Domnitz (Saalkreis) 1648

Hallo Listies,
einen ungemein bedrueckenden Situationsbericht ueber die
Verhaeltnisse in Domnitz/ Saalkreis liefert Pastor Hoffmann an den
Rat der Stadt Halle im Jahr 1648 - zu finden in der Chronik von
M.A.R. Schubert, Pastor zu Domnitz 1910 (Neuauflage in Arbeit).
Beste Gruesse
Detlef R. Papsdorf
Familienarchiv Papsdorf
35410 Hungen-Bellersheim
www.familienarchiv-papsdorf.de

"Denen Wohl Ehrenvesten, Hochachtbaren, Hoch- und Wohlweisen, Hoch-
und Wohlgelahrten Herren Raths Meistern und Meistern der Innungen und
gemeinheit der Stadt Hall. Meinen Hochgeehrten Herren Patronen,
vielwehrten Grossguenstigen und freundlichen lieben Foerderern.
  Ehrenveste, Hoch- und GrossAchtbare, Hoch- und wohlgelahrte, Dess
Ehrenvesten Hoch- und Wohlweisen Raths der Stadt Halle, zur
Kirchrechnung zu Domnitz und Talehna Wohlverordnete Herren,
Hochgeehrte freundliche liebe Patronen und Foerderer, Derselbigen
Gesundheit, Ankunft und glueckliches Wohlergehen, ist mir jeder Zeit
erfreulichen zu erfahren, Und wil hiermit den lieben Gott gebethen
haben, dass seine goettliche Almacht zu dieser KirchrechnungHandlung
und anderen dergleichen ihren expeditionibus, seine gnade, Seegen und
guthes gedeihen, darzu geben und verleihen wolle.
  Erstlich, Wass im inventario zur Pfar Domnitz belanget, dass drey
Morgen mit Korn, und drey Morgen mit gersten bestellet dem Successori
alhier gelassen werden sollen, habe ich hierbei zu erinnern fuer
notwendig erachtet, dass vor 9 iharen, in meinem Umzuge, solch zum
Pfarr inventarium ich nicht bekommen, Nichts alss nur die blosen
pfarraecker alle unbestelt, So im erbaermlichen Kriegess-wesen
etliche ihar hier wueste gelegen, und dass pfarrhaus sehr verwuestet,
darinnen jetzt die eingepfarten dieses orths koennen befragt werden,
ich bitte gantz fleisig umb ein klein schriftlich bekenntnis
hierueber, wass ich im anfange nicht empfangen, ich, mein weib und
Kind, auch dermahl-eins nicht lasen koennen, Den bisweilen armen
Pfarwitben und waysen, wenn die Successores alless bestellet haben
wollen, grosse ungelegenheit dahehr endstanden ist.
  Eine Hufe land sollen alhier diese eingepfarten in beiden Gemeinen,
zur Pfarr Domnitz, alle ihar bestellen, und dass erwachsene getreidig
drauf dem pfarrer einfueren, ist bisher etliche ihar unterblieben,
haben heuer diss ihar in iedem Dorfe nur andthalben morgen zur pfarre
zu pfluegen wieder angefangen, ist zu wenig, darfuer ich ihnen zwo
tonnen bier gebe, wird dass ackerlohn bei nahe ihnen darmit betzalet,
weil etliche ueberhihn bestellen. Die im filial Dalehna kommen zu
rechter Zeit, die zu Domnitz bleiben allemahl lange aussen. Wen sie
etwa zur Pfarbesserung, oder auf der Kirche und gotteshaussscheune,
da es immer hinein regnet, helfen sollen, ist keine einigkeit unter
ihnen, man kann sie niegt darzu bringen.
  Eine Hufe landess Sol auch von diesen beiden Gemeinen zu beiden
Gottesshaeuessern, frey bestelt werden, ist in vielen langen iharen
nicht geschehen, darzu sie ietzt die Pfarr- und Kirchenaecker wieder
zu pfluegen und zu bestellen, koennen angemanet werden.
  Aufs neue ihar bekoempt der pfarrer und Schuldiener aus iedem Hause
ein brot, auss beiden Doerfern, weil viel haeuser wueste liegen, hab
ich auss Domnitz zehen, auss Dalehn nur viere ihaerlich bekommen.
