Flucht aus Breslau

Hallo Listis!

Ich habe schon vor einiger Zeit meine Oma Helga Krille (geb. ISCHAAR, *7.12.1924) aus Breslau nach der Vertreibung gefragt. Hier möchte ich Euch eine weitere sehr individuelle Variante von Flucht und Vertreibung aus Schlesien schildern:

Am 26. Januar 1945 hat Helga ISCHAAR die Stadt BRESLAU verlassen und schlug sich zu Ihren Großeltern (August ISCHAAR und Karoline geb. HEINRICH) in Schlaupitz (Kr. Reichenbach) durch. Dort war sie bis zum 15. März 45.

Am 15. März ging sie nach REICHENBACH. Die Front war bereits bis zum nahen Heidersdorf vorgerückt. In Reichenbach blieb siebis 20.4.45. Obwohl die Bevölkerung aufgefordert wurde zu fliehen verblieben dennoch viele in Ihren Städten und Dörfern, oder kehrten nach kurzer Abwesenheit im Frühjahr zurück um die Felder zu bestellen. Es gab viele Nahrungsmittel in der Region, da das Vieh notgeschlachtet werden musste.

Am 20.4. ging es nach NEURODE, dort blieb sie bis 5.5.1945.
(In Neurode stieß sie auf Verwandte Frieda und Kurt GABRIEL)

Am 5. Mai wurden zivilpersonen mit einem Treck aus Militärfahrzeugen über Jägerndorf, Troppau, Josefastadt nach Königgrätz geschafft, wo der Treck am 8.5.1945 endete.

In Königgrätz folgte Internierung durch tschechische Einheiten. Meine Oma war dort zusammen mit vielen anderen Schlesiern von 8.5. bis 29.6.1945 interniert. Männer musten dort Spießruten laufen, einige kamen dabei ums Leben. Frauen mussten sich in Reih und Glied aufstellen, die rechte Hand zum Hitler-Gruß erheben und sagen: "Heil Hitler, ich bin eine deutsche Hure". Alle deutschen Dokumente, Fotos usw. wurden auf einen Haufen geworfen und angezündet.
Allerdings gab es auch tschechische Leute die sich beim Anblick der internierten bekreuzigten und es kam vor, dass tschechen nachts gekochte Kartoffeln über den Lagerzaun warfen, denn die Internierten hatten nicht viel zu Essen. (Soweit der mündl. Bericht)

Am 29.6.1945 wurden die Internierten entlassen und es folgte ein Treck zu Fuß "Kreuz und Quer" in die Sächs. Schweiz (Bad Schandau, Ostrau, Scheibe). Meine Oma kam dann bei einem Bauern unter (Gutshof Otto Hohlfeld). Im Herbst ging sie dann nach Eisenach und später nach Landshut (Niederbayern).

Die Informationen stammen von meiner Oma. Sie ist bis heute sehr gezeichnet von den Ereignissen 1945.