrang vor Freizeitbeschaeftigungen <"Weiterbildung">

Im KB sind sowohl
Vater als auch Mutter erwähnt, aber immer mit dem Zusatz "spuria", d.h.
unehelich!!
Zur Ehre des Rittmeisters soll nicht nerwähnt bleiben, dass er nach
dem 3 Kind die Frau dann schließlich geheiratet hat.

Auch die "ablehnende Gnade" eines Koenigs stoesst schon mal an Grenzen, zumal manche Gruende <wie "zu jung"> von Jahr zu Jahr fadenscheiniger wurden.

4) Versetzung an einen anderen Ort, ein anderes Regiment?
Wurde man zur damaligen Zeit einfach versetzt oder mußte man sich
selber darum bemühen um z.B. von Glatz/Schlesien nach Rössel/Ostpr.
zu einem anderen Regiment zu kommen?? Oder war die Versetzung
vielleicht auch eine Auszeichnung gewesen?? Ging die ganze Familie
dann auch mit?

Also "einfach" hat sich der Koenig das nicht gemacht, musste er doch fuer seine Sekretaers eine Bemerkung zu Papier bringen, die diese dann in einen "Form-Brief" umsetzen und einem Kurier anvertrauen mussten. Gelegentlich musste der Koenig auch noch ein ganz neues Regiment schaffen, nur um
EINEN Offizier von A nach B zu bewegen.... Schriftliche Bewerbungen waren nur zulaessig, wenn ein ablehnender Bescheid <dreifach> beigelgt wurde, schliesslich wusste in Preussen EINER was er tat. "Koenig sein ist schwer"... Es gab aber dennoch formlose Bewerbungen <wenn man sich zum Beispiel bei der Revue vor dem Koenig mit seiner Truppe verirrte oder halbnackt <i.e. mit offenem Kragenknopf> zur Parade erschien> und wenn man irgendwo und -wie z.B.zum Kompaniechef befoerdert werden w<s>ollte spielte man doch gerne mal "Camel" <Ich gehe meilenweit .....>.

"ging die Familie dann auch mit?" Im wahrsten Sinne des Wortes <gelegentlich wurde ein "Lastwagen" fuer den Hausstand angemietet> Die Umzugskostenverguetung war schon seit Jahren nicht mehr erhoeht worden und duempelte daher ziemlich um den Gefrierpunkt <0 Grad> herum.

Aber der Koenig tat auch was fuer seine Offiziers: Irgendwann hat er mal einen Leutnant gnaedigst pensioniert,weil dieser mit seinen 70 Jahren "nun wirklich nicht mehr" auf Pferd kam.....

Ernst

PS: Zur Kurzfassung <Deine Rede sei: Ja, Ja.... nein, nein"> hatte ich leider keine Zeit, bin aber
gerne bereit, Zusatzfragen "abzuwuergen" <grins>