FHC Berlin - neue Regeln

Sehr geehrte Frau Render-Genilke und Frau Tribiahn,

auch nach "einmal drüber Schlafen" juckt es mich - man könnte es "aus aus
einem gewissen Gerechtigkeitssinn oder Anstandsgefühl heraus" nennen - in den
Fingern, auf Ihre an sechs Listen geschickte Mail zu den bei der
genealogischen Forschungsstelle der Berliner Mormonen nun im Interesse aller
Nutzer der Forschungsstellen eingehaltenen Regularien der Filmausleihe zu
antworten.

Ich möchte vorrausschicken, dass ich wahrscheinlich ebenso wenig wie Sie ein
Mitglied der "Kirche Jesu Christie der Heiligen der Letzten Tage" bin, aber
in meinen genealogischen "Kindertagen" auch die Institution eines
genealogischen Forschungszentrums der Mormonen inkl. Auswertung diverser
Kirchenbuchfilme lange Zeit eifrig genutzt habe.

Bei Ihrer öffentlichen Stimmungsmache gegen ein Mitglied der Mormonen bitte
ich zu bedenken, dass die Mormonen ihre Leistungen auch für
Nichtkirchenmitglieder sowohl im Internet auch auch vor Ort ehrenamtlich und
mit Sicherheit nicht kostendeckend erbringen. Niemand verpflichtet sie dazu
und wir sollten froh sein, dass es diese Möglichkeiten gibt. Einen von mir in
der Vergangenheit in den Listen bemängelten und gegenüber den Mormonen
irgendwie gerechtfertigten Konsumentenanspruch ohne eigene Leistung kann ich
hier nicht erkennen und er dürfte mehr schaden als nützen. Ich bin/war
dankbar für jede Quelle/Verfilmung, deren Durchsicht mir über die Mormonen
statt kostspieliger Archivkopien für ein paar - jetzt - Euro ermöglicht
wurde.

Ob ein genealogisch relevanter Output kirchenfremder Nutzer der
genealogischen Forschungszentren - sowohl im Interessen der Mormonen als auch
der Allgemeinheit - gewährleistet ist, wage ich zu bezweifeln. Ich lasse mich
jedoch gerne durch Nennung Ihrer bislang erfolgten Publikationen vom
Gegenteil überzeugen.

Zudem bitte ich zu bedenken, dass bei einer wie von Ihnen geschilderten und
erwünschten, dauerhaften und gleichzeitigen Ausleihe von fünf Filmen und mehr
- wer kann soviel gleichzeitig lesen und auswerten? - diese für andere Nutzer
auf lange Zeit blockiert sind bzw. deren Vervielfältigung mit weiteren Kosten
verbunden ist, die wieder auf die Allgemeinheit der Nutzer umgelegt werden
müssten.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Brozio

Lieber Herr Brozio,

ich stimme Ihnen voll und ganz bei. Was ich hier bei der Mormonen Buecherei,
die ich in Dallas, Texas besuche beobachten kann ist, Angehoerige der
Mormonen Kirche voluntieren in der Buecherei - die Filme koennen fuer nur
Porto bestellt werden. Ich bin immer total erstaunt, warum die Mormonen so
grosszuegig sind - warum sie den Zugang zu den Filmen nicht nur auf ihre
eigenen Mitglieder beschraenken. Ich bin einfach dankbar dafuer, dass auch
Nichtmitglieder der Mormonen Kirche Zugang zu den Filmen haben - unter
welchen Bedingungen auch immer. Ich bin kein Mormone, jedoch denke ich, sie
schulden niemanden, dass sie ihre Filme zur Verfuegung stellen - und sie tun
es trotzdem fuer nur die Portokosten.

Beste Gruesse
Elke Hedstrom, Garland, TX/USA

Ich weiss nicht, ob es nur die Portokosten sind. Beim ersten mal $3.25 pro
Spule innerhalb der USA, beim Erneuern (wobei keine Portokosten entstehen)
jeweils wieder $3.25 bis man beim dritten mal fuer insgesamt $9.75 die Spule
fuer langfristigen Gebrauch hat. Es ist wirklich nicht teuer--aber kostenlos
war es fuer mich auch nicht.

