Guten Morgen,
ich kenne dazu einen Fall aus den St. Wendeler Notariatsunterlagen aus den
1880ern. Da ging es um die Anerkennung eines unehelichen Kindes durch den
Vater, aber viele Jahre nach der Geburt. Mutter und potentieller Vater
suchten den Notar auf, damit der Mann das Kind anerkennt. Nun hatte bei der
Geburt die Mutter angegeben, den Namen des Vaters nicht zu kennen. Folglich
wies der Notar die beiden darauf hin, daß - falls sie beide bei der
Anerkennungsaufforderung bleiben - sie wegen damaliger Falschaussage belangt
werden würden – in dem Fall wohl die Mutter, weil der Mann keine Aussage
gemacht hatte.
Ich hab grad nochmal den Fall gefunden:
„Notar Wiese am 13.03.1894
Johann Zeyer, Fabrikarbeiter in Alsfassen, will das von seiner Ehefrau
Caroline geb. Keller am 10.07.1878 geborene Kind namens Johann als von ihm
erzeugt anerkennen; der Eintrag erfolgte seinzerzeit im im Civilstandsregister
Neunkirchen. Es wurde ihm darauf der Paragraph 169 des
Reichsstrafgesetzbuchs vorgelesen und vorgehalten; er versicherte aber, daß der nichts desto
weniger darauf bestehe und das Kind anerkennen wolle, weil es durchaus von
ihm erzeugt worden sei. Er sei der natürliche Vater. Er beantragt die
Legitimation, um demselben Zuwendungen jeder Art machen zu können.“
„Reichsstrafgesetzbuch, § 169:
Wer ein Kind unterschiebt oder vorsätzlich verwechselt, oder wer auf
andere Weise den Personenstand eines Andern vorsätzlich verändert oder
unterdrückt, wird mit Gefängnis bis drei Jahren, und wenn die Handlung in
gewinnsüchtiger Absicht begangen ist, mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren bestraft. Der
Versuch ist strafbar.“
Kommentar zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich von Dr. Justus
Olshausen, Berlin 1909, Seite 652 bis 657, eingesehen im Landesarchiv Saarbrücken
„Kommentar: bezüglich der Veränderung. Diese kann geschehen durch:
a. Anerkennung der Vaterschaft eines als unehel. geboren, im
Geburtsregister eingetragenen Kindes seitens des späteren Ehemannes der Mutter, der
nicht der Vater war bzw. seitens eines Dritten, der mit der Mutter nicht
geschlechtlich verkehrt hatte, bzw. wissentl. unwahre Erklärung der außerehel.
Mutter vor dem Vormundschaftsrichter, den Erzeuger des Kindes nicht zu kennen
…“
unterdrückt = "etwas Bestehendes der Kenntnis Dritter entziehen".
Es geht natürlich auch so:
Notar Keller am 07.06.1874
Jakob Stoll, Taglöhner in Leitersweiler, und Ehefrau Charlotte Wolfskeil
haben vor ihrer Ehe vom 02.12.1872 (Bürgermeisterei Oberkirchen) ein Kind
namens Charlotte Wolfskeil gezeugt, geb. 08.02.1870 zu Hoof. Sie konnten das
Kind bei Abschluß ihrer Ehe nicht anerkennen, weil sie den benötigten
Geburtsregisterauszug nicht dabei hatten. Das holen sie nunmehr nach.
Mit freundlichen Grüßen
Roland Geiger