Liebe Mitleser,
nachdem ich alle Beiträge zu "Alte Heimat" und "Deutsche und Polen"
mit Interesse gelesen habe, auch von mir dazu einige Anmerkungen. Auch
wenn darüber schon viel geschrieben wurde, manchmal muß man eben seine
eigenen Gedanken auch loswerden.
Als Nachgeborener (*1958) kann ich keine Erlebnisse der Austreibung
wie z. B. Wolfgang Leistritz schildern. Ich höre sie mir an und mache mir dazu eigene
Gedanken. Es sind damals Greueltaten übelster Art geschehen.
In der ehemal. DDR mag dieses Thema in der Form behandelt worden sein,
daß die Deutschen an allem Schuld sind. Ich selbst habe davon in der Schule
(Niedersachsen)im Geschichtsunterricht überhaupt nichts gelernt,
dieses Thema kam einfach nicht vor, es wurde totgeschwiegen. Stattdessen
wurden die Römer und Etrusker sowie der Limes in Deutschland behandelt.
Erst nach der Schule habe ich darüber einiges gelesen und dann mit Beginn der
Familienforschung Bücher über Bücher zu diesem Thema gekauft, so daß ich heute
meine sagen zu können, darüber einiges zu wissen. Auch mit meiner Mutter habe ich
viel darüber gesprochen. Auch sie beklagt zurecht die Greuel der Austreibung, es gibt
bei ihr aber immer ein aber ...........Dieses "aber" vermisse ich dann doch immer bei
den Schilderungen der Erlebnisgeneration. Denn es muß ja vorher etwas gewesen sein,
ein Grund für die vielen Greueltaten. Auch das ist alles nachlesbar, zu Betroffenen
der Greueltaten der Nazis bestand bisher aber kein Kontakt.
Von meiner Mutter wußte ich auch, daß es in Merzdorf/Rsgb. Kreis Landeshut eine Fabrik
gab und das in dieser Fabrik jüdische Zwangsarbeiterinnen arbeiten mußten,
darunter auch Kinder. Aus diesen
Schilderungen war mir bekannt, wie diese Arbeiterinnen behandelt wurden. Meine Mutter
ist oft am Apellplatz der Fabrik vorbeigegangen und wenn sie heute darüber berichtet,
so kann ich ihre damaligen Gefühle nachvollziehen.
Wie es der Zufall wollte, bekam ich Kontakt zu 2 dieser Zwangsarbeiterinnen, Annie
und Mirjam, heute in Holland. Beide haben mir per Mail ihre Erlebnisse berichtet.
So habe ich denn auch persönlich geschilderte Erlebnisse von diesem "vorher" lesen
können. Das war zuvor irgendwie abstrakt, ohne Bezug zu Personen, nicht greifbar,
weil zu allgemein.
Man kann dann evtl. nachvollziehen, wie es zu diesen verbrecherischen
Exzessen an der deutschen Bevölkerung kam, ohne diese zu entschuldigen. Ich habe
mir jedenfalls nicht nur aus Büchern ein Bild machen können.
Auch ich fahre fast jedes Jahr mit meiner Mutter und Tanten (*1922-1929 in Merzdorf/Rsgb.)
in deren ehemalige Heimat sowie nach Landeshut und Umgebung,
um dann vor dem Haus der Großeltern zu stehen. Ist das schlecht ? Allerdings sind die
jetzigen Bewohner uns Besuchern nicht sehr wohl gestimmt. Bei unserem Erscheinen wird
sofort die Tür zugeschlossen und das Radio auf volle Lautstärke gestellt. Nun ja.
Meine Meinung zu diesem gesamten Thema ist daher, erst kam das eine Unrecht, darauf
folgte das Nächste, beides bleibt aber Unrecht.
Gruss
Peter (Fütterer)