Hallo Bernd,
vielleicht von Interesse
Heinrich Wilhelmi :
Augusta, Prinzessin von Meklenburg-Güstrow, und die Dargunschen Pietisten
In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Band 48 (1883), S. 89-284
Seite 134-135:
Aelter ist der Abfassung nach Hempel’s mit Vorsicht zu benutzende „Unpartheiische und aufrichtige Historie des Kirchen=Zustand es bei der Gemeine zu Dargun im Meklenburgischen von Anno 1733 bis zu Ausgang des Jahres 1735“, welche E. Neumeister im Jahre 1737 mit einer häßlichen Vorrede veröffentlicht hat [2].
[2] Bei G. Th. Adamsen, Ausführliches Antwortschreiben u. s. w. Neumeister war der Meinung, darin „dieser tollen Heiligen eigenes Geständniß“ zu haben, von einem, „der der Bußkämpferei selber zugethan ist“. Darin freilich täuschte er sich. Andererseits ist wohl auch Rusmeyers Urtheil (Die Kraft Christi, S. 182 ff.) nicht ganz zutreffend, wenn er den Verfasser „ganz unparteiisch“ nennt, „einen redlichen Mann, der Gott fürchtet und die Wahrheit liebt“, „keinen Feind von obbemeldeten Predigern“ und geschickt ihren Sinn recht zu fassen. Aber daß er von Rusmeyer ein „guter Freund“ gewesen, ist allerdings richtig. Es war nämlich der Dr. med. Joachim Jaspar Johann Hempel, Practicus in Neubrandenburg. Mit dem Darguner Hof verschwägert - er hatte nämlich eine Kammerjungfer der Herzogin gefreit -, erfuhr er Von der letzteren vielfache Gnadenbezeugungen, zu deren Erlangung sein Freund und Verwandter Hellwig ( … ) ihm sicher nützlich war. Für eine Disputation, welche er überreichte, wurden ihm 20 Thlr. gezahlt (1733), am 30. September 1734 wurde er zum Hofstaats= und Amtsarzt bestellt (für ihre Person hatte die Fürstin einen Arzt in Hamburg). Er war als solcher verpflichtet, jährlich viermal in Dargun zu erscheinen, wofür er 50 Thlr. erhielt nebst einer jedesmaligen Reisevergütung von 4 Thlrn. extra. Als seine Mutter durch eine Feuersbrunst betroffen worden, erhielt sie eine Unterstützung von 30 Thlrn. Rücksichten der Dankbarkeit mußten darum auf seine Handlungsweise von Einfluß sein. Indeß nach dem Zerwürfniß zwischen Hellwig und den Dargunern trug der ärztliche Hausfreund kein Bedenken, das, was er gelegentlich erkundet und notirt hatte, ihrem gemeinsamen Freunde Rusmeyer in Greifswald zuzustellen. Von welchem es dann Neumeister erhielt und in den Druck gab. Auf gemachten Vorhalt soll Hempel selbst bekannt haben, „daß er hierunter einen Judas=Tück bewiesen und Unrecht gethan, dem äußerlichen Vorgeben nach solches bereuet und sich anheischig gemacht zu revociren“. Auch soll er bezeugt haben, daß er die Relation nur an Rusmeyer geschickt, und zwar nicht zur Veröffentlichung, sowie, daß Manches mit eingeschaltet sei, was er nicht referirt habe (?). (Zachariae an Graf Henrich Ernst v. Stolberg, cfr. Anonym. S. 51 ff.) Hempel hat wohl durch diesen Widerruf sich bei Amt und Brod erhalten wollen. Allein vergebens. Seit Ostern 1738 fehlt er in den Besoldungslisten. Trotz dieses Schwankens kann man ihn als Zeugen nicht ganz verwerfen. Soweit wir ihn controliren konnten, haben wir ihn zuverlässig gefunden. Widerlegt ist er in keinem Punkt. Er war in der Lage zu wissen, was geschah, und hatte kein Interesse, direkt zu lügen. Auch mögen merkwürdige Dinge genug geschehen sein, so daß es nicht nöthig war, welche zu erfinden. Dem Litterarhistoriker der späteren Controverse, J. H. Burgmann, wäre es zugekommen, die Glaubwürdigkeit Hempels ernsthaft zu untersuchen, statt mit Achselzucken daran vorüberzugehen.
Seite 138: „Zu der Zeit begab sich, daß ein Bäcker in Dargun (es war der Hofbäcker Görtz) sammt seiner Frauen in melancholische Raserei verfiele, als die bereits lange Zeit uneinig gelebt hatten. Wie sie nun geschrieen, daß sie verloren und verdammt wären, haben die Bekehrten nicht weislich geurtheilt und gesagt: sie wären in dem Bußkampf, weswegen auch der Herr Pastor Ehrenpfort hingehen müssen. Wie er sie nun in vorgemeldten Umständen gefunden, hat er sie, wie gesagt wird, gelassen“ (d.h. er urtheilte ebenfalls, daß sie im Bußkampf stünden, den man nicht stören dürfe. Er müsse seine Zeit währen. Je gründlicher er durchgemacht werde, desto besser. Vorzeitige Tröstung könne das ganze Werk der Bekehrung vereiteln. An Wahnsinn kam ihm kein Gedanke). „Von dem kranken Mann wird gesagt, daß er auf die Dörfer gelaufen und Jesum gesucht. Die Frau ist in den Brunnen gesprungen, sich zu ersäufen, und wie sie daraus errettet, hat sie, sich zu ermorden, zwo Wunden am Leibe gestochen. Woraus das böse Gerücht entstanden, daß der Engel Gabriel diese Person in Abrahams Schoß tragen wollen, habe sie aber in Brunnen fallen lassen, und was des gottlosen Geschwätzes noch mehr geworden. Diese Leute gehörten zu der Gemeine des Herrn Dr. Stieber’s, der sie denn auch fleißig besuchet. Bei dessen freundlichen Zureden und bei dem Gebrauch der Medicamenten des Herrn Dr. Lembken sind sie durch göttliche Gnade wieder genesen“.
https://mvdok.lbmv.de/mjbrenderer?id=mvdok_document_00002896
Gruß
Andreas (Meininger)