Bürger von Rostock

Hallo,

mit Einbürgerungen zwischen 1700 und 1750 habe ich mich in letzter Zeit
beschäftigt. Ich habe mir mal die Einbürgerungen von Rostock aus diesem
Zeitraum vorgenommen und mit den Eheschließungen verglichen und war dann
doch überrascht, dass man hier viele Parallelen findet.

Ich habe zunächst nur den Namen GERDES o. ä. verglichen, denn der ist
wahrlich häufig in Rostock. So ergeben sich 28 Einbürgerungen GERDES
zwischen 1700 und 1750! Interessant finde ich auch, dass in den meisten
Fällen die Eheschließung kurz vorher stattfand! Das lässt darauf schließen,
dass man unverheiratet kein Bürger werden konnte. Da in dem Heiratsregister
die Berufe nicht immer angegeben sind, im Bürgerbuch jedoch immer, kann man
darüber den Beruf einer bestimmten Person aus dem Heiratsregister
herausbekommen.

Bisher war ich davon ausgegangen, dass nur männliche Personen Bürger werden
konnten. Jedoch wurde am 25.01.1721 eine Frau Magister Gerdsen, Brauerin,
ins Bürgerbuch eingetragen.

Schon mal von jemandem in dieser Liste woanders gefunden?

Dieselbe Person kann auch mehrfach vorkommen, wenn sich der Beruf geändert
hatte. So wurde eine Person 1725 als Bootsmann und 1745 als Schiffer
eingetragen.

Vielleicht kann mir jemand den Beruf Dräger oder Träger erklären. Der kommt
nämlich ab und an vor. Wird wohl mit dem Be- und Entladen von Schiffen was
zu tun haben, d.h. heute würde man Stauer sagen.

Schöne Abendgrüße

Bernd Görtz

Hallo Bernd,

der B�rgereintrag f�r "Frau Magisterin" �berrascht wirklich. Hast Du Details zu ihrem Familienumfeld? War wom�glich der Mann gerade verstorben? (Vielleicht geh�rte jener auch als Angeh�riger der Univ. zu dem Personenkreis, der kein B�rgerrecht erwerben konnt). Trug sie wom�glich die B�rgereigenschaft nur �bergangsweise weiter, weil der Sohn noch nicht Vollj�hrig war? (�hnlich dem sgn. "Erbjungfernrecht" bei Teilen des meckl. Adels)

Die zeitliche N�he von Heirat und B�rgereid kann auch vielleicht dadurch erkl�rt werden, da� beides im Komtext der Begr�ndung einer eigenen wirtschaftlichen Existenz stand. Geheiratet wurde doch oft erst dann, wenn der Mann ein gesichertes Einkommen hatte, mit dem er eine Familie ern�hren konnte. Zumindest begegnet einem diese Ursache-Wirkungs-Kette immer wieder in alten Quellen.

Und bei dem doppelten B�rgereintrag von 1725/1745: ist wirklich zweifelsfrei auszuschlie�en, da� es sich nicht nur um eine zuf�llige Namensgleichheit gehandelt hat?

Beste Gr��e, Peter Starsy

----- B e z u g: Empfangene Nachricht -----

Hallo Peter,
mehr weiß ich zur Zeit zum Thema "Magisterin" nicht.

Zum Thema Heirat und Bürgereid: Durchaus möglich, dass man erst die Existenz
aufbaute, dann heiratete und schließlich Bürger wurde. Wenn das aber bei
fast allen Neubürgern Gerdes so war, dass sie etwa ein Monat vor dem
Bürgereid heirateten, dann ist das schon merkwürdig.

Der doppelte Bürgereintrag bezog sich wirklich auf eine Person, da bei der
1725 eingetragenen Person 1745 ein Zusatzeintrag angefügt wurde.

Gab es denn Bürger, die als Junggesellen aufgenommen wurden?

Schöne Grüße
Bernd

Hallo Peter,
nochmals zur Frau Magisterin Gerdes, die Brauerin war.
Es kann sich nur um eine Nachkommin von
Martin Gerdes 1619-1666
handeln, der mit Anna Maria Quistorp verheiratet war. Der war nämlich Brauer
in Rostock.
Seine Söhne waren Martin Christoph, Johann Winholt und Winholt.
Einer wird die Brauerei bekommen haben die dann weitervererbt wurde.
Mal sehen, ob ich dazu im KB Rostock den Anschluss finden kann.
Schönen Abend
Bernd

Hallo Bernd,

   in Waren habe ich auch den Fall, dass ein Junggeselle
   (Acker-Buergersohn) ca. 1 Jahr vor seiner Heirat Buerger wurde (1713).
   Sein Sohn wiederum wurde 3 Wochen nach der Hochzeit1757
   Buerger: Jeremias Beese uebergab seinem Sohn Johann Christian Beese die
   ganze Wirtschaft, daher derselbe als Buerger rezipiert worden (aus dem
   Schubert).

