Festungshaft

Liebe Mitforschende,

der (biologische) Vater meiner Urgroßmutter war Postbeamter in Landau/Pf.
und wurde 1868 vom Schwurgericht Zweibrücken wegen Veruntreuung eines
Geldbetrages zu 4 Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Strafe war in Form von
Festungshaft zu verbüßen.
Gemäß einer ministerialen Verordnung hatte für in der (Bayerischen) Pfalz zu
Festungshaft Verurteilte der Strafvollzug in der Festung Marienberg
(Würzburg) zu erfolgen. Eine Rückfrage beim Bay.Staatsarchiv Würzburg ergab,
dass die Festung seit Übernahme durch das Königreich Bayern ausschließlich
zu militärischen Zwecken genutzt wurde. Eine weitere Rückfrage beim
Landesarchiv Speyer ergab ebenfalls nichts, ich wurde ans Hauptstaatsarchiv
München verwiesen und von dort kam inhaltlich - ebenfalls nichts.

Meine Frage ist, in welcher Festung mein Vorfahr seine Strafe verbracht
haben könnte. Ob Germersheim als einzige bayerische Festung in der Pfalz
auch im Strafvollzug zum Einsatz kam, konnte ich nirgends eruieren. Oder
gibt es noch andere Möglichkeiten?
Die Frage ist für mich insofern nicht ganz unbedeutend, weil mein Vorfahr -
während er in seiner Familie ansonsten komplett totgeschwiegen wurde - in
einer handschriftlichen Notiz als "Roter" bezeichnet wurde und das kann nur
politisch gemeint sein. Rein zeitlich würde das in die Zeit der sog.
Frühsozialisten fallen und es wäre denkbar, dass mein Vorfahr während seiner
Festungshaft über einen politischen Mithäftling mit sozialistischem
Gedankengut in Berührung gekommen ist.

Kann mir jemand weiterhelfen?

Beste Grüße
Erich Schechner

Hallo Erich,

tut mir leid, dass mein damaliger Tipp mit W�rzburg dich nicht
weiterbrachte. Ich schlage jetzt mal einen ganz gro�en Bogen und �berlege,
dass eine Festungshaft in einer Festung abgesessen wurde :-). Damit stellt
sich die Frage, wo es damals im bayer. Staat, zu dem die Pfalz ja geh�rte,
eine Festung gab. Und das w�rde ich versuchen mit einer (zun�chst)
Tel.anfrage im Freiburger Bundesarchiv
http://www.bundesarchiv.de/bundesarchiv/dienstorte/freiburg/index.html.de
herauszukriegen. Nach meiner Erfahrung sind die Leute dort sehr hilfreich.
Wie man dann an die Festungs(haft)unterlagen kommt wei� ich aber auch nicht,
also auch das dort erfragen.

Was mich wundert und Schlimmes bef�rchtet l�sst ist, dass das Bayer.
Hauptstaatsarchiv sich so zur�ckh�lt (schlechter Tag eine Mitarbeiters?)

Ich w�nsche dir viel Erfolg
Dietger

Hallo Erich und Dietger,

Festungshaft in Franreich nur für das Militar, nicht Zivilisten, und mit
sehr strenge Hausordnung. Meistens in einer alte Festung in Gefängniss
umgewandelt und besonders in eine eisame Gegend
- fals Militär : der von der Einheit weg rennt, der Befehle nicht erfüllt
(Friedenzeit - Kriegszeit : erschossen). Diebstahl wie sonstige Taten in
"normales Gefängniss"
- Zivilisten : einsige Ausnahme für Festungshaft zu büssen müssen :
Hochverrat.
Hoffe das es hilft für eine Orientierung der Forschung

VG
Luc

Bekannt ?

VG

Luc

Hallo Erich,

wäre evtl. Koblenz eine Option?

Gruß

Manfred

Hallo Erich,

hier bin ich noch mal. Die Allgemeine Milit�r-Zeitung, 1869 (das ist nicht
weit weg von deinem Jahr 1868,
http://books.google.nl/books?id=EsJFAAAAcAAJ&printsec=frontcover&dq=Festunge
n&hl=en&sa=X&ei=yCv2U4_UFMW9ygPjyoKoDA&redir_esc=y#v=onepage&q=Festungen&f=f
alse), nennt auf Seite 64 folgende Festungen: Coblenz, C�ln, Colberg,
C�strin, Danzig, Deutz, Erfurt, Glogau, Magdeburg, Minden, Posen, Saarlouis,
Spandau, Stettin, Swinem�nde, Torgau, Wesel, Wittenberg, Mainz, die in einer
Civilkommission zur Untersuchung der Zweckhaftigkeit von Festungen vertreten
waren. D.h. es mag weitere, in der Kommission nicht vertretene Festungen
gegeben haben.

Frage mich jetzt bitte nicht, wo die Akten �ber den "Haftteil" der Festungen
liegen.

Viele Gr��e
Dietger

Hallo Erich,
Dein Vorfahre war Postbediensteter in Landau.
Versuche es doch einmal einfach dort wo er gewohnt hat.
Landau war eine Festungsstadt und wurde auch gelegentlich als Festung Landau bezeichnet, vor allem in Kriegszeiten.
LG Uwe

UR

Hallo Uwe,

ich meine, es m�sste ein Festung in Friedenszeiten gewesen sein. Breslau war
im WWII auch mal eine Festung ...