Etliche aber brauchen Acker aus den wuesten Haeusern darneben, Alss:
Caspar Berger, Ludwig Stoie, Hanss Koch, hat ein ieder zwey haeuser,
die Aecker darneben gebrauchen sie, und geben mihr ihaerlich von
beiden nur ein broth. Also auch dem schulmeister geben sie nur von
einem. Auch George Kuester und Benedix Zwantzig, haben zu Domnitz
ihre wuesten Haeuser und seind nach Loebejuen gezogen, zu
Domnitz bestellen alle ihar ihre aecker, und halten das bauerrecht
mit ihnen, dass erwachsene getreidig fueren sie nach loebejuen, dem
Gottesdienste, pfarrer, und Schulmeister hier geben sie gar
nichts. Es seind hier auch etliche garten, wiesewachs und gehoeltz,
zun wuesten Hoefen gehoerig, was darauf waechst, theilen sie unter
sich, dem pfarrer und gottessdienste geben sie darvon nichts. Dass
Graass offen Kirchhofe, So dass gemeine vie alle ihar hier reine
abgefressen, ruester und holtz, und wass drauf waechst, gehoert laut
dess pfarrinventarij den pfarrer, Herr Nicolaus Vopelius, der alte
pfarrer, wie seine noch lebende Kinder bezeugen, hat drei birn
baeume drauf gerodet, Sprechen ein bar neidische bauern dem
pfarrer abe und dem Schulmeister zu, da er doch sein eigen gaertlein
darneben umbzeunen und dem pfarrer das seine lasen soll.
  Ich habe alle ihar angehalten, dass die eingepfarten diesen
pfargarten, da das gemeine vie und Saeue durchlauffen, und den
Kirchhof vermachen sollen, Auffen Kirchhofe haben sie heuer die
waende ein wenig wieder gemacht, darbei Hanss pfeiffhause nicht hat
sein wollen, haben sie ihme eine luecke zu vermachen gelassen. Dass
thut er nicht, dieser Hanss pfeifhause koempt kaum in 8 Wochen
einmahl in die Kirche, Sein Hauss ligt am Pfargarten, da soll er
auch, soweit sein Hof gehet, die Pfargartenwand im bau halten, Der
Pfarrer muss seiner Nachbarschaft uebel entgelden, er lest die wand
am pfargarten gar darnieder liegen, wie auch die waende im pfarhofe,
da niemand helffen wil, auch gar einfallen. Alles vie und Saewe
lauffen teglich durch, thun schaden, und machen grosse Unruh. Die
Garten Waende haben hin und hehr luecken, die Diebe gehen dess nachts
auss und ein, ich muss immer befahren, dass Sie mir dass Pferd und
Kue dess nachts zum gartten hinauss fuehren, Sie koennten im gartten
und im hofe den Pfarwaenden mit waellern in einem halben tage
helffen, wenn sie nur darzu gehalten wuerden.
  Zwene Pfennige soll der Pfarrer auffs neue ihar von jederm bahr
ehevolck hier bekommen, die hat Ludwig stoie oeffentlich dem Pfarrer
ab und dem Schulmeister zugesprochen.
  2 pfund Wachs sol der Pfarrer alhier auss Jeder Kirchen ihaerlich
bekommen, sie seind diese ihar auch aussen blieben.
  20 gs sol der Pfarrer ihaerlich zu Dalehn auss Matthess Vogts Hause
Zinse bekommen, ich habe sie noch nie bekommen, Sprechen, Sie wuerden
itzt Zinse geben, wollen eine gewohnheit darauss machen, dass niemand
etwas zum Gottessdienste mehr thun noch geben wil.
  20 gs sol der Pfarrer auss der Moritz Mitgen Hause daselbst, und ein
huhn, ihaerlich bekommen, darvon hab ich ein bar ihar etwas bekommen.
  Etliche Huener (man sagt fuenffe) hat der alte Pfarherr, Hr.
Nicolaus Vopelius, seelig, ihaerlich auss Zachariae Jenicken zu
Schletta Guthe Zinse bekommen. Er hat mihr diese ihar dahehr, da er
doch seine naarung noch immer, und keinen mangel gehabt, mihr gar
nichts geben, Spricht ich solle ihm Zuvor briefe aufweisen. Herrn
Nicolai vopelij aelteste tochter sagte, ihr vater hette auch auss
Zachariae Zwantzigs Gute zu Schletta etwas von Huener-Zinse bekommen.