Es stimmt jedoch, es ist sehr nett von der Kirche, und viele sind dankbar
(allerdings zweifle ich, ob so viele Staaten und Laender die Erlaubnis zum
Mikrofilmen gegeben haetten, wenn die Benutzung nur auf Kirchenmitglieder
beschraenkt gewesen waere). Bei mir im FHC gibt es anscheinend keine 5 Film
Regel (ich bin berufstaetig, und leider sind Kirchenbuecher oft auf
mehreren Filmen). Aber trotz Dankbarkeit ist Willkuer, vor allem wo es sich
um Familiensachen handelt, was Leute sehr tief beruehrt, auch kein gutes
Benehmen. Warum keine vernuenftige Frist einraeumen?

Uebrigens, weil ich dankbar, spende ich von Zeit zu Zeit dem FHC zusaetzlich
mal $10, mal $20, als kleines Zeichen der Wertschaetzung. Das sollte jeder
Benutzer von Zeit zu Zeit machen. Ich bin sicher dass dies auch positive
Wirkung hat.

MfG

Thomas

Liebe Listenteilnehmer,
Waltraud Render-Genilke und Eva Tribiahn haben hier v�llig zu Recht ein
�rgernis angesprochen, um die anderen Listenteilnehmer zu informieren und sich
mit ihnen dar�ber auszutauschen. Dies hat nichts mit "�ffentlicher
Stimmungmache" zu tun und darf nicht als solche abqualifiziert werden. Damit w�rde jede
Kritik im Keime erstickt. Informations- und Meinungsaustausch ist zwischen
Familienforschern angesagt, nicht das Beschweigen von �rgernissen und
Mi�st�nden. Auch verst�ndliche Dankbarkeit darf nicht zu Blindheit f�hren. Da hat
Thomas Reimer recht. Die Dankbarkeit erkl�rt sich daraus, da� allgemein angenommen
wird, die Mormonen stellten die Verfilmungen v�llig selbstlos zur Verf�gung
und nicht von ungef�hr kommt das "totale Erstaunen" von Elke Hedstrom, "warum
die Mormonen so gro�z�gig sind".

Es ist wohl in der Tat so (wie Thomas Reimer vermutet), da� die Mormonen
nicht die Erlaubnis der gro�en Kirchen erhalten h�tten, deren eigene
Kirchenb�cher zu verfilmen und zu nutzen, wenn sie die Nutzung auf ihre eigenen
Mitglieder beschr�nken w�rden. Die Motivation, die Filme g�nstig zur Verf�gung zu
stellen, geht aber noch dar�ber hinaus. Entgegen der Einsch�tzung von Wolfgang
Brozio profitieren die Mormonen in der Tat selbst davon und haben
entsprechende Erwartungen. Sie erwarten n�mlich, da� die "Kunden" (so profan nennen sie
die Nutzer) ihre in den Filmen erforschten Daten ihnen zur Verf�gung stellen.
Gem�� der f�r alle Nutzer verbindlichen "Benutzungsordnung" (Abschnitt II, Z.
4) von 2001, die in ziemlich rigorosem Stil gehalten ist, ist der Nutzer
verpflichtet, von jeder Ver�ffentlichung, die zu einem erheblichen Teil unter
Verwendung von Mikrofilmen erstellt wurde, den Mormonen "unaufgefordert und
unentgeltlich" ein Belegexemplar zu �berlassen. Warum zahlreiche Nicht-Mormonen
dort forschen und nach Einsch�tzung von Wolfgang Brozio dennoch kein
"genealogisch relevanter Output" gew�hrleistet sein soll, kann ich nicht
nachvollziehen. Die Nutzer machen doch nicht reine Sandkastenspiele. Vom Erfolg der
Filmnutzung (aus Kostengr�nden fahren sie meist nicht zur Gen. Zentralstelle in
Leipzig) kann sich Wolfgang Brozio in den zahlreichen Schriften des VfFOW (APG
und "Familienarchiv") �berzeugen. Auch meine Arbeit bei den Mormonen hat sich
dort in zwei umfassenden Ahnen- und Sippschaftslisten niedergeschlagen (APG
2000, S. 13 ff., 45 ff.). F�r die Mormonen sind diese Forschungsergebnisse
von gro�em Vorteil und Nutzen, da die Familienforschung ja ganz entscheidend zu
ihrer Religionsaus�bung geh�rt und sie glauben, die Seelen der erfa�ten
Personen zu "retten".

