Bettelbriefe 16. Jh

Werte Zeitreisende,

bei der Besch�ftigung mit den Geschwistern usw. des Reformators DML sto�e
ich immer wieder darauf, da� nicht nur der Reformator selbst (zu Gunsten
Dritter) sondern auch andere Personen aus seinem n�heren (Bruder Jacob
Luder) und weiteren Umfeld (Mansfelder H�ttenmeister) zum Teil
herzerweichende Bettelbriefe an die Obrigkeit geschrieben haben. Man hat den
Eindruck, als ob die Petenten nahezu am Verhungern waren. In der Literatur
sind solche Briefe dann immer als Beleg f�r eine umfassende Verarmung des
Petenten angesehen worden.

Angesichts der Feststellung , da� Jacob Luder aber 2 H�user, nahezu 6 Hufen
Ackerland und vor allem reichlich Bargeld hinterlassen hat, da� die
H�ttenmeister ebenfalls �ber Haus und Hof sowie Schmelz�fen verf�gten, kommt
mir der Verdacht, da� die Petenten so verm�genslos nicht gewesen sein
k�nnen. Bei Engelmann, Christiana: "Gn�digster Herr, ich habe Familie".
Schillers Bitt- und Bettelbriefe, M�nchen 2009. S. 5 : finde ich dann
passend: "Bettelbriefe waren fr�her nichts Ungew�hnliches, die Textsorte
beherrschen zwangsl�ufig viele. Mozart oder Richard Wagner zum Beispiel
�bten sie regelm��ig und herzzerrei�end."

Mir scheint, da� man sich zu Luthers Zeiten bereits berechtigt f�hlte,
Bettelbriefe zu schreiben, wenn man "klamm bei Kasse", war, also
vor�bergehend �ber wenig bare Geldmittel verf�gte. Vorhandenes,
aber nichtliquides Verm�gen (Grundbesitz, im eigenen Gewerbebetrieb
gebundenes Eigenkapital) scheint kein Hinderungsgrund gewesen zu sein.
Schlie�lich wurden Volksbanken und Sparkassen, die dem Petenten
mittels Dispokredit aus der momentanen pecuni�ten Klemme h�tten
helfen k�nnen, erst 300 Jahre sp�ter erfunden.

Ich neige daher sehr dazu, die angesprochenen Bettelbriefe eher als
Bargeld-Beschaffungsversuche, nicht aber als hinreichend �berzeugende Belege
f�r Verm�genslosigkeit zu werten. Man fa�te Antr�ge auf Kreditgew�hrung oder
Zusch�sse damals halt so dramatisch ab.

Wer hat �hnliches (Bettelbriefe bei durchaus nachweisbarem immobilen
Verm�gen des Petenten) beobachtet?

Da� im ausgehgenden Mittelalter ganze Landstriche wegen mnomentaner
pecuni�rer Verlegenheit des Feudalherren (feudal i. S. von auf gro�em Fu�e
lebend) wiederk�uflich verpf�ndet wurden, ist mir bekannt. Diese Form der
Geldbeschaffung ist hier nicht hinterfragt.

F�r freundliche Hinweise dankt wie immer zun�chst im voraus

J�rgen Wagner