Begriff "Kolonie"/ "Kolonist"

Hallo!

Ich beschäftige mich gerade mit den Kirchenbuchunterlagen von Kreuzendorf in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Dort wird ein Ort (Herzberg) immer wieder als Kolonie bzw. seine Einwohner als Kolonisten bezeichnet.
Wenn ich den Begriff „Kolonie“ höre, denke ich aber immer nur an Kolonialländer...
Was sagt die Bezeichnung in diesem Fall über die Gründung von Herzberg und dessen Einwohner aus?
Danke für jede Hilfe.

Viele Grüße, Andrea.

Hallo Andrea!

Diese Weisheiten sind zwar nicht von mir, aber trotzdem gut. Ich denke dass sie
Dir Deine Frage ausreichend beantworten

Kolonisation
die, die innere Kolonisation; in der Geschichte �sterreichs und Preu�ens auch
Bezeichnung f�r die Ende des 17.Jahrhunderts einsetzende nach Osten gerichtete
Siedlungspolitik (innere Kolonisation).

innere Kolonisation:
�sterreich und Preu�en: Bezeichnung sowohl f�r die im Habsburgerreich Ende des
17.Jahrhunderts eingeleitete, nach Osten gerichtete Expansionspolitik als auch
f�r die preu�ische Ostmarkenpolitik (�deutsche Ostsiedlung der Neuzeit�), im
19.Jahrhundert die b�uerliche Siedlung in Posen und Westpreu�en, durch das
preu�ische Ansiedlungsgesetz vom 26.4. 1886 eingeleitet.

deutsche Ostsiedlung
(deutsche Ostbewegung, deutsche Ostkolonisation, ostdeutsche Siedlung), im
Mittelalter die Besiedlung sowie wirtschaftliche und kulturelle Erschlie�ung der
Gebiete �stlich der als Folge der V�lkerwanderung entstandenen ethnischen
Grenzen zwischen germanischen (sp�ter deutschen) und slawischen St�mmen in
Mitteleuropa. Die deutsche Ostsiedlung erfolgte durch deutsche F�rsten, Ritter,
M�nche, Bauern, B�rger und Bergleute, ohne direkte Einflussnahme des K�nigtums.
Dabei standen mehr wirtschaftliche Interessen, nur in Teilgebieten Missionierung
im Vordergrund. Die deutsche Ostsiedlung setzte um die Mitte des 8.Jahrhunderts
im Ostalpengebiet ein, getragen vom Stammesherzogtum und der Kirche Bayerns
(Pannonische Mark, bayerische Ostmark, heutiges K�rnten). Im Nordosten hatte das
Karolingerreich westlich von Elbe und Saale die eingedrungenen Slawen
integriert; die Marken jenseits der Fl�sse gingen um 900, endg�ltig nach ihrer
Erneuerung durch die Ottonen im Norden infolge der Slawenaufst�nde (983/1066)
verloren (au�er Mark Mei�en). Elbe und Saale blieben bis zum 12.Jahrhundert die
Grenze zwischen Deutschen und Slawen. Im S�den konnte sich die
Markenorganisation zwischen Saale und Bober beziehungsweise Queis halten.
B�uerliche Siedlung ging allerdings nur im Ostalpengebiet und an der Donau
weiter.
�stlich der Saale begann die deutsche Ostsiedlung erst im 12.Jahrhundert,
bedingt durch �berv�lkerung v.a. der nordwestdeutschen Gebiete, eingeleitet
besonders durch die wettinischen Markgrafen von Mei�en, die Verwalter des
staufischen Reichsgutes im Vogtland, die Bisch�fe und Kl�ster. Im Norden folgten
dem Gebietserwerb der Erzbisch�fe von Magdeburg, der Grafen von Holstein und der
askanischen Markgrafen von Brandenburg im 12.Jahrhundert rasche Siedlungswellen.
Die sich dem Reich anschlie�enden F�rsten von Mecklenburg und R�gen �ffneten im
13.Jahrhundert ihre L�nder deutschen Siedlern. Weiter im Osten waren es
einheimische F�rsten, die durch politische und famili�re Anlehnung an
Deutschland ihre Herrschaft und Selbstst�ndigkeit zu sichern suchten (Pommern,
Schlesien). Im stets dem Reich zugerechneten B�hmen, seit dem 11.Jahrhundert von
Deutschen besiedelt, erfolgte im 13.Jahrhundert eine neue Siedlungswelle. In
Polen und Ungarn, die schon im 11.Jahrhundert die deutsche Oberhoheit
absch�tteln konnten, fand dennoch im 13.Jahrhundert ein starker Zustrom
deutscher B�rger und Bauern statt (in Ungarn die so genannten Zipser und
Siebenb�rger Sachsen). Durch Herzog KonradI. von Masowien wurde 1226 der
Deutsche Orden ins Culmer Land gerufen; im eigentlichen Preu�en folgte die
deutsche Ostsiedlung der milit�rischen Inbesitznahme durch den Deutschen Orden
(nach der Missionierung St�dtegr�ndungen, Ansiedlung von Bauern). In Livland und
Kurland, seit 1237 im Besitz des Ordens, blieb die deutsche Ostsiedlung auf die
St�dte und den Adel beschr�nkt.
Die deutsche Ostsiedlung wurde in den Anf�ngen als eine Art Gruppenlandnahme
realisiert, die �stlich der Elbe der milit�rischen Eroberung folgte. Vom
12.Jahrhundert ab war sie ein partnerschaftlich-vertragsrechtliches Unternehmen,
vereinbart zwischen Landgeber (Landes- beziehungsweise Grundherr) und Siedler
beziehungsweise B�rger. Siedlungsunternehmer (Lokatoren) holten gegen besondere
Verg�nstigungen b�uerliche oder b�rgerliche Siedler, organisierten die
Ansiedlung und leiteten das Gemeinwesen. Die Ansiedlung erfolgte �nach deutschem
Recht� (noch bevor es im Reich ein gesamtdeutsches Recht gab), das pers�nliche
Freiheit, weitgehende Verf�gbarkeit des Besitzes, feste Zinsabgaben statt
Dienstleistungen und eigene Gerichtsbarkeit beinhaltete.

14. bis 18. Jahrhundert:
Seit der 2.H�lfte des 14.Jahrhunderts lie� die deutsche Ostsiedlung nach,
besonders wegen der gro�en Bev�lkerungsverluste durch die Pest von 1347/4852,
als dadurch die Zuwanderungen ausblieben. Mit Beginn der Neuzeit wurde die
Besiedlung des deutschen Nordostens von Brandenburg-Preu�en aus planm��ig
staatlich gelenkt, v.a. unter dem Gro�en Kurf�rsten (Havelland, Pommern,
Ostpreu�en) und Friedrich d.Gr. (Schlesien, Westpreu�en; Urbarmachung des Oder-,
Warthe- und Netzebruchs). Besondere Bedeutung kam der Aufnahme von
Glaubensfl�chtlingen zu (Hugenotten, Schweizer, Pf�lzer, Salzburger).
In Ungarn l�ste das Zur�ckweichen der T�rken nach 1718 eine gro� angelegte
staatliche Siedlungspolitik aus (deutsche Siedlungen in der �Schw�bischen
T�rkei� zwischen unterer Drau und Donau sowie im Gebiet um Sathmar und Carei
[Sathmarer Schwaben]). Weitaus planm��iger war seit den 1760er-Jahren das gro�e
Siedlungswerk Maria Theresias und JosephsII. im Banat (Banater Schwaben), wo
neben Bauern auch ein st�dtisches B�rgertum Fu� fassen konnte. Weitere
Siedlungsaktionen wurden in der Batschka (etwa 174870 und 178487), in
Ostgalizien (seit 1781) und danach in der Bukowina durchgef�hrt. Nach Russland
(Wolgagebiet um Saratow, Schwarzes Meer, Krim, Kaukasus, sp�ter Bessarabien
u.a.) zogen viele Bauern, nachdem KatharinaII. mit ihrem Ansiedlungsmanifest
(1763) Kolonisten gro�e Verg�nstigungen zugesagt hatte. (Deutsche)

Binnenkolonisation,
Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte: innere Kolonisation. Im Hoch-Mittelalter
wurde ganz Europa von einem Prozesses des Landesausbaus (r�umliche Erschlie�ung)
durch Rodungen, Eindeichungen usw. (innere bzw. Binnenkolonisation,
Agrarkolonisation) erfasst, mit allen Nebenwirkungen auf die zeitgen�ssische
Mobilit�t. Einen Teilaspekt stellt die deutsche Ostsiedlung dar; selbst bis in
die Dorfformen ist ihr pr�gender Einfluss nachweisbar (Gr�ndung von
Angerd�rfern). Auch im 20.Jahrhundert wurde und wird noch Binnenkolonisation als
Agrarkolonisation betrieben, z.B. in Italien (Sardinien 194650), in Mexiko und
anderen L�ndern.

Quelle: Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001

Viele Gr��e

Hermann Hosp