Eine weitere, nat�rlich nirgends festgehaltene Erwartung der Mormonen ist,
das eine oder andere Sch�fchen unter den Nutzern f�r sich zu gewinnen und
engagieren zu k�nnen. Ich bin w�hrend meiner siebenj�hrigen Arbeit in der Bremer
Forschungsstelle wiederholt von ihnen mehr oder weniger diskret auf eine
Teilnahme an Gottesdiensten angesprochen worden. Da ich nie angebissen habe,
haben sie nun eine, wie sie wohl meinten g�nstige Gelegenheit (ein von ihnen
vorgeschlagenes, eigentlich nicht notwendiges Gespr�ch �ber eine kleine
Beschwerde von mir) genutzt, um mich und sogar meine Frau zu �bert�lpeln und fast
gewaltsam zu missionieren. Zu Beginn des Gespr�chs im Geb�ude der Mormonenkirche,
wozu deren "Bischof" und der Leiter der Forschungsstelle auch meine Frau
hinzugebeten hatten, sprachen diese ein Gebet, das ich aus Gr�nden der Toleranz
duldete. Im weiteren Verlauf wurde mir eine Bibel regelrecht unter die Nase
gehalten und ich aufgefordert, daraus vorzulesen. Dies fand ich aberwitzig und
lehnte es nat�rlich ab. In dem Gespr�ch wurde mir zu verstehen gegeben, da�
ich die Bremer Forschungsstelle nicht mehr nutzen d�rfe. Mir wurde schn�de
gesagt, ich k�nne ja jeweils nach Oldenburg oder Hamburg fahren, was wegen
meiner intensiven und langfristigen Forschung nat�rlich nicht m�glich ist. Dies
ist deshalb besonders hinterh�ltig und verwerflich, da die Mormonen wissen,
da� sie damit mein Projekt eines Ortssippenbuchs f�r ein ganzes ostpreu�isches
Kirchspiel ernsthaft gef�hrden. Aberwitzig ist, da� der sog. "Bischof" mich
seinerzeit an der VHS in die Familienforschung eingef�hrt hat und mir jetzt
die entscheidende Forschungsm�glichkeit abschneidet.

Es ist leider allgemein nicht bekannt, da� die Mormonen wie jede Sekte mit
zwanghaften Methoden indoktrinieren und f�r sich missionieren. Mir war dies
auch neu. Ich war stets dankbar f�r die g�nstige Forschungsgelegenheit, habe
mich immer positiv �ber die Mormonen ge�u�ert und habe sogar im Vereinsorgan
des VfFOW, Altpreu�ische Geschlechterkunde, eingehend �ber die
Forschungsm�glichkeiten dort informiert (APG 2000 und 2001). Nun habe ich die Quittung daf�r
bekommen. Mir war nicht bekannt, da� die Mormonen unter ihren "Kunden"
insgeheim Opfer ausgucken. Ich fand es immer nur etwas zwiesp�ltig, da� junge
M�nner der Mormonen aus den USA in Deutschland regelm��ig und nachhaltig
Missionierung betreiben, also auf Seelenfang gehen. Welche Hintergr�nde dies hat und
wer die Reisen und langen Aufenthalte der Amerikaner hier bezahlt, war mir
immer schleierhaft. Das fr�here VfFOW-Vorstandsmitglied Dietrich Lenski, der
fr�her in der APG �ber die Arbeitsm�glichkeiten der Mormonen informiert hatte,
lie� sich seinerzeit in einem Brief an mich sehr negativ �ber die Mormonen
aus. Er schrieb mir, die Deutschlandzentrale der Genealogischen Gesellschaft von
Utah habe sich mehr als ruppig aufgef�hrt, ganz in der Art amerikanischer
Gesch�ftsleute. Nicht umsonst habe sie sich mit dem Evangelischen Zentralarchiv
in Berlin und dem Bisch�flichen Archiv in Regensburg �berworfen. Vom VfFOW
habe sie frech alle interessanten B�cher kopiert, und als der Verein
seinerseits eine Bestandsliste der Mormonen f�r Ost- und Westpreu�en haben wollte,
h�tten diese gemauert, schrieb Lenski.
Es gibt also hinter der netten Fassade der Selbstlosigkeit und
Uneigenn�tzigkeit etliche gravierende Vorg�nge und Fakten, von denen viele nichts wissen.
Manche wollen aber auch noch nicht einmal davon wissen, denn Leitmotiv ist
f�r viele das Prinzip des Heiligen Sankt Florian. Davon kann aber eine
Gemeinschaft nicht leben. Deshalb sollten wir uns auch daf�r interessieren, was
andere erleben und weitervermitteln.
Mit freundlichen Gr��en
Manfred B�ttcher

