Date: Mon, 04 Jul 2011 20:28:54 +0200
From: "romobs@t-online.de"<romobs@t-online.de>
Subject: [OWP] Deutscher Bauernbund / gegründet 1909
To: "OW-Preussen-L"<ow-preussen-l@genealogy.net>
Message-ID:<1Qdnt8-0WPZPk0@fwd24.aul.t-online.de>
Content-Type: text/plain; charset="ISO-8859-1"Liebe Listenmitglieder,
mein Urgroßvater (Friedrich Berthold Moritz, Wohnsitz Wilhelmsau bei
Kulm ) war von 1909 bis 1920 Mitglied ( stellvtr.
Vorsitzender ) des deutschen Bauernbundes. In seinem Kreis war er
Vorsitzender der Agragenossenschaft.
Weiss jemand, ob es aus der damaligen Zeit noch Unterlagen über den
Deutschen Bauernbund gibt und wo diese sich befinden ?
gruss rolf------------------------------
Es gibt über den Bauernbund im Regierungsbezirk Bromberg folgenden Aufsatz:
Roland Spickermann,
Pragmatism over Tradition: The Agrarian League and the German Farmers' Association in the Bromberg Regierungsbezirk, 1909–1910
Erschienen in der Zeitschrift "German History", Band 19, Heft 4, Seiten 525-548.
Enail-Adresse des Autors:
spickermann_r@utpb.edu
Vermutlich kann er weiterhelfen.
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Deutscher Bauernbund(Hsg.) (Autor)
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Über den Gründer und 1. Vorsitzenden des Deutschen Bauernbundes Friedrich Wachhorst gibt es einen Artikel in Wikipedia mit Literaturhinweisen.
Mit freundlichen Grüßen Gerhard Lehmbruch
Friedrich Wachhorst de Wente (* 23. Februar 1863 in Bottorf, Kreis Bersenbrück; † 16. Februar 1939 in Groß Mimmelage, Kreis Bersenbrück) war ein evangelisch-lutherischer Hofbesitzer, Agrarfunktionär und deutscher Politiker, MdR, MdL (Preußen).
Biographie
Nach der Volksschule und dem Besuch einer Privatschule besuchte der Landwirtssohn in Osnabrück und Quakenbrück ein Gymnasium bzw. Realgymnasium. Der landwirtschaftlichen Ausbildung auf dem väterlichen Hof folgten Tätigkeiten auf verschiedenen Höfen im Raum Hildesheim. Nach der Übernahme des väterlichen Betriebes machte Wachhorst de Wente sich vor allem einen Namen durch die Übernahme landwirtschaftlicher Ehrenämter in der Region und der Gründung von landwirtschaftlichen Organisationen.
Friedrich Wachhorst de Wente schloss sich der Nationalliberalen Partei an. Für sie gehörte er von 1907 bis 1912 dem Reichstag an, wobei er im heimatlichen Wahlkreis Melle-Diepholz (Hannover 2) gewählt worden war. 1912 verlor er den Wahlkreis jedoch an einen Welfen, der vom Zentrum unterstützt wurde. Als wichtiger Agrarpolitiker war er Mitglied im Vorstand seiner Partei für den Regierungsbezirk Osnabrück und vertrat die Region seit 1896 auf nationalliberalen Parteitagen. 1912 bis 1918 gehörte der Landwirt sogar dem Zentralvorstand der Nationalliberalen Partei an.
1914, inzwischen als agrarischer Interessenvertreter weit bekannt, gelangte er im Rahmen einer Nachwahl im Wahlkreis Magdeburg 2 erneut in den Reichstag, wobei er den Wahlkreis den Deutschkonservativen entreißen konnte. Als sich nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs die Nationalliberale Partei auflöste, schloss sich Wachhorst de Wente der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) an, deren Gründungsaufruf er mitunterzeichnete. Im heimischen Wahlkreis 15 (Weser-Ems) gelangte er für sie 1919 in die Weimarer Nationalversammlung. Aufgrund der großen Stimmenverluste der DDP kam er 1920 jedoch nicht in den Reichstag.
