ich bekam einen auf einer Auktion ersteigerten undatierten, offenbar "alten"
Brief (bei dem möglicherweise ein zweites Blatt fehlen könnte) zum
transkribieren und habe mich entschlossen folgendes zu lesen:
Briefaußenseite: Von Schweinfurth an Herrn Johann Jacob Voit in Speyer (?,
das p sieht allerdings eher wie ein "t" aus)
Briefinnenseite: äußern diese Freunde, daß sie wohl eine Zeitlang / von
dieser Sorte keinen mehr bekommen würden. / Weil nun meine Freunde hieran
gewöhnt sind / so habe hauptsächlich Sie bitten wollen, ob sie / mir nicht
von erwehnter Gewesschaftt nach bei- / liegenden gedruckten Avertissman 8
bis 10 / bürdten verschaffen und mit absenden könten. / Sollte es im Fall
nicht seyn können, so ersuche mir / die Freundschaft zu machen mir 2 oder 4
bürdten / in Stücken zerschlagen in meinen Faßwaaren / beizupacken, wan
solcher nicht gantz ausgeführt / werden derfte. Hirdurch erzeigen sie mir /
eine große Gefälligkeit. Dieser entgegen / sehen erharre hochachtend /
Johann Caspar Stepf
Notiz dazu:
Avertissman = Avertissement = Reklame, Anzeige
Zu Johann Caspar Stepf evtl. passend: "Stepf, Johann Caspar, ev,
Weißbeckermeister in Schweinfurt, * um 1690 in Schweinfurt, oo um 1714", der
Brief könnte also von um 1710 ff sein. Auch gab es um 1795 einen Johann
Caspar Stepf, Pfarrer in Oberlauringen, der aus Schweinfurt stammt. Der
Brief könnte also auch aus der Schweinfurter Zeit dieses Pfarrers stammen.
FRAGE: Was ist oder sind "Bürdte"? Es müsste für den Empfänger auch noch
"zerschlagen beigepackt" brauchbar sein.
* Briefumschlag, oberer Bereich: "Stepf 17. 9b [17. November] /
Schweinfurth ... 21. 9bris [21. November] / Empf. [Empfänger] 30.
Dc. [30. Dezember] / b... [unklar] 22. Xbr. [22. Dezember]".
* Briefumschlag, mittlerer Bereich: "... S*t*eyer" [möglicherweise die
Stadt Steyr in Oberösterreich?].
* 5. Zeile von oben: "... erwehnten *Gewerckschaft *nach ..."
* 9. Zeile von oben: "... zu machen *nur *2 oder 4 bürdten ..."
* Verdopplungen von Konsonanten durch darüber befindlichen Strich.
Leider fehlt die erste Seite, die aber nach dem durchscheinenden Text wohl vorhanden war/ist.
Nach Wikipedia (Bürde (Einheit) – Wikipedia) war Bürde eine Gewichtseinheit (Beispiele aus Stettin und Wien) und ein Zählmaß (in Bayern, Beispiel für Sohlenleder). Allerdings kenne ich diese Einheit nicht.
hört sich gut an. Ich hatte das wg. Verdacht auf Speyer auch in die Pfalz-Liste gegeben und dort für das Datum eine etwas andere Lösung bekommen. Momentan schwebt mir deshalb eine Kombination aus beiden Lösungen vor
1796
21. 9bris (Absendedatum Schweinfurt)
30. December (Erhalt Empfänger)
22 Kreuzer Porto
Unsere mitlesenden österreichischen Freunde bitte ich um Nachschau, ob es 1796 im Ort Steyer = Steyr einen Herrn Johann Jacob Voit gab, und welchen Beruf er ausübte. Wenn die Lesart Jahr 1796 stimmt, brauchte also vermutlich der Oberlauringer Pfarrer Johann Caspar Stepf Sohlenleder und es stellt sich die Frage, warum es solches nicht auch in der Nähe gab und was die erwähnten "Fasswaaren" gewesen waren (jedenfalls keine Flüssigkeiten, denn sonst wäre ein "beizupacken" von Sohlenleder kaum möglich gewesen).
Danke, in der Hoffnung auf weitere Klärung,
Dietger (Braun)
Grundsätzlich: Fässer wurden bis weit in die Neuzeit auch zum Transport von Trockengut verwendet. Sie waren quasi die Vorläufer der Container.
Das "Zerschlagen" würde ich nicht wörtlich nehmen, es kann sich auch um Auseinandernehmen von wie immer gearteten Bündeln handeln.
Ich würde mal recherchieren, was in der Gegend von Steyr produziert wurde und in verschiedenen Sorten zu haben ist. Mir kommt da Roheisen oder Stahl in den Sinn, evtl. auch Tabak. Leder zerstückelt man nicht ohne Schaden, denn beim späteren Zuschnitt aus Teilflächen macht man deutlich mehr Verluste als wenn man die ganze Haut verwendet.
Bürdte lese ich gefühlsmäßig als Bürde, Traglast (eines Tragtiers).
Beste Grüße
Holger (Gruber)
es sieht nun doch so aus, als ob der Brief vom Pfarrer Stepf an den Kaufmann
Voith in Steyr, Österreich ging. Wen es interessiert, hier mein letzter
Stand:
ich kann nur raten:
Das heutige Wort Bürde wurde damals oft mit dt geschrieben. Eine Bürde
ist das, was jemand tragen kann (sich aufbürden kann). Danach hätte er
etwa 1 Tonne von irgendeiner Ware bestellt. Man müsste also das
'Avertissman' kennen.
im Moment gehe ich davon aus, dass die Bestellung(en) gar nicht für den Pfarrer waren, sondern dass er als Schriftkundiger da so einiges für die Handwerker in seinem Dorf erledigt hat. Man müsste jetzt Zugriff auf die etwa 10.000 erhaltenen Briefe der Firma Voith haben um zu sehen, auf was Pfarrer Stepf antwortet, was vorher geliefert oder bestellt wurde.