Eintrag des Vaters in Kirchenbüchern

Hallo zusammen,

bisher sind wir alle doch davon ausgegangen, da� die Kirchenbucheintr�ge
korrekt sind (mal von Schreibfehlern abgesehen). Notfalls wurde ebend
etwas aus- oder weggelassen. Nach der Lekt�re des folgenden Textes bin ich
mir aber nicht mehr so sicher. Man beachte die Antwort des Konsistoriums.

aus Schlesische Provinzialbl�tter 08/1785 Seite 156

Goldberg. Ein Vorgang, der die Zeit �ber, da� ich mich hier verweilen mu�,
fast den alleinigen Stof der Unterhaltung abgiebet, scheinet mir die
Pr�fung der Moralisten und Gesetzgebers, und darum eine weitere
Bekanntmachung zu verdienen.
Der hiesige Riemer, Johann Berner, lebte schon �ber 18 Jahre in einer
unfruchtbaren Ehe. Vor ungef�hr zwey Jahren nahm er die Schwester Tochter
seiner noch lebenden Frau, Namens Johanna Christiana Thiermannin, zu sich.
Zu eben der Zeit kam Johann Gottfried Einert, Sohn seiner in Sachsen
lebenden Schwester, als Riemer zu ihm gewandert. Er lie� diesen jungen
Menschen hier Burger und Meister werden, und verheyratete ihn im Julius
1783 mit obgedachter Thiermannin das junge Paar blieb in Berners Hause,
und erst nach einem Vierteljahre miethete sich der Einert ein besonderes
Quartier, wo er tags�ber seine Profe�ion trieb. Alle Mittage und Abende
gieng er bey seinem Vetter zu Tisch, schlief auch bey ihm, aber nicht in
einem Gemach mit seiner Frau, die das Haus ihres Vetters nicht verlie�.
Sie gebahr den 18. Januar d.J. einen Sohn. Der Gl�ckner, welcher, um die
Taufzeugen zu bitten, herbeygerufen war, frug die W�chnerin nach ihrem
Mann. Der gegenw�rtige Riemer Berner nahm das Wort, und antwortete: er sey
nicht da, und das Kind gehe ihn auch nichts an, denn er selbst (der
Berner) sey Vater dazu; Dis best�tigte die W�chnerin, und auch des Berners
Ehefrau, letztere mit dem Zusatz, da� es mit ihrer Bewilligung geschehen
sey. Hierauf �bergab der Berner dem Gl�ckner einen Zeddel f�r den Pastor,
der zugleich Senior ist, worauf unter andern stand: Dieser Sohn ist
gebohren den 18. Januar 1785, de�en Nahme Bernhard Berner. - Der Senior
lie� den Berner zu sich rufen, und dieser gestand ganz frey, da� er und
nicht der Einert Vater zu dem Kinde sey, und da� der Einert die ihm
angetraute Frau noch mit keinem Finger anger�hret h�tte. Dieses best�tigte
der ebenfalls herbeygerufene Einert, mit dem Zusatz; da� er um des vielen
Guten willen, so sein Vetter an ihm gethan und noch tue, demselben seine
Frau v�llig �berlassen habe, und noch habe er nicht, auch nicht in der
Brautnacht, seine Schlafst�tte bey seiner Frau gehabet. Der Senior meldete
diesen ganz neuen Vorfall dem Glogauischen Ober-Consistorio, und er frug
an, wen er als Vater ins Kirchenbuch einschreiben solle? Die Antwort fiel
dahin aus: "Da� er seiner Seits sich dabey begn�gen m�sse, denen
theilnehmenden Personen desfalls die n�thigen Vorstellungen zu machen, und
von Amts wegen geh�rig zu ermahnen; �brigens aber sey das Kind auf des
Einert Namen in das Kirchenbuch zu schreiben, indem jedes, w�hrend der Ehe
erzeugte Kind, nach den Gesetzen, als aus der Ehe erzeugt, anzusehen sey,
und selbst das Bekenntnis der Eltern ihm an seiner Rechtm��igkeit und den
damit verbundenen Rechten niemals nachtheilig sen k�nne." Auch hatte der
hiesige Magistrat aus eignem Antriebe bey der K�nigl. Glogauischen
Krieges- und Dom�nen-Cammer angefraget: Ob er des �ffentlichen Scandals
wegen dieser Sache untersuchen solle? Er bekam aber zur Antwort: "Da sich
kein Theil f�r beleidiget erachte, und der Ehebruch keiner richterlichen
Bestrafung zur Genugthuung des Publikums mehr unterworfen sey, keine
Untersuchung von Amts wegen unternommen werden k�nne." So stehet die
Sache, des Einerts Frau ist mit ihrem Kinde noch in des Berners Hause, und
ihr Verh�ltni� mit ihrem Manne das alte. Ob die, bey dieser Sache
intere�irte Personen dar�ber einen m�ndlichen oder schriftlichen Vergleich
errichtet haben, und wie selbiger laute, habe ich nicht erfahren k�nnen,
da alles dieses ungew�hnlich geheim gehalten worden. Der Berner hat sich,
da die Sache ruchbar ward, selbst an das Consistorium gewandt, auch
Antwort erhalten, er hat aber nicht f�r rathsam gefunden, sie laut werden
zu lassen.

Also, wer schw�rt jetzt, da� sein leiblicher Vorfahr im Kirchenbuch steht?

Viele Gr��e
Dirk Steindorf-Sabath

Hallo zusammen,

bisher sind wir alle doch davon ausgegangen, daß die Kirchenbucheinträge
korrekt sind (mal von Schreibfehlern abgesehen). Notfalls wurde ebend
etwas aus- oder weggelassen. Nach der Lektüre des folgenden Textes bin ich
mir aber nicht mehr so sicher. Man beachte die Antwort des Konsistoriums.

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Also, wer schwört jetzt, daß sein leiblicher Vorfahr im Kirchenbuch steht?

Dieser Illusion sollte man sich besser nicht hingeben. Die beschriebene
Sachlage würde wohl - wenn alle Beteiligten einverstanden sind - auch
heute noch so gehandhabt. Denn:

§ 1593 BGB (aktuell)
Die Nichtehelichkeit eines Kindes, das während der Ehe oder
innerhalb von dreihundertundzwei Tagen nach Auflösung oder
Nichtigerklärung der Ehe geboren ist, kann nur geltend gemacht
werden, wenn die Ehelichkeit angefochten und die Nichtehelichkeit
rechtskräftig festgestellt ist.

Wenn also der gesetzliche Vater die Ehelichkeit nicht bestreitet, ist es
sein Kind, weil es in seiner Ehe von seiner Frau geboren wurde.

Arthur