Viele Gr��e
Dietger

Hallo Erich,

deine Festung habe ich immer noch nicht lokalisieren k�nnen, aber bist du an
einem bayer. Gesetz von 1862 zur Durchf�hrung der Festungshaft interessiert
(Aufnahme, Behandlung, Kleidung/Nahrung,...)? Ich kann es dir direkt
zumailen (2 MB)

Viele Gr��e
Dietger

Hallo Dietger,

1870-1872 war der Deutsch-Französische Krieg

Gruss Uwe

UR

Halo Uwe,

ist bekannt :-), soweit ich den Thread in Erinnerung habe, wurde er 1868
verurteilt und somit vermutlich auch schon 1868 in eine Festung zum
Strafantritt verbracht. Damit d�rfte eine milit�rische Einrichtung
ausscheiden, die erst zu Beginn oder im Laufe des 1870/71er Krieges zur
Festung ernannt wurde.

F�r Erich: Ich fand inzwischen auch ein Buch "Festungshaft - Geschichte und
Erl�uterung 1872.pdf" (6 MB). Als Hintergrundmaterial k�nnte auch das
interessant sein. F�r Sachsen galt in jener Zeit, dass Festungshaft "in
einer Festung oder in anderen geeigneten Orten" verbracht werden konnte, was
dann, sollte das auch in der Pfalz so gewesen sein, die Sucherei sehr
erweitert.

Viele Gr��e
Dietger

Hallo Uwe,

vielleicht k�nnte er ja auch im "normalen" Gef�ngnis in Zweibr�cken
seine Strafe verb��t haben.
Seit 1859 gab es dort ein Kantonsgef�ngnis, das dann in den 60ern zum Amtsgerichtsgef�ngnis, 1862
zum Bezirksgerichtsgef�ngnis wurde, das sich von 1869 an im ehemaligen Herzogsschloss befand.

Zum Gef�ngniswesen in Zweibr�cken:
Paul Lohr, Vom herzoglichen Zuchthaus zur k�niglich-bayerischen Gefangenenanstalt
In: Zweibr�cken 1793 bis 1918. Ein langes Jahrhundert. Hg. von Gl�ck-Christmann, 2002, S.583-602

Gr��e
Martina (Schaefer)

Hallo Martina, hallo Uwe,

und falls Uwes Vorfahr in Zweibr�cken war, hat er vielleicht dort meinen Ururgro�vater dort angetroffen - der war n�mlich dort Oberwachtmeister :-)) Daher meine Frage: Wie komme ich an das Buch ran? Kann man sich das nur ausleihen? Mich interessiert der Artikel �ber das Gef�ngnis.

Gr��e,

Alexandra (Hannon)

Hallo Dietger,

Da bietet sich wieder Landau an, denn Landau war schon immer eine Festungs-und Garnisionsstadt !

LG Uwe

UR

Hallo Uwe,

Erich hat inzwischen im Ministerialblatt Nr. 85 von 1866
(Bücher zu Bayern | bavarikon
312.html?contextType=scan&contextSort=sortKey%2Cdescending&prox=true&context
Rows=10&context=marienberg&ngram=true&hl=scan&publisher_str={Wolf}&fulltext=
Bayern&mode=simple) auf Seite 281/282 einen Hinweis auf damalige die
Zuweisung der Festungsh�ftlinge nach Rosenberg bei Kronach gefunden. Hier
editio - Google Search
ns:GzsNa2PaJ30C&sa=X&ei=_ED3U5nxKIPFOeDogMAG&ved=0CBsQmBYwAA&lr=all gibt es
weitere Ministerialbl�tter mit deutlich kleinerem Speicherbedarf, aber daf�r
von bekannt schlechter Google-Qualit�t :-(.

Ich warte jetzt erst mal ab, was Erich zu Rosenberg vorfindet, vielleicht
ist etwas im Staatsarchiv Bamberg zu holen.

Zu ber�cksichtigen ist bei der Festungssucherei ja auch die Zeit, 1872 wurde
das Deutsche Reich gegr�ndet und damit hat sich, wie aus der Suche in
Google-Books ersichtlich, vieles im Strafwesen ge�ndert, sein Vorfahr war
aber 1868-1872 (?) in Haft. �brigens vielleicht nicht das Schlechteste um
nicht am 1870/71er Krieg teilnehmen zu m�ssen :slight_smile:

LG
Dietger

Hallo Alexandra,

das Buch gibt es �ber Fernleihe.
Es wurde vom Stadtarchiv Zweibr�cken herausgegeben, vielleicht ist es dort auch noch zu bekommen.

Gr��e
Martina (Schaefer)

Hallo alle miteinander,

wenn der Betreffende in Landau/Pfalz t�tig war, halte ich es f�r wahrscheinlich, da� er dort seine Strafe absa�, denn wie Uwe Roeder schreibt, war Landau erstens schon immer Festungs- und Garnisonstadt. Zweitens gibt es dort auch noch ein Gef�ngnisgeb�ude aus dem 19. Jhd., das genaue Baujahr wei� ich nicht. Es k�nnte aber schon zur Zeit des Betroffenen exisitiert haben. Heute wird es meines Wissens nach als Studentenwohnheim genutzt. Vielleicht w�rde sich ja auch eine Anfrage beim Stadtarchiv Landau lohnen.

Mit freundlichen Forschergr��en
Alexander Pfeil

Hallo,
ein Gefängnis gab es in Landau schon 1794, das weiß ich aus einem Tagebuch eines Vorfahren aus Lustadt, der dort 77 Tage in Geiselhaft saß.

Gruss Uwe Roeder

UR