Begriff Erbpachthofbesitzer

Hallo Mitforscher:

kurze Frage in den späten Abend: War ein Erbpachthofbesitzer (um 1880) nun ein Pächter oder ein Besitzer oder kam das auf den Einzelfall an? Erbpächter war ja sowieso so eine Art Mittelding aus beidem, oder?
Freue mich über jede Antwort.

Gruß

Dirk Schäfer

Familienforschung auf der Insel Poel

Hallo Dirk,
man mu� unterscheiden zwischen dem Eigent�mer und dem Besitzer eines Hofes.
Der Grund und Boden, also das Grundst�ck oder der Hof geh�rt dem Eigent�mer, der es verpachtet. Der P�chter ist der Besitzer des Pachtvertrages und somit der Besitzer des Hofes (ganz w�rtlich zu sehen, er sitzt auf dem Hof!).
Nach heutigem Recht ist ein Erbpachtrecht oder Erbbaurecht (in der Regel zeitlich begrenzt z.B. auf 99 Jahre) vererbbar oder auch ver�u�erbar und erlischt erst mit dem Ablauf des Pachtvertrages. Der Pachtgegenstand f�llt dann wieder an den Eigent�mer als Besitz zur�ck.
Ich meine, da� das Erbpachtrecht damals �hnlich war.
Gru� J�rgen

Guten Morgen,

um 1880 gab es das BGB mit den heutigen Vorstellungen von Volleigentum noch nicht. Vermutlich stammt der von Ihnen verwendete Begriff aus der Zeit des geteilten Eigentums. Da gab es einen Haupteigent�mer des Grund und Bodens. Das konnte die Kirche, der Adel, der Landesherr sein. Dieser vergab Bauernstellen zur Bewirtschaftung, blieb aber Eigent�mer. Die Bewirtschafter durften diese Bauernstellen wie gesagt bewirtschaften, vererben und in vollem Umfang nutzen. H�ufig waren diese Erbpachtvereinbarungen unbefristet. Insofern waren die Erbpachthofbesitzer im Grunde wie Eigent�mer gestellt, hatten jedoch eine j�hrliche Pacht in Form von Abgaben und Arbeitsleistungen, um 1880 wohl nur noch in Form von Geld zu leisten. F�r den Abschluss, die Dauerhaftigkeit und das Ende solcher Pachtvertr�ge gab es auch Spielregeln. So konnte der Bewirtschafter seinen Erbpachthof bei nicht ordnungsgem��er Bewirtschaftung auch verlieren.
Insofern war der Erbpachthofbesitzer in einer Position, die das Recht heute so nicht mehr unbedingt kennt.

Wolfgang Flemming

Hallo Dirk,

das Problem der Vererbpachtung ist ein zentrales Thema der j�ngeren Literatur zur meckl. Agrargeschichte. Bl�tter dazu mal in einigen agrargeschichtlichen Standardwerken, z.B.

    MAGER, Friedrich: Geschichte des Bauerntums und der Bodenkultur im
    Lande Mecklenburg. - Berlin : Akad.-Verl., 1955
    NICHTWEISS, Johannes: Das Bauernlegen in Mecklenburg : eine
    Untersuchung zur Geschichte der Bauernschaft und der zweiten
    Leibeigenschaft in Mecklenburg bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts.
    - Berlin : R�tten & Loening, 1954

Die seit dem 18. Jh. praktizierte Vererbpachtung be- und verhinderte in Meckl. das neuerliche Entstehen oder Erstarken eines freien Bauerntums nach dem Drei�igj�hr. Krieg. Ein Erbp�chter wurde und blieb Besitzer des Pachtgegenstandes und erlangte in Meckl. niemals (!) eine Stellung �hnlich oder vergleichbar der eines Eigent�mers, insbesondere nicht im Hinblick auf die Freiheit bei unternehmerischen Entscheidungen oder als Grundlage f�r eigene Investitionen. Folge war im Vergleich zu freien Bauern eine stark gehemmte Motivation der Erbp�chter und die weitgehende Unm�glichkeit, grundlegend auf die Entwicklung des eigenen landwirtschaftlichen Betriebs Einflu� zu nehmen. Zu Pachtkonditionen �bernommen waren neben der landwirtschaftlichen Nutzfl�che m.W. �brigens auch s�mtliche Baulichkeiten sowie gro�e Teile von deren mobiler Ausstattung, insbesondere die f�r die Landwirtschaft n�tigen Ger�tschaften. Deren Instandhaltung und jegliche (Re-) Investitionen oblagen weiterhin dem Verp�chter.

Sch�ne Gr��e, Peter Starsy

----- B e z u g: Empfangene Nachricht -----

Hallo an alle!

Danke f�r die Erl�uterungen zum Begriff Erbp�chter. Wieder was dazugelernt.
Sch�nes Wochenende an alle...

Gru�

Dirk Sch�fer

Familienforschung auf der Insel Poel