Ess wahren auch ein bahr haeuser und bahr morgen acker, so zur pfarr
Domnitz lehneten, itzt wirds verschwigen.
  Dass beschwerlichste bei dieser Pfarre ist, dass man im Sommer in
der erndte zu seiner nottuerftigen naarung und Unterhaltung gar
keinen Arbeiter haben kann. Wen man bei diesen leuten gleich auffs
fleisigste aufwartet, und alles willig und gerne thut, wass man thun
sol, wie sie den auch drinnen koennen befragt werden, ich auch alle
Sorge, muehe und kosten aufwende, dass ich etliche aecker wieder
unter den pflug gebracht, und mir ess sauer werden lasse. Wan dan der
liebe Gott an feldfruegten mir etwas beschert, wil in der erndte kein
mensch mir das getreidlein helffen abbringen, arbeiten lieber an
reichen orten, und da sie weitzen verdienen wollen, wie den heuer
biss auf die allerletzte an Bartholomaei mein Korn noch aufn stiele
gestanden, und gar darnieder gefallen, dass ichs bei nahe gahr
stehen, und im felde hatte Verderben lassen muessen. Wenn dann
gleichwohl sonsten die Kirchenordnung vermag, dass die Pfarrkinder in
der erndte, und in der noth, ihrem Pfarrer und Seelsorger umb einen
billichen lohn fuer anderen auch helffen sollen, wird gantz fleissig
gebethen, Diese einwohner und pfareKinder nothwendig zu vermahnen,
dass Wen ihnen ihr Seelsorger eben dasselbige lohn, dass sie an
andern und frembden orten bekommen, anbeut, willig und gerne geben
wil in der erndte und sahmen Zeit, nicht so undanckbar und liederlich
verlasen, Sonst wehre es unmueglich, wenn ich nicht mit eigenen
Haenden solche schwere Handarbeit mit Verrichtete, dass ein armer man
bei ihnen sich erhalten kann.
  Eine Pfarrscheuer thut hier sehr von noethen, die waendte stehen von
der alten noch da, wann wiederum zu eim dache geholffen werden
koennte.
  Dass Pfarrhaus bedarff durchaus ein Tach, die wohn stube ist dass
beste alhier, Sonst ist keine Kammer, da man ein gesinde hihnlegen
kann, ess regnet an allen orten durch.
  Die Pferdestal waendte stehen auch noch da, ess wehre fein, wenn er
wieder ein dach bekehme, und aufgericht wuerde, sonst ist kein stal,
da sich dass vieh im Winter erhalten kann.
  Die Hofe- und garten waende beduerfen gar notwendig bessrung. Kann
auch der Herr Verwalter hierbei erinnert werden, dass vom
Ehrenvesten, Hoch- und Wohlweisen Rath zu dieser pfar ihaerlich
etliche verordnete schock deputat bund holtz umb Michaelis gegeben
werden moechten, Sonst wirds von eim ihar zum andern aufgeschoben,
Vorm ihar hab ichs nicht bekommen, itzt wiederum nicht, ess wird
forthin kalt, man bedarf es hier nothwendig.
  Wo die Grossguenstige Herren Alss meine ingesampt Hochgeehrte
vornehme freundliche liebe Patronen, und maechtige Foerderer, mihr
armen manne etwas zum besten einrathen werden, dass ich meinen auff-
und unterhalt also haben kann, wird der Alm. vielfromme Gott, in
dessen vaeterliche Obacht, gnaedigen Schutz und schirm, Sie
allerseits, ich in meinen getreuen Gebethen, jederzeit gantz
dienstfleisig befohlen haben wil, mit zeitlicher und ewiger leibes-
und Seelenwohlfahrt, hinwiederum zu verschulden und zu belohnen, wohl
wissen.
Datum in Domnitz Anno Christi 1648
E. Wohl Ehrenv. Hoch- und Grossg., Hoch- u. Wohlweissl. Gebeths- und
dienstschuldiger alzeit Georgius Hoffmann, Pastor in Domnitz mppria."
(manu propria - mit eigener Hand geschrieben)