Hallo in die Runde,
um das Thema Bedingungen zum Erwerb der Bürgerrechte weiterzubringen, möchte
ich als Beispiel hierfür die Stadt Kolberg anführen, da dort die
Aufnahmeregeln um 1800 in der Literatur beschrieben sind. Die Frage stellt
sich jedoch, ob die Mecklenburgischen Städte hier abwichen.
1. Das Bürgerrecht besteht in der Befugnis, städtische Gewerbe zu treiben
und Grundstücke im städtischen Polizeibezirk der Stadt zu besitzen. Wenn der
Bürger stimmfähig ist, erhält er zugleich das Recht, an der Wahl der
Stadtverordneten teilzunehmen, zu öffentlichen Stadtämtern wahlfähig zu sein
und in deren Besitze die damit verbundene Teilnahme an der öffentlichen
Verwaltung nebst Ehrenrechten zu genießen.
2. Das Bürgerrecht darf niemandem versagt werden, welcher in der Stadt,
worin er solches zu erlangen wünscht, sich häuslich niedergelassen hat und
von unbescholtenem Wandel ist. Wenn er bisher an einem anderen Orte gewohnt
hat, muss er seine Aufführung, und wie er sich bis dahin ehrlich genährt
hat, durch Zeugnisse der dasigen Ortsbehörde nachweisen.
3. Auch unverheiratete Personen weiblichen Geschlechts können, wenn sie
diese Eigenschaften besitzen, zum Bürgerrecht gelangen.
4. Stand, Geburt, Religion und überhaupt persönliche Verhältnisse machen bei
der Gewinnung des Bürgerrechts keinen Unterschied.
5. Wer bis jetzt zum Bürgertum gehörige städtische Gewerbe betrieben oder
Grundstücke in einer Stadt erworben haben sollte, ohne das Bürgerrecht
besessen zu haben, muss letzteres sogleich nach Publikation dieser Ordnung
nachsuchen und erlangen oder bzw. das betriebene städtische Gewerbe
niederlegen und das erworbene Grundstück veräußern.
6. Das Bürgerrecht wird in allen Städten vom Magistrat des Orts erteilt. Der
Magistrat hat jedes Mal vor Erteilung des Bürgerrechts das Gutachten der
Stadtverordneten darüber einzuziehen.
7. Jeder, der Bürger werden will, ist verbunden, dem Magistrat den Bürgereid
zu leisten und muss sich darin verpflichten, diese Ordnung aufrecht zu
erhalten und das Beste der Stadt nach Kräften zu befördern.
8. Wer seinen Wohnsitz an einen anderen Ort verlegt, verliert dadurch sein
Bürgerrecht in der verlassenen Stadt. Will er solches erhalten, so muss er
binnen drei Monaten nach seinem Abzuge die Erlaubnis dazu beim Magistrat
nachsuchen, welcher diesen Antrag der Stadtverordneten zum Gutachten
vorzulegen und nach Maßgabe des letzten die Erlaubnis zu erteilen und zu
versagen hat.
9. Bürger, welche ohne einen anderen Wohnsitz zu nehmen, sich aus der Stadt
entfernen und wegen ihrer bürgerlichen Lasten und Pflichten keinen
Stellvertreter am Ort ernennen, verlieren das Bürgerrecht binnen zwei
Jahren.
Das sind nicht alle Regeln aber wohl die wichtigsten. Zusammengefasst heißt
das:
- Es kann jeder, der unbescholtenen ist, Bürger werden. Man muss
mind. 24 Jahre alt sein (Volljährig)
- Auch Frauen können Bürgerinnen werden.
- Eine Ehe ist nicht Voraussetzung um Bürger zu werden.
- Da Stand, Geburt und Religion keine Hindernisse zur Erlangung des
Bürgerrechts darstellen, können unehelich geborene auch nicht ausgeschlossen
werden.
- Wer Haus, Gewerbe oder Grundstücke besitzt muss Bürger werden.
Wer all das nicht besitzt, kann aber Bürger werden.
- Eine Bürgerschaft in zwei oder mehreren Städten ist möglich, wenn
der jeweilige Magistrat zustimmt.
- Wenn man aber wegzieht, muss jemand beauftragt werden, die
bürgerlichen Pflichten im Ort wahrzunehmen.
Ich hoffe, dass ich nichts Wesentliches vergessen habe. Für uns Genealogen
sind das wohl die wichtigsten Kriterien, um bei einem Zuzug eines Vorfahren
seine Verhältnisse einigermaßen beurteilen zu können. Ob das in den
Mecklenburgischen Städten auch so galt möchte ich hier zur Diskussion
stellen.
Beste Grüße
Bernd (Görtz)