FALZER, GANS / Verbrecherverzeichnis

Liebe Liste,
heute fand ich im Amts-Blatt der Königlich Preußischen Regierung zu Marienwerder Nr. 3 vom
19.1.1821 folgende Bekanntmachung:

In Tempelburg zum Departement der Königl. Regierung zu Cöslin gehörig, ist am 5ten d.M. an
einem Jahrmarkts-Tage ein gewisser Johann August Falzer mit seiner Frau und Mutter bei
einem Diebstahl ergriffen und verhaftet worden, welcher nach allen Umständen der August
Felzer ist, dessen in dem mitgetheilten Verbrecher-Verzeichniß sub Nro. 3. als zur Bande
des Martin Gans gehörig, Erwähnung geschehen ist. Auch hat sich an demselben Tage in einem
Wirthshause in Tempelburg ein unbekannter Mensch gezeigt und ist sogleich wieder
verschwunden. Nach der vom Wirth dieses Gasthauses gemachten Beschreibung dieser Person und
hinsichtlich des Umstandes, daß auch der August Falzer in demselben Wirthshause gewesen und
auf Dieberei ertappt worden, ist es sehr wahrscheinlich, daß der Unbekannte der berüchtigte
Martin Gans gewesen ist. Zu seinem Signalement welches das schon gedachte
Verbrecher-Verzeichnis ergiebt, wird nach der Angabe des Gastwirths in Tempelburg
hinzugesetzt, daß derselbe
1) einen runden Filzhut als Kopfbedeckung und
2) einen Ueberrock von grau melirt wollenem Zeuge von ländlicher Arbeit nach der polnischen
Bauer-Tracht zugeschnitten, getragen, der ihm aber nur schlecht angepaßt hat;
3) über die Schulter hat er einen leinen Brodbeutel getragen;
4) lederne Stiefeln angehabt und
5) Plattdeutsch (aber sehr rasch und gewähld gesprochen.
Das Alter desselben, hat der Gastwirth in Tempelburg auf 36 Jahre geschätzt und trift im
übrigen das Signalement in dem Verbrecher-Verzeichnis qu. Ganz zu.

Sämmtliche Behörden werden daher angewiesen auf diesen sehr gefährlichen Verbrecher auf das
Genaueste, besonders an dem Jahrmarkts-Tagen zu vigiliren, ihn betreffenden Falls sofort zu
verhaften und dingfest zu machen, auch uns sodann gleich Anzeige zu leisten.

Die Königl. Regierung in Cöslin, auf deren Requisition vom 11ten Dezember d.J. wir dieses
bekannt machen, wird sich für eine angemessene Prämie verwenden, wenn die Verhaftung des
Martin Gans gelingt, und mit Auszeichnung ausgeführt wird.

Hallo Margot!
Aus meinen Studien zur ostmasurischen Dorfgeschichte wei� ich, da� die
Amtsvorsteher - etwa seit 1920 - solche Verbrecher-Verzeichnisse gef�hrt
haben. Es waren vorgedruckte Formulare mit folgenden Rubriken : "lfd. Nr.,
Namen, Stand, Wohnort, Datum der Strafverf�gung, N�here Bezeichnung der
�bertretung, Gesetzliche Strafbestimmung, Strafbefehl: a) Geldstrafe / b)
Substituierte Haftstrafe (Tage), Datum der Zustellung der Strafverf�gung.
Erledigung: a) Zahlung an die Amtskasse / b) Verb��ung der Haftstrafe / c)
Niederschlag / d) Im Falle der Berufung Abgabe an den Amtsanwalt / Datum der
Bezahlung oder Verb��ung oder Abgabe an den Amtsanwalt, Bemerkungen."

Aus Zufallsfunden in den Amtsbl�ttern der Reg,-Bez. Gumbinnen und seit 1906
Allenstein wei� ich wie Du, da� in den w�chentlich erschienen
Amtsbl�ttern(je 8 bis 32 Seiten) becheidene Rubriken mit Nachrichten aus dem
Bezirk Aufnahme fanden, sp�ter allerdings gab es parallel dazu ein
Anzeigeblatt mit nichtamtlichen Mitteilungen, die derartige Informationen in
breiterm Ma�e enthielten.
Die Berliner Staatsbibliothek U. d. L. hat vor einigen Jahren die kompletten
Amtsbl�tter der ehemaligen �stlichrn Bezirke verfilmt - ich glaube auf
Mikrofiche. Sie sind also vollst�ndig erhalten und auch ausleihbar. Nur ist
es sehr m�hsam, etliche Regalmeter i. O. oder verfilmt
durchzusehen.Vielleicht wird aber bald eine neue Repro-Technik die starren
fotografierten Grafikseiten in variabke Textseiten(z. B. im PDF-Format)
umwandeln k�nnen und so f�r eine komfortable Wortrecherche zug�nglich
machen. Oder gibt es schon heute einen �hnlich brauchbaren Weg? M�gen Kenner
dieser Materie sich doch bitte zu Wort melden!
Der Fundus dieser einzigartigen Quelle sollte m�glichst bald erschlossen
werden k�nnen!!
Soweit meine Informationen und Fragen von sicher allgemeinerem Interesse.
Mit den besten Erfolgsw�nschen gr��t freundlichst Helmut Blaseio

Hallo Helmut, vielen Dank für Deine Hinwiese. Ich finde auch, dass diese Infos wichtig für
uns sind. Ich habe einen "Bösewicht" in der Familie und wäre froh, wenn ich darüber
genaueres erfahren könnte.
Viel Forscherglück!
Wünscht Margot