FEISTEL, Cajestan - Proconsul in Habelschwerdt vor 1778

Einen schönen guten Morgen allerseits,
     besonders den FEISTEL-Forschern,

Nachrichten aus Habelschwerdt, die (hier gekürzt) entnommen sind aus
der Vierteljahrsschrift für Geschichte und Heimathskunde, 3. Jahrg. 1883/84
S. 23 ff und Volkmer: "Geschichte der Stadt Habelschwerdt", 1897, S. 163 ff.

Viele Grüsse
Susanna

Cajetan FEISTEL, Prokonsul (Beigeordneter) und Kämmerer in Habelschwerdt,
durch seinen aufwendigen Lebensstil hoch verschuldet, liess sich während des
Bayerischen Erbfolgekrieges (1778/79) von den Österreichern als kaiserlicher
Steuereinnehmer verdingen und vereiden. Im letzten Quartal des Jahres 1778
setzte er sich unter Mitnahme öffentlicher Gelder nach Österreich ab, worauf der
König durch eine Kabinettsordre (14. Dezember 1778) verfügte, es sollte "auf den
p. Feistel scharf aufgepasst werden" und "sobald er wieder ins Land käme,
müsste man ihn sogleich arretieren und ihm wegen seiner treulosen Streiche den
Prozess machen lassen. Der König fügte, jedenfalls in Folge eines wenig
wohlwollenden Berichtes des schlesischen Ministers, noch bei, dass die
Magistrate im Glatzischen, da man sich auf die Treue der dortigen Leute gar nicht
verlassen könnte, auch das Wahlrecht nicht mehr haben sollten, sondern Se.
Majestät wollten fortab selbst alle solche Leute einsetzen" (1).

Am 18. Januar 1779 frühmorgens wurde die sehr schlecht befestigte und
unzureichend verteidigte Stadt Habelschwerdt von den kaiserlichen Truppen
überfallen und eingenommen. Der im Hause des geflohenen Cajetan FEISTEL
einquartierte General Prinz von Hessen-Philippsthal war zwar über die Absicht des
Feindes informiert worden, hatte die Warnung aber - wegen der für einen derartigen
Angriff äusserst ungünstigen Witterung - in den Wind geschlagen und hatte den
grössten Teil seiner durch eine Expedition ermüdeten Truppen zur Ruhe geschickt.
Tags drauf schrieb der König an den Prinzen Heinrich, "dass er gegen die Faulheit
der Offiziere mehr zu kämpfen habe, als gegen die Österreicher" (1). Wohl um eine
Erklärung für die Überrumpelung der Stadt verlegen, behauptete man, die
Habelschwerdter Besatzung sei verraten worden und verdächtigte FEISTEL, worauf
der König die gegen ihn gerichtete Kabinettsordre am 7. März 1779 wiederholte.

Man warf FEISTEL, dem Brandmeister Franz SCHNEIDER sowie dem Senator
Franz HORRATZ vor, den Überfall eingeleitet und begünstigt zu haben.
Dagegen spricht ein Protokoll vom 8. Juni 1779 (früher im Magistratsarchiv
Habelschwerdt), welches der Kriegsrat SCHROEDER aus Glatz unter Zuziehung
des Magistrats und weiterer 7 Repräsentanten der Bürgerschaft nach dem
Abmarsch der Österreicher über den Zustand der Stadt aufnahm. Darin "ist nun
tadelnd bemerkt, dass der gewesene Prokonsul Feistel und der Brandmeister
Schneider während der österreichischen Okkupation kaiserliche Steuereinnehmer-
dienste übernommen und sich sogar hierzu hätten vereiden lassen; dagegen
mangele es an hinlänglicher Überzeugung, dass diese beiden, wie man behaupten
wolle, am 18. Januar die kaiserlichen Truppen geführt hätten. Von der angeblichen
Verräterei des HORRATZEK und des STENZEL ist in diesem Protokolle mit keiner
Silbe die Rede. Feistel ging beim Abzuge der kaiserlichen Truppen wieder ins
Ausland; auch benutzten acht Habelschwerdter Familien (darunter die des Sattlers
STENZEL) die Anwesenheit der Österreicher, um aus Preussen unbehelligt
auszuwandern. Von irgend welcher Verräterei Habelschwerdter Einwohner und einem
ursächlichen Zusammenhange derselben mit den unglücklichen Ereignissen vom 18.
Januar 1779 ist aber nicht das Geringste erwiesen; sicherlich hätten sonst auch
HORRATZEK und SCHNEIDER nicht bis zu ihrem Tode unangefochten in der Stadt
wohnen können, wie es thatsächlich der Fall war; ja HORRATZEK bekleidete nach
wie vor das Amt eines Ratmannes." (1).

Dessen ungeachtet wiederholte der spätere Bürgermeister Christian Gottlieb
HALLMANN (+ 1831) die Anschuldigung gegen HORRATZ, FEISTEL und SCHNEIDER
in seiner handschriftlichen Chronik aus welcher THAMM sie in seine "Geschichte der
Stadt Habelschwerdt" (1841) übernahm.

Kaplan Ignatz Feistel, der bei Knie und Melcher (Geographische Beschreibung von
Schlesien, Breslau 1828, S. 108) mit seinem Bruder Cajestan verwechselt wurde, soll
laut Pfarrer Rauch in Rosenthal (+ 1843) "zur Rettung seines verschuldeten Bruders
Cajetan sein ganzes Vermögen (aufgeopfert haben) und daher als armer Mann am
26. Mai 1800 zu Habelschwerdt (gestorben sein)". (1)

(1) zitiert bei Volkmer