   In Wittenburg wurde ein Ortsfremder 1768 Buerger und heiratete 1 1/2
   Jahre spaeter.

   Aus Niedersachsen kenne ich das auch, dass jemand erst Buerger wurde
   und dann heiratete oder auch umgekehrt 2 Tage nach der Hochzeit Buerger
   wurde.

   Ich denke, dass es beim Buergereid nicht unbedingt auf eine Heirat
   ankam, sondern auf die finanziellen Verhaeltnisse. Ein Buergereid war
   ja nicht kostenlos, ebenso gingen damit Verpflichtungen einher. Und
   erst, wer wirtschaftlich abgesichert war, konnte auch heiraten. Da
   passen dann meistens Zeitpunkt der Heirat zur Uebernahme der Wirtschaft
   bzw. zum Erbe (bei Einheimischen) oder zur finanziellen Lage (bei
   Auswaertigen). Bei den Hauswirten in den Doerfern war das ja auch
   aehnlich: der Hof ging durch Erbe oder Uebergabe an den Sohn, der
   daraufhin oft heiratete.

   Viele Gruesse

   Anne

   -----Original-Nachricht-----

Hallo Anne,
vielen Dank.
Geheiratet haben die Eingebürgerten aber anscheinend alle, entweder kurz vor
oder direkt nach der Einbürgerung. Man darf ja nicht vergessen, dass man als
Fremder sehr viel mehr Bürgergeld zahlen musste als wenn man als Fremder
eine Bürgertochter heiratete. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass viele
Eingebürgerte kurz vor dem Bürgereid noch geheiratet haben.
Es scheint aber doch so gewesen zu sein, dass eine Ehe nicht Voraussetzung
für die Einbürgerung war.
Beste Grüße
Bernd

Hallo Bernd,

mir will das Wort "Einb�rgerung" in diesem Zusammenhang nicht gefallen, weil es heute zuvorderst staatsrechtlich besetzt ist. Eine durch Eintrag ins B�rgerbuch dokumentierter Rechtsstatus ist dagegen eine kommunalrechtliche Angelegenheit.

Der Eintrag ins B�rgerbuch beurkundet die Aufnahme die B�rgerschaft (will sagen: in die Gemeinschaft aller B�rger - nicht Einwohner! -) der betreffenden Stadt, oder - noch genauer - den daf�r abgeleisteten B�rgereid, mit dem der Betreffende sich auf Einhaltung aller mit der B�rgereigenschaft verbundenen Rechte und Pflichten verpflichtete. Der B�rgherstatus des alten Rechts ist nach heutigem Recht am ehesten mit dem Genossen als stimmberechtigten Miteigent�mer einer Genosschenschaft vergleichbar.

Eigentlich sollte es doch Aufnahmeprozedere f�r B�rger geben, die sich aber wom�glich von Stadt zu Stadt geringf�gig unterschieden haben. Hat jemand dazu Erklenntnisse?

Beste Gr��e, Peter Starsy

----- B e z u g: Empfangene Nachricht -----
<mecklenburg-l@genealogy.net>

Hallo Peter,
sie leisteten den Bürgereid, zahlten das Bürgergeld und wurden Bürger einer
Stadt. All das ist längst Geschichte und wird heute nicht mehr praktiziert.
Mit der heutigen staatlichen "Einbürgerung" hat das sicherlich nichts zu
tun. Aber darum geht es ja hier auch überhaupt nicht.
Zum Aufnahmeprozedere:
Da gibt es Beispiele. Dr. Stefan Sienell hat das in seinem Buch "Die
Kolberger Neubürger" beschrieben. Aber das galt für die Stadt Kolberg in
Preußen. Wie die Regeln in Mecklenburg waren und ob diese für jede Stadt
identisch waren würde ich gern herausbekommen. Was da so berichtet wird ist
ungenau und zweifelhaft. Konzentrieren wir uns z.B. auf Rostock. Wo wurden
die Aufnahmeregeln dokumentiert und wo kann man sie nachlesen? Steht das im
Bürgerbuch?
In Wikipedia wird von zwingendem Hausbesitz oder Grundeigentum geschrieben.
Dass Stundenlöhner oder Arbeitsmänner nicht Bürger werden können ist völlig
falsch. Man braucht dazu nur die Berufe in den Bürgerbüchern nachlesen. Dann
heißt es wieder, ein unehelich geborener konnte nicht Bürger werden usw. Die
genauen Regeln sind mir unklar. Aber Regeln gab es sicherlich.
Beste Grüße
Bernd Görtz