Allerdings gehörte Wachhorst de Wente von 1914 bis 1918 ebenfalls für die Nationalliberale Partei dem Preußischen Abgeordnetenhaus an. Als für die Partei zunehmend wichtiger werdende Agrarfunktionär gehörte der Landwirt von 1920 bis 1932 für die DDP bzw. seit 1930 für die Deutsche Staatspartei (DStP), wie sie die Partei seitdem nannte, dem Preußischen Landtag an. Mit der vollkommenen Niedergang der Partei endete 1932 seine politische Karriere. 1918/19 war Wachhorst de Wente Mitglied des provisorischen Hauptvorstands der DDP, 1920 bis 1930 des Reichsvorstands. Weiterhin war er ein führendes Mitglied des Reichsausschusses der DDP für Landwirtschaft.
Wachhorst de Wente war 1909 zusammen mit seinem nationalliberalen Parteifreund Hermann Wamhoff, der ebenfalls aus dem Osnabrücker Land stammte, Gründer des klein- und mittelbäuerlich orientierten Deutschen Bauernbundes (1909-1927), der er für die Zeit des Bestehens als Vorsitzender leitete. Der Deutsche Bauernbund stand politisch der Nationalliberalen Partei nahe, bekämpfte den großagrarisch-konservativen Bund der Landwirte (BdL) und besaß 1909 rund 9000, 1914 rund 50.000 und 1924 ungefähr 20.000 Mitglieder. Schwerpunkte der Bauernorganisation waren das Osnabrücker Land, die Provinz Posen, Hessen, das Land Oldenburg und die Altmark. Die Organisation war wichtig für die Gewinnung landwirtschaftlicher Wähler für die Nationalliberalen bzw. für die DDP, wobei der größte Erfolg in dieser Beziehung bei den Wahlen 1919 errungen wurde. Der Deutsche Bauernbund ging 1927 in die Deutsche Bauernschaft ein, wobei Friedrich Wachhorst de Wente Vorsitzender des geschäftsführenden Ausschusses wurde. Die Umwandlung der Deutschen Bauernschaft in die Deutsche Bauernpartei, wie sie von zwei wichtigen Mitgliedsorganisationen, dem Bayerischen Bauernbund und dem Schlesischen Bauernverein, betrieben wurde, lehnte er ab. Daher beschränkte sich die Unterstützung dieser Kleinbauernpartei, die 1928 acht Reichstagsmandate errang, auf diese beiden Bauernvereine.
Literatur
Bernd Haunfelder, Die liberalen Abgeordneten des Deutschen Reichstags 1871-1918. Ein biographisches Handbuch, Münster 2004, S. 411-412.
Helmut Lensing, Der Deutsche Bauernbund in der Grafschaft Bentheim, in: Bentheimer Jahrbuch 1995 (= Das Bentheimer Land Bd. 133), Bad Bentheim 1994, S. 241-261.
Gerhard Müller/Herbert Schwab, Deutscher Bauernbund (DB) 1909-1927 525-548., in: Dieter Fricke u.a. (Hrsg.), Lexikon zur Parteiengeschichte. Die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien und Verbände in Deutschland 1789-1945, Bd. 2, Leipzig/Köln 1984, S. 33-41.
Über den Dt. Bauernbund vgl. ebenfalls Wikipedia:
Der 1909 gegründete Deutsche Bauernbund richtete sich gegen den Bund der Landwirte, der unter dem Einfluss des Großgrundbesitzes stand. Er stand den Nationalliberalen, nach 1919 der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) nahe. Er verstand sich als bäuerliche Entsprechung zum Hansabund für Gewerbe, Handel und Industrie (HB).
Der Deutsche Bauernbund entstand unter dem Eindruck des Kampfes um die Reichsfinanzreform, sowie einseitiger Wahrnehmung des Großgrundbesitzes durch den Bund der Landwirte gegenüber dem bäuerlichen Grundbesitz. Er fand seine Anhänger vornehmlich bei den nationalliberalen Bauern des Nordwesten Deutschlands, aber auch bei den bäuerlichen Ansiedlern Ostelbiens, die ihre Interessen durch den Bund der Landwirte zugunsten des Großgrundbesitzes zurückgesetzt empfanden. Darin lag eine Bedrohung der eigentlichen Herrschaftsdomäne der Deutschkonservativen Partei im Osten der preußischen Monarchie.
Eine beachtliche Stärkung erfuhr der Deutsche Bauernbund durch den Beitritt regionaler Bauernverbände, wie des Fränkischen Bauernbundes 1910 und des Sächsischen Bauernbundes 1913.
Die Mitgliedschaft rekrutierte sich in der Hauptsache aus Klein- und Mittelbauern, schloss aber auch Großbauern und Rittergutsbesitzer nicht aus. Außerordentlich gute Beziehungen unterhielt der Deutsche Bauernbund zur Nationalliberalen Partei und dem Hansabund. Während das Zentrum eine abwartende Haltung einnahm, wurde der Deutsche Bauernbund von Anfang an von der Deutschkonservativen Partei und vor allem dem Bund der Landwirte heftig bekämpft.
Wie in der Innenpolitik folgte der Deutsche Bauernbund auch in der Außenpolitik in den wesentlichen Fragen der Nationalliberalen Partei. So unterstützte der Deutsche Bauernbund auch deren Kandidaten bei den Wahlen. Dafür trugen der Hansabund und die Nationalliberale Partei das jährliche Defizit des Deutschen Bauernbundes. 1917 kam es zu einer Annäherung zwischen dem Deutschen Bauernbund und der linksliberalen Fortschrittlichen Volkspartei (FVP).
Nach der Novemberrevolution stellte sich der Deutsche Bauernbund sofort auf den Boden der Republik und orientierte sich jetzt auf den äußersten linken Flügel der bürgerlichen Parteien. Bis auf wenige Ausnahmen traten die ehemals nationalliberalen Führer des Deutschen Bauernbundes in die DDP über. Dafür erhielt er beachtliche finanzielle Unterstützung. Bei der Sitzung des Geschäftsführenden Ausschusses der DDP vom 5. Dezember 1918 wurden ihm 200.000 Mark bewilligt.
Für die Wahlen zur Weimarer Nationalversammlung 1919 und zum Deutschen Reichstag 1920 gab es ein offizielles Wahlbündnis zwischen dem Deutschen Bauernbund und der DDP. Dr. Böhme trat schon 1920 für eine Koalition der DDP mit der DVP ein und wies bei dieser Gelegenheit darauf hin, "daß der Bauernbund sich angesichts der Alternative Deutsche Volkspartei oder Sozialdemokratie immer für die Volkspartei entscheiden würde. [...] An dem Tage, an dem im Reiche oder in einem Bundesstaat der Versuch gemacht werden sollte, ein Verhältnis zwischen Deutscher Demokratischer Partei und Unabhängigen herzustellen, würde der Bauernbund seine Beziehungen zur Demokratischen Partei abzubrechen. Es wäre wünschenswert, die Mehrheitssozialdemokratie bei der Koalition zu halten, weil im allgemeinen heute gegen die Massen regiert werden muß. Aber gerade deshalb ist der Zusammenschluss mit der Deutschen Volkspartei nötig, und zwar ein solcher, der sich nach den Wahlen vielleicht auch noch auf Teile der Deutschnationalen Volkspartei ausdehnen wird." Der Parteivorstand der DDP lehnte jedoch auf seiner Sitzung vom 3. Dezember 1920, in Verhandlungen über eine Fusion mit der DVP einzutreten, ab.