Hallo Manfred,

mit gro�em Interesse las ich Deine mail.

Allerdings h�tte ich einmal eine Frage. Du schreibst:

Vom Erfolg der
Filmnutzung (aus Kostengr�nden fahren sie meist nicht zur Gen.
Zentralstelle in
Leipzig) kann sich Wolfgang Brozio in den zahlreichen Schriften des
VfFOW (APG
und "Familienarchiv") �berzeugen.

Wie ist das zu verstehen ?
Meinst Du die Dt. Zentralstelle f�r Genealogie, Schongau Str.
oder meinst Du die Mormonenzentrale in der Oeserstr. in Leipzig?
Wenn ersteres,hei�t das dann, da� alle Daten, die die Mormonen auf
ihren Filmen haben,
auch in der Dt. Zenralst.f.Gen. vorhanden sind?

Viele Gr��e Haike Espenhain

Hallo Haike,
es m��te eigentlich klar sein, was ich meinte. Den meisten Familienforschern
ist bekannt, da� es seit langem in Leipzig eine "Deutsche Zentralstelle f�r
Genealogie" gibt, die mittlerweile dem dortigen S�chsischen Staatsarchiv
angeschlossen ist. Daher habe ich hier das K�rzel und nicht den vollst�ndigen,
etwas umst�ndlichen Namen verwendet. Die Zentrale der Mormonen befindet sich
nicht in Leipzig, sondern in Friedrichsdorf bei Frankfurt (genaue Informationen
�ber die Arbeitsm�glichkeiten bei den Mormonen mit der Nennung aller ihrer
Genealogischen Forschungsstellen in Deutschland finden sich wie erw�hnt in
meinen Beitr�gen in den Jahresb�nden der "Altpreu�ischen Geschlechterkunde" des
VfFOW von 2000 und 2001). Reisen nach Leipzig und dortige Aufenthalte w�ren
recht kostspielig.
Die ostdeutschen Filmbest�nde der Mormonen und der Deutschen Zentralstelle
f�r Genealogie decken sich weitgehend, da die Mormonen-Filme Kopien der
Originale der Deutschen Zentralstelle f�r Geneaogie sind. Diese Originalfilme von
den Kirchenb�chern wurden in den Drei�iger Jahren vom damaligen
Reichssippenamt hergestellt. Die Best�nde der Mormonen gehen aber noch dar�ber hinaus (so
z. B. zu Pr�stationstabellen, Grundb�chern, Zunftb�chern usw.).
Viele Gr��e
Manfred B�ttcher

Lieber Herr Boettcher,

da Sie mein totales Erstaunen erwaehnen, warum die Mormonen die Filme fuer
so wenig Geld zur Verfuegung stellen. Mich hat hier in der Mormonen
Buecherei in Dallas, Texas niemand belaestigt und die Filme koennen sogar -
nur fuer Portokosten - in der Dallas Public Library - der oeffentlichen
Buecherei hier in Dallas, Texas ausgeliehen werden, - die Mormonen haben mit
der Buecherei nichts zu tun. Was in den anderen Buechereien passiert, davon
kann ich mir kein Urteil bilden. Nur, hier in Dallas, Texas kann ich mich
nicht beklagen.

Beste Gruesse

Elke Hedstrom , Garland, Texas/USA

Hallo Manfred,

danke f�r Deine Antwort. Tut mir leid, wenn ich eine dumme Frage
gestellt habe.

MfG Haike