Erbpachthofbesitzer

Hallo in die Runde,

insbesondere der letzte Beitrag zu obigem Betreff veranlaßt mich, hier zu
mich zu Wort zu melden.
In den Kirchenbucheintragungen finden wir in früher Zeit den Begriff
"Hauswirt(h) dieser erscheint dann später zu dem angefragten Begriff
"Erbpächter". Das Wort für sich kennzeichnet bereits den Sachverhalt:
Solange die Hofstelle sich in der männlichen Linie befand, also vererbbar
war, blieb diese in der Familie und wurde an die nächste Generation
weitergegeben. Der Begriff "Erbpächter" erscheint im 20. Jahrhundert
weniger, statt dessen dann der Begriff "Hofbesitzer". Nach meiner Kenntnis
sind die Verhältnisse in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts in
Besitzverhältnisse geändert gewesen.

Die angegebene Literatur, erschienen im Jahre sechs bzw. fünf vor dem
sozialistischen "Freuden"-Frühling in der Landwirtschaft der DDR, würde ich
zumindest mit etwas Vorsicht betrachten, denn immerhin war die Umgestaltung
der Landwirtschaft nach sowjetischem Vorbild auf der 2. Parteikonferenz der
SED beschlossen, und das war 1952.

Was die unternehmerische Freiheit angeht, kann für die Erbpächter natürlich
keine Rede sein, dafür war die Arbeit einfach zu schwer. Hinzu kam, daß die
Getreideagenten aus Hamburg die Preise wohl zu diktieren wußten, oder wie
bei "meinen Bauern" die Schafschwingel-Ernte, die ohnehin extrem schwierig
war, den Aufkäufern völlig ausgeliefert waren. Allerdings sind die
unternehmerischen Freiheiten vollends beschnitten worden in der Zeit des
Sozialismus. Dort hat man das hochgeschraubte Erzeuger-Soll als Druckmittel
verwandt um die Bauern entweder gen Westen laufen zu sehen oder sie sich
gefügig zu machen. Von Unternehmertum war dann überhaupt keine Rede mehr
nach 1960, dem, wie gesagt sozialistischen Frühling. Da wurden aus
Hofbesitzern einfach Landarbeiter. Die Auswirkung dieser Politik sind auch
heute noch zu erkennen.

Mit freundlichen Grüßen in die Runde,

Erhard (Räth)

Hallo Erhard,

mit sozialistischen Entwicklung in der Nachkriegszeit haben mit der hier in Rede stehenden Fragen nun wirklich so garnichts zu tun.

Die Tradition der Bauernforschung bl�hte auch in Meckl. nat�rlich in der Nazizeit besonders auf und f�hrte zu verschiedenen Quelleneditionen (die Bauernlisten f�r verschiedene meckl. �mter), welche nach dem Krieg mit erweitertem Betrachtungsansatz noch einige Zeit fortgef�hrt wurden und dem Familienforscher f�r die Betrachtungsr�ume wichtige Quellenwerke in die Hand gaben.

Nat�rlich hatte sich auch die Agrargeschichtsforschung in der DDR politischen und weltanschaulichen Diktaten zu unterwerfen. Die erw. Standardwerke sind hinsichtlich des Vokabulars sicherlich und unbezweifelt Zeugnisse jener Zeit und Umst�nde. Gleichwohl gibt es hinsichtlich der Sachlichkeit bis heute (leider) nichts besseres und umfassenderes. Die gro�e Aera der meckl. Agrargeschichtsforschung endete im wesentlichen mit der Ende der DDR.

Was den quellenbelegten Begriff "Hauswirt" angeht, so w�re ich eher vorsichtig mit der Beurteilung. Seit dem 18. Jh. wurden in Meckl. eine gro�e Anzahl von Kleinbauernstellen mit Nutzfl�che bis 2 Hektar (Kossaten, H�uschenleute etc.) geschaffen. Auch diese Kleinbauern k�nnen m.A.n. als "Hauswirte" in die Personenstandsurkunden geraten sein. Ich wei� nicht, inwieweit das mal bezogen auf einen Ort wirklich im Detail untersucht und dokumentiert worden ist, auch im Hinblick auf die Frage, ob es einen Unterschied zwischen jenen "Hauswirten" und den "Haushaltsvorst�nden" der Volksz�hlungen gab/gibt. Das wird sich nur im Detailvergleich und auf Ortsebene kl�ren lassen. Freie Bauern gab es in jener Zeit in Mecklenburg (abgesehen vom F�rstentum Ratzeburg) fast garnicht mehr.

Ich denke, der Begriff "Erbpachthofbesitzer" dr�ckt ein gewisses Standesbewu�tsein des Erw�hnten in Abgrenzung von den Kleinbauern und den �brigen Landarbeitern aus. Die n�chste soziale Stufe auf dem flachen Land in OldMec war der "Gutsp�chter", dann der "Gutsbesitzer" (gebraucht �blicher Weise im Sinne von Guts-Eigent�mer) - der "Erbpachthofbesitzer" war und f�hlte sich also quasi als l�ndlicher Mittelstand. Die Aufl�sung der h�ufig quellenbelegten Bezeichnung "P�chter" in die eine oder andere Richtung erscheint mir auch als sehr d�nnes Eis. Den auf dem Lande h�ufig anzutreffenden "Amtmann" setze ich gew�hnlich mit dem "Gutsp�chter" gleich, denn jener hatte im Ort in Auftrag und Vertretung der Obrigkeit die weltliche Amtsgewalt.

Sch�ne Gr��e, Peter Starsy

----- B e z u g: Empfangene Nachricht -----

Hallo Erhard,
absolut nichts zu sachdienlichen Hinweisen die uns bei der "Fam.-Forschung" n�tzlich sind. Politische und �hnliche Randbemerkungen haben wenig damit zu tun und sollten auf der Liste unterbleiben.
MfG
Kalle