[compgend-L] Re: Anrede auf dem Internet

Hallo Sabina und Alle,

ich bin 62 Jahre und lebe in Berlin und befasse mich mit EFFENBERGER
in aller Welt.

Das Anredeproblem habe ich auch gehabt und es ist deshalb kitzlich,
weil es einen ersten Eindruck vermittelt. Man meint "den Stall" zu
erkennen, den Bildungsstand, die Erziehung das Herkommen und
eventuell das Alter und das politische Glaubensbekenntnis (SPD-
Mitglieder duzen einander als Genossen) . Mit der Anrede drückt sich
auch der Respekt oder die Nähe aus den man dem anderen zubilligen
will. Ein Indiz dafür ist, daß sich in verschiedenen Listen immer wieder
Protest regt gegen die Anrede: "Liebe Listies". Allgemeine Nettiquette
besagt, daß man in EMail-Texten den vollen Namen angibt und für den
Fall, daß man geduzt werden will, den Nachnamen in Klammern setzt.

Da Belehrung gewünscht worden ist, möchte ich feststellen, daß es un-
zutreffend ist, daß im angelsächsischen Sprachraum allgemein geduzt
würde. Die Anrede mit "you" übersetzt sich sowohl mit dem Singular,
( Du, auch man ) als auch mit dem Plural ( Ihr ), wobei letzteres eine
archaische Form des "Sie" wäre. Im Grunde ist "you" überhaupt keine,
oder allenfalls eine unpersönliche Anrede - weit entfernt von dem
vertraulichen "Du".

Juristisch gesehen erfüllt in Deutschland die wiederholte Anrede per
"Du" den Straftatbestand der Beleidigung. Im Volksmund sagt man,
wenn das "Du" nicht gefällt: "ich habe mit Ihnen noch keine Pferde
gestohlen", Kinder und manche Ausländer werden geduzt und immer
zeigt das Duzen gesellschaftliche Ueberordnung des Duzenden an.
In Frankreich, wo speziell auf dem Lande die gesellschaftlich Unterschiede
noch viel ausgeprägter sind, wird der "Patron" seinen Arbeiter mit "Du"
und dem Vornamen anreden und von dem Arbeiter erwarten, daß er seine
Mütze zieht und den Patron mit "Sie" und mit Monsieur oder Madam und dem Nachnamen anredet. Auch ist es in Familien noch oft genauso, die Kinder
reden die Eltern mir "vous" (Sie) an und die Eltern sprechen die Kinder
mit "tu" (Du) an. Die Spanier würden eine Fremden niemals anders als mit
"usted", (Sie) anreden.

In den sehr unverbindlichen EMail-Raum, speziel in den Mailinglisten, in
denen gerade keine Kommunikation zwischen zwei Menschen stattfinden
soll, sondern die zur Bekanntgabe der eigenen Botschaft an alle anderen
Listenteilnehmer dienen sollen, halte ich (persönlich) das Siezen für das
Richtige, wie ich aber auch meine, daß ein jeder nach seinem Gusto handeln
muss.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Schmied

Hallo Herr Schmied,
Lieben Dank fuer Ihre Erklaerung, moechte aber noch etwas hinzufuegen:
auch ich habe in meinen vielen Reisen festgestellt, dass ganz besonders in Spanien, Frankreich, Deutschland, Italien dies zustimmt und man noch sehr auf Anrede mit Herr Und Sie achtet.
Ich bin von verschiedenen Ebenen ausgegangen in meiner zweiten email und zwar: email ausgetauscht zwischen englisch sprechenden Teilnehmern und natuerlich einschliesslich auch unsere Liste hier, compgend-l. In chatraum und in email in Nordamerika wird das Du ganz natuerlich angenommen, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich lebe in Nordamerika, und wie ich ja schon schrieb, war ich als Neuling in diesem Land sehr entsetzt, als meine 80 jaehrige Mutter mit "Margarethe" angesprochen wurde. Jedoch kann man es mit ein wenig Finesse und ohne Beleidigung klar machen, das diese Form von Vertraulichkeit in einem gewissen Alter nicht angebracht ist. Hier hat man die Freiheit, dies zu entscheiden und ich bin hier als Sabina bekannt, nicht als Frau Pamfili......oder Frau Dr. Die Frage entsteht hier gar nicht, selbst wenn es ein weltberuehmter Kardiologist ist oder der Attache einer Botschaft. Es kommt vollkommen darauf an, wer man selbst ist und wie man sich selbst einschaetzt. Ich selbst fuehlte ich immer auf gleicher Ebene.
Hier gibt es eben keinen Standesunterschied und niemand wuerde jemals den Eindruck geben, einen hoeheren Stand einzunehmen. Ich darf dies mit Sicherheit sagen, wenigstens fuer Kanada und den USA, aber auch vielen anderen Laendern.

In einer mailingliste so wie die unsere ist es vielleicht doch eine gute Idee, dass wir uns als eine Einheit betrachten, die alle das gleiche Ziel haben und die gleichen Interessen und wir uns als Freunde betrachen, die sich gegenseitig zur Seite stehen, wenn noetig. Bei Freunden ist es angebracht, doch "Du" zu sagen oder bin ich da so ganz ausser "touch" in Europa? Und ab und zu schadet ein wenig Waerme auch einer mailingliste nicht oder?

Mit freundl. Gruessen
Sabina (((Pamfili)))
von Ontario, Kanada.

"So erweiset mir nicht Ehre durch Eure Rede sondern durch Eure Taten."

Ich bin ein Freund des aktiven Duzens, Duze alles und jeden und lasse mich
auch gerne von Hinz und Kunz duzen.

Ist auch irgendwie ganz einfach, sind wir doch alle von einer Art und einer
Stufe. Das Leben ist zudem noch endlich, wir sind alle aufgekl�rt, der Mond
ist betreten. Also, make Love, Duzt Euch oder Siezt Euch, Hauptsache Ihr
achtet den anderen wie Euch selbst.

:wink:

f�llt mir irgendwie schwer so ganz ohne Anrede und Namen am Schlu� und eventuell einem netten Gru�

trotzdem Gr��e

Claudia Jan�en-Timmen

Franz-Josef Baumeister schrieb:

"So erweiset mir nicht Ehre durch Eure Rede sondern durch Eure Taten."

............. sind wir doch alle von einer Art und einer
Stufe. Das Leben ist zudem noch endlich, wir sind alle aufgeklärt, der Mond
ist betreten. Also, make Love, Duzt Euch oder Siezt Euch, Hauptsache Ihr
achtet den anderen wie Euch selbst...........

besser haette ich es nicht sagen koennen.
Und ich bin froh, hier mal ab und zu meine Finger ueber die Tasten fliegen zu lassen mit einer kleinen Anfrage oder Belaestigung und gluecklich, mich in einem Kreise von Freunden zu finden. Es hinterlaesst ein warmes Gefuehl, welches so selten zu finden ist....

Ich danke Euch allen fuer die Kommentare und sollte ich mal den Fehler begehen, jemanden durch Uebersicht verkehrt anzureden, bitte ich um Entschuldigung. Es waere unabsichtlich geschehen und soll nie eine Vertraulichkeit sein, sondern eine Hand die sich ausstreckt zu einer freundschaftlichen Verbindung.

Spontan und herzlich
verbleibe ich wie immer
Sabina (von Ontario, Kanada).