Erinnerungen vom 17.Januar 1945

Ich habe schon einige Erinnerungen in dieser Liste gelesen und ich bin
der Meinung, die Erinnerung von meiner Mutter könnte ich auch senden,
denn jedes Schicksal ist doch immer anders verlaufen.

Meine Mutter
Ella Auguste Luise Skrebbas
geb. 01.08.1926 Lankeninken

Das sind die Erinnerungen vom
17. Januar 1945

Am 17. Januar 1945 machten wir uns auf den Weg in eine ungewisse
Zukunft!
Vom Gut Wannegen wo mein Vater als Verwalter von der Bezirksregierung
eingesetzt war.
Wir, das heißt meine Mutter, Bruder, Schwester, eine Verwandte der
Gutsbesitzer und ich. Mein Vater war damals 51 Jahre alt und wurde zum
Volksturm eingezogen musste also dableiben und die Heimat verteidigen.
Wann und wo wir zu irgendeinem Zeitpunkt waren weiß ich nicht. Ich weiß
auch nicht an welchem Tag wir in Narmeln auf der Nehrung ankamen. Dort
blieben noch ein paar Tage, dann trennten wir uns.
Die Nehrung ist nur ein schmaler Sandstreifen (mit Bäumen bewuchert)
zwischen dem Haff und der Ostsee. Dort gibt es eine Straße (mehrere
Sandwege). Diese Straße war nur mit Fahrzeugen vom Militär und
Hilfsdienste. Da wurden Frauen mit kleinen Kindern und Kranke
mitgenommen. Eine Frau die mehrere Kinder hatte, drückte mir eines ihrer
Kinder in Arm, so kam ich nach Pillau. Von dort auf ein Artillerie
Schiff, der Heimathafen war Saßnitz auf Rügen und dorthin ging meine
Reise. Von Saßnitz mit der Zug nach Stade, von dort mit dem Bus nach
Apensen und dort wurden wir verteilt an die dortigen Bewohner. Ich weiß
nur dass ich mich am 15.03.1945 beim Gemeindeamt in Apensen angemeldet
habe.

Mein Vater kam in russische Gefangenschaft und in einem Arbeitslager in
Sibirien. Dort musste er hart Arbeiten und wurde krank. Eine russische
Ärztin hat dann dafür gesorgt, dass er mit einem Transport nach
Deutschland kam.
Der Bruder meines Vaters, Onkel Hans, war damals Bankangestellter oder
Leiter einer Bank in Gotenhafen, heute Gdingen an der Ostsee. An eben
diesen habe ich von Apensen aus geschrieben, diesen hatte noch irgendwie
Verbindung mit meinem Vater und so bekam mein Vater meine Adresse.
Ich war nun in Apensen bei Buxtehude. Da wir Buxtehude aus dem
Mährchenbuch von Hase und Igel kannten auch den Hunden die mit dem
Schwatz bellen war uns Buxtehude in Ostpreußen ein Begriff. Wussten aber
nicht das es diesen Ort wirklich gab. So hatte Vater sich den Namen
gemerkt. Mein Vater hat sich nach Westdeutschland entlassen lassen. Er
kam in ein Lazarett in Neustadt an der Ostsee. Von dort schrieb er an
die Kirche und das Arbeitsamt in Buxtehude und forschte nach mir.
Ich hatte inzwischen Arbeit auf einem Bauernhof in Apensen gefunden,
war also bei dem Arbeitsamt gemeldet und so haben wir uns nach langer
Zeit gefunden.
In einem Nachbarort habe ich Arbeit auf einem kleinen Bauernhof für
meinen Vater gefunden. Der Bauer war noch in Gefangenschaft, so war die
Frau mit zwei kleinen Kindern alleine und brauchte Hilfe. Als der Bauer
dann nach hause kam wurde Vater nicht mehr gebraucht. So fand er Arbeit
im Torfwerk in Sauensiek auch dort ein Zimmer.
Dort lernte er Frau Fränzel, einer Kriegerwitwe mit drei Kindern kennen.
Da wir nicht wussten ob meine Stiefmutter (meine Mutter starb, als ich
noch klein war) und meine Halbgeschwister noch am Leben sind, ist Frau
Fränzel Vaters Lebensgefährtin geworden, mit der er noch 1950 eine
kleine Tochter bekam.

Meine Stiefmutter und meine Halbgeschwister sind in Danzig gelandet. Sie
konnten sich entscheiden, entweder in den Westen oder zurück nach
Ostpreußen. Stiefmutter entschied sich für Ostpreußen, in die Heimat
zurück zu kehren. Sie wusste nicht was sie dort erwartet, ich glaube,
hätte Stiefmutter vorher gewusst was sie dort erwarte, hätte sie sich
anders entschieden.

Ende Oktober 1948 kamen Sie in die damalige DDR, nach drei Jahren Hunger
und Elend in Ostpreußen, Litauen und Lettland unter russischer
Herrschaft.
Durch das Roten Kreutz fanden wir uns wieder.
Stiefmutter und Halbgeschwister kamen nach Sauensiek zu Vater. Sie
wohnten bei Vater, diese brach aber das Verhältnis mit Frau Fränzel
nicht ab.
Er trennt sich später von seiner Familie, sie blieben allein.
Vater zog mit Frau Fränzel und den drei Kindern nach Rübke (in der nähe
von Buxtehude) in eine Wohnung. Später baute er für sich und der neuen
Familie ein Haus in Buxtehude. Vater verstarb dann am 14. Mai 1965 in
seinem Haus.
Stiefmutter zog später, nachdem mein Halbbruder nach Mannheim gegangen
war und meine Halbschwester die inzwischen geheiratet hat, zu ihr, wo
Sie am 27.Januar 1972 starb.

Mit freundlichen Grüßen
Hannelore Wedemeyer