Hallo in die Runde, ich hoffe ich habe nicht zu viel geschrieben, aber das Thema ist hoch interessant und vie4lleicht ergibt sich eine Diskussion.
Aus den bisherigen zwei Beitr�gen sehe da� sich 2 Leute auf ein etwas problematisches Feld begeben wollen. Wie schon �fters bei diesen Vorhaben halte ich es f�r notwendig Tatsachen und Annahmen schon zu Beginn einer Diskussion von einander zu trennen. Ich besch�ftige mich derzeit nicht nur mit meinen Vorfahren in ML sondern in einer anderen Arbeit mit dem L�tzow'schen Freikorps, der Jenaer Urburschenschaft und dem Wartburgfest 1817, die in direkter Verbindung stehen.
Wie Maik sehr richtig ausf�hrt, waren die Angeh�rigen des L�tzowschen Freikorps mit Sicherheit keine Partisanen, wie von Ute Rathke beschrieben.
L�tzows wilde Jagd; das ist offiziell das K�niglich Preu�ische Freikorps von L�tzow, eine regul�re Truppe des preu�ischen Heeres. Sie sind weder Guerilleros noch Partisanen noch Irregul�re. Aber: es sind ausschlie�lich Freiwillige und sogenannte Selbstversorger - sie empfangen keine L�hnung, r�sten sich selbst aus kleiden sich ein. Vom Februar 1813 bis April 1814 werden im L�tzowschen Freikorps gut viertausend M�nner (und zwei Frauen) k�mpfen. Dann wird die Truppe, wie alle anderen Freikorps auch, aufgel�st bzw. umgegliedert und als "normale" Truppenteile in das preu�ische Heer integriert.
Gerhard Johann David von Scharnhorst bewegte Friedrich Wilhelm III. zu einer Aufstellung von freiwilligen J�ger-Einheiten (J�ger-Detachements). Daraufhin gr�ndete in Breslau auch der Major a.D. Ludwig Adolf Wilhelm Freiherr v. L�tzow (1782-1834) im Februar 1813 in Breslau ein Freikorps. Vorbild war das Konzept der spanischen Guerilla von 1808 (Verkleinerungsform von guerra = Krieg, also "Kleiner Krieg"). Daher stammte das Konzept der "Freikorps" - das sollten Freiwillige sein, gut motiviert, die durch ihre eigene Ausr�stung den preu�ischen Staat nicht viel an Ausstattung - und noch weniger an Sold - kosten sollten. Scharnhorst sah dabei die Gelegenheit, ganz Norddeutschland mit Hilfe von Volksaufst�nden und beweglichen Reitertruppen "aufzurollen".
L�tzow war nicht der geborene Vertreter des "Kleinen Krieges": Der ehemalige Berufsoffizier aus mecklenburgischen Adel besa� einschl�gige Erfahrungen durch seine Teilnahme an den Streifz�gen des Schillschen Freikorps 1809 gegen Napoleon. Bereits 1808 hatte L�tzow zweimal versucht, in Ostfriesland einen Aufstand in Gang zu setzen. Aufgrund von Verletzungen war er pensioniert worden. Beim Aufbau des Freikorps unterst�tzte ihn tatkr�ftig seine Ehefrau Elise anwarb. Im Freikorps nahm er vor allem "Ausl�nder" auf - wobei darunter B�rger deutscher Staaten verstanden wurden, die Angeh�rige der Rheinbundstaaten oder gar franz�sische Untertanen waren (wie z.B. die Einwohner des Herzogtums Oldenburg). Nur ausgediente oder "ausl�ndische" Offiziere, die einwandfreie F�hrung nachweisen konnten.
Als Zugest�ndnis wurde den L�tzowern erlaubt, schwarze Uniformen tragen zu d�rfen. Der Hintergrund war praktischer Natur: Da die L�tzower gr��tenteils mit ihrer Zivilkleidung, wie Arbeitsblusen, Studentenkitteln und Bauernr�cken anr�ckten, war schwarz die einzige Farbe, mit der sich durch Einf�rbung eine einheitliche Uniformfarbe herstellen lie�. Das Korps setzte sich aus allen Schichten der Gesellschaft zusammen, doch waren Handwerker, Arbeiter und Akademiker �berproportional vertreten, Tagel�hner und Knechte unterrepr�sentiert. Beinahe die H�lfte der L�tzower stammte aus Preu�en, die Mehrheit aus Mittel- und Nordwestdeutschland. West- und S�ddeutsche befinden sich kaum im Korps. Auch gut die H�lfte der 113 Offiziere stammte aus Preu�en, der Rest aus Sachsen, Mecklenburg, Westfalen, Th�ringen und Braunschweig. Im Korps befand sich weiterhin eine Tiroler Sch�tzenkompanie, die eine eigene Einheit bildete.
Die Zusammensetzung des Korps zeigt, da� es nicht wie Maik feststellt, Freigeister, sondern �berwiegend Angeh�rige des B�rgertums.
Die Uniformen, siehe oben waren also durchweg Zivilkleidung, die um ein einheitliches Bild zu erreichen, schwarz eingef�rbt wurde. Weiter hatten die Uniformr�cke rote Aufschl�ge und goldfarbene oder gelbe Kn�pfe. Am Tschako trugen sie die schwarz-wei�en Kokarden der preu�ischen Monarchie f�r die sie tats�chlich k�mpften. Zweifellos trugen viele L�tzower, voran die Studenten, eine demokratische Gesinnung und ihre schwarzen Uniformen mit den roten Aufschl�gen und goldfarbenen Kn�pfen . Die Jenaer Stundenten, die aktiv gek�mpft hatten nutzten dann die Farben schwarz-rot-gold f�r die Urburschenschaft und das Wartburgfest 1817.
W�hrend ihrer einj�hrigen Bestehens nahmen die L�tzower an zahlreichen Gefechten und Schlachten teil: zuerst Streifz�ge in Sachsen und Th�ringen, die bis nach Bayern f�hrten. Am 17. Juni 1813 wurde die Kavallerieabteilung w�hrend eines Waffenstillstands durch franz�sische Intrigen beinahe v�llig aufgerieben - aber schnell neu organisiert. Im sogenannten Herbstfeldzug 1813 k�mpften sie sich die Elbe flu�abw�rts und eroberten zusammen mit Kosaken sogar Bremen, mu�ten aber die Stadt umgehend wieder r�umen, als franz�sische Verst�rkung anr�ckte. Sp�ter fochten sie, meistens mit Kosaken, in Minden, Schleswig-Holstein und am Rhein. Teile der Kavallerie waren Anfang 1814 in den Niederlanden und Nordostfrankreich eingesetzt. Nach dem Einmarsch der Verb�ndeten in Paris und der Verbannung Napoleons nach Elba im April 1814 wurde das Korps aufgel�st und das Infanterie-Regiment Nr. 25 und das Ulanen-Regiment Nr. 6 umgewandelt.
Warum wurde ausgerechnet das L�tzowsche Freikorps so ber�hmt?
Es waren heute bekannte Deutsche, die sich in das Korps einbrachten. So
Theodor K�rner (1791-1813): er gilt als ber�hmtester deutscher Dichter der Befreiungskriege, Adjutant L�tzows. Aus Sachsen geb�rtig, hatte er mit 21 bereits Dutzende Gedichte, Dramen, Lustspiele, Theaterst�cke und Opern produziert, so auch eine besondere Liedersammlung zum Befreiungskrieg, die den bezeichnenden Titel "Leyer und Schwert" trug. Seine ber�hmteste Dichtung ist das Lied "L�tzows wilde Jagd". Neben Ferdinand v. Schill die deutsche Ikone der Befreiungskriege.
Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852): Genannt "Turnvater Jahn", geboren in Lanz bei Ludwigslust, Jahn war es der sich pers�nlich an den mitteldeutschen Universit�ten in pers�nlichen Gespr�chen an die Studenten wandte und um Eintritt in das Korps warb. Bei den L�tzowern zeitweise Bataillonsf�hrer.
Dann der bedeutendste Dichter der deutschen Romantik: Johann v. Eichendorff. Und nicht zuletzt: Der Erfinder des Kindergartens - der P�dagoge Friedrich Fr�bel.
Nicht vergessen werden sollen hier die beiden Frauen, die in M�nnerkleidung dienen. Die Potsdamer K�chin Eleonore Prochaska (1785-1813) verkleidet sich als Mann und dient bei den L�tzowern als J�ger "August Renz". Bis zum Gefecht an der G�hrde/Wendland am 16. September 1814 h�lt die 28j�hrige Tochter eines preu�ischen Unteroffiziers ihre Identit�t geheim. Beim Sturmangriff nimmt sie einem gefallenen franz�sischen Tambour die Trommel ab und schl�gt unentwegt zur Attacke - bis eine Kugel ihren linken Schenkel durchschl�gt. Schwer verwundet stirbt sie am 5. Oktober 1813 in Dannenberg. 1863 errichtete man ihr dort ein obelisk�hnliches Denkmal;
Eine weitere L�tzowerin war die Bremer Zimmermeisterstochter Anna L�hring (1796-1866), die sich als "Eduard Kruse" aus Oldenburg ins Korps eingeschlichen hatte und bis zum Schlu� im Korps bleiben durfte, obwohl ihr Vater inzwischen ihren Hauptmann auf ihren Betrug aufmerksam gemacht hatte. Der S�bel "des kleinen Kruse" befindet sich heute im Bremer Focke-Museum.
L�tzow selbst blieb Berufsoffizier. F�r seine Verdienste im Feldzug 1815 erhielt er das Eichenlaub zum Pour le M�rite und wurde zum Oberst bef�rdert. 1830 Generalmajor, starb er am 6. Dezember 1834 an den Folgen eines Schlaganfalls. Sein Grab befindet sich auf dem Berliner Garnisonfriedhof.
Die Freikorps der Befreiungskriege waren, n�chtern betrachtet, nicht mehr als eine Fu�note der Geschichte. Das Scharnhorstsche Konzept des Volkskriegs war nicht aufgegangen. Die Einnahme und der schnelle R�ckzug aus Bremen sind daf�r ein gutes schlechtes Beispiel: Letztlich war es sinnlos, weit vor den eigenen Linien liegende St�dte oder Gebiete kurzfristig einzunehmen, wenn diese nicht gehalten werden konnten, da die "regul�ren" Truppen nicht in der Lage waren, nachzufolgen. Somit waren die Freikorps kein Ersatz f�r "regul�re" Truppen, sondern eine Erg�nzung.
Allerdings blieb ein Mythos, der in den letzen 180 Jahren eigent�mlicherweise von allen politischen Parteien genutzt wurde: Monarchisten, B�rgerlichen Demokraten, Sozialdemokraten, Nationalsozialisten und Sozialisten.
Wer mehr Interesse an den L�tzowern hat sei auf das gut recherchierte, trotzdem unterhaltsame und phantastisch bebilderte Werk des Potsdamer Historikers Frank Bauer hingewiesen: "Horrido L�tzow! Geschichte und Tradition des L�tzower Freikorps", M�nchen 2000.
Helmut Wolter
<01743622803@vodafone.de